Der Hölle so nah. Michael Bardon

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Der Hölle so nah - Michael Bardon

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jetzt?«

      »Wenn ich’s dir sage! Die hat so laut gestöhnt, dass die Typen an der Bar einen Ständer bekommen haben.«

      »Herrje, Winni, das ist ja ekelhaft! Denkst du vielleicht auch hin und wieder an den guten Ruf unserer Kanzlei?«

      »Na, du bist gut. Ich leihe mir nur für ´ne halbe Stunde die Frau eines anderen Mannes aus. Du hingegen nimmst ihm die Firma, schaufelst sein Grab und ziehst ihm noch das Geld für seine Beerdigung aus der Tasche. Jetzt erzähl mir noch einmal was von Moral und Anstand.«

      »Das ist doch nicht miteinander vergleichbar.«

      »Ist es wohl.«

      »Nein! Du vergleichst Äpfel mit Birnen. Das eine ist mein Job. Unsere Kunden bezahlen dafür viel Geld. Geld, von dem du auch ganz gut leben kannst. Da ist moralisch nichts Verwerfliches dabei.«

      »Nichts Verwerfliches? Mann, wir klauen Tausenden von kleinen Arbeitern den Job. Mich belastet das schon. Darum lenke ich mich mit Sex ab. Solltest du auch mal probieren!«

      »Mich interessieren diese Untermenschen aber nicht. In unserem«, ich krümmte beide Zeigefinger, »Sozialstaat verhungert niemand. Wer am Ende der Nahrungskette steht, muss eben fressen, was er vorgesetzt bekommt.«

      »Manchmal bist du ein richtiges Arschloch. Weißt du das?«

      Ich zuckte gelangweilt mit den Schultern. Winnis soziale Ader ging mir gewaltig auf die Nerven. Ich stammte aus einer Arbeiterfamilie. Vater Maurer, Mutter Putzfrau. Mir brauchte niemand etwas zu erzählen. Ich hatte mich nach oben gekämpft. Hatte während des Studiums wie ein Wilder geschuftet und einen Nebenjob nach dem anderen gehabt.

      Winni hingegen wurde von seinem Opa ausgehalten. Der alte Tattergreis hatte ein Vermögen mit Immobilien und Grundstückspekulationen verdient, liebte seinen Enkel abgöttisch und gewährte ihm ein großzügiges monatliches Salär.

      »Hilf mir bitte! Hol sie an unseren Tisch! Ich muss sie unbedingt kennenlernen«, sagte ich und konnte die Augen nicht von ihr lassen.

      »Hast du ´nen Knall. Schau dir den Typen an, bei dem sie steht. Der macht aus mir Hackfleisch«, protestierte Winni, schüttelte energisch den Kopf und presste die Lippen trotzig aufeinander.

      »Na, und? Wir sind Rechtsanwälte. Wenn er dir wehtut, verklagen wir ihn.«

      »Toll.«

      »Es ist wirklich wichtig für mich. Bitte, Winni … geh zu ihr, lass deinen Charme spielen! Lad sie auf ein Gläschen Champus ein!«

      Seufzend stemmte sich mein Freund aus dem Büffelleder-Clubsessel, warf einen prüfenden Blick in die spiegelnde Glasplatte des Tisches und schnaufte verächtlich: »Dafür schuldest du mir was.«

      »Klar!«

      »Das wird nicht billig. Und wenn mich der Typ anrührt …«

      »… dann verklag ich ihn. Ich mach ihn fertig, nehme ihm alles, was er hat, und sorge dafür, dass er ins Gefängnis wandert«, versprach ich vollmundig.

      In diesem Augenblick geschah es. Meine Charly – damals wusste ich natürlich noch nicht ihren Namen – drehte sich herum, blickte sich suchend um, lächelte kurz und kam in unsere Richtung gelaufen.

      Eine Frau am Nachbartisch hob grüßend ihre Hand, winkte meiner Angebeteten mit fuchtelten Finger hektisch zu.

      »Setz dich!«

      »Was?«

      »Du sollst dich wieder hinsetzten.«

      Winni, der noch immer fasziniert in sein eigenes Spiegelbild starrte, glotzte mich verständnislos an, ließ sich dann aber bereitwillig in seinen Sessel zurückplumpsen.

      Mein Blick haftete an der engelsgleichen Erscheinung, die mit wogenden Hüften auf unseren Nachbartisch zusteuerte. Ihr fein geschnittenes Gesicht, das vollkommen symmetrisch war, verzog sich zu einem atemberaubenden Lächeln.

      Keine hässliche Warze! Keine schiefen Zähne! Keine Hängetitten!

      Sie war … perfekt! Eine absolute Schönheit, die es nicht nötig hatte, sich über Gebühr aufzubrezeln oder zu schminken. An ihr wirkte einfach alles echt, entspannt und natürlich.

      Kennen Sie das? Haben Sie so etwas schon einmal erlebt? Ich rede hier von Liebe auf den ersten Blick. Von der Gewissheit, den Menschen getroffen zu haben, dem man sein Herz für alle Zeit schenken möchte.

      Nein, ich meine nicht einfach nur Liebe. Ich spreche hier von der Liebe schlechthin. Von dem Gefühl, in einen Rausch zu verfallen und nie wieder nüchtern werden zu wollen.

      So empfand ich in diesem Moment. Ich, Tobias Schlierenbeck, Anwalt und Menschenhasser, war bis über beide Ohren in diese mir unbekannte Frau verliebt. Ich hörte die himmlischen Posaunen eine Fanfare blasen, stellte mir vor, mit dieser Frau, diesem engelsgleichen Geschöpf, wie im Film Titanic ganz vorne an der Reling zu stehen und die atemlose Freiheit, die Macht der Liebe zu spüren.

      »Wow, das ist ja echt ´ne Zehn-Punkte-Frau«, keuchte Winni neben mir ergriffen.

      Mein Blick wanderte hektisch zwischen ihm und dieser Traumfrau hin und her.

      »Wenn du sie anmachst, kastrier ich dich. Ich schwör dir, bei allem was mir heilig ist, das würdest du für den Rest deines Lebens bereuen«, ereiferte ich mich.

      »Du würdest mir wegen der da die Freundschaft kündigen?«, fragte Winni ungläubig und verzog sein Gesicht zu einer weinerlichen Grimasse.

      Mein Blick schmiegte sich noch immer an ihre sanften Rundungen. Ich spürte mein wildes, rasendes Herz, spürte das Verlangen nach Liebe, Zärtlichkeit und Geborgenheit in mir aufsteigen.

      »Ja, Winni! Die kriegst du nicht. Wenn du sie anlangst, waren wir die längste Zeit Freunde. Sie ist ein Juwel, ein Diamant, ein Smaragd. Sie ist alles, wovon ich je zu träumen gewagt habe. Wenn dir unsere Freundschaft etwas wert ist, wirst du die Finger von ihr lassen.«

      Winni grinste anzüglich, schaute noch einmal zu meiner Charly hinüber und sagte dann mit aalglatter Stimme: »Klar! Kein Problem. Sie gehört dir. So hübsch ist sie nun auch wieder nicht.«

      Dass ich damals auf die zweitgrößte Lüge meines Lebens hereingefallen war, wusste ich natürlich noch nicht. Doch heute, drei Jahre später, kommen mir diese Sätze wie Hohn vor.

      Warum?, fragen Sie sich jetzt. Habe ich was verpasst?

      Keine Angst, ich werde es Ihnen schon noch erklären. Sie müssen mir nur weiter zuhören.

      Der Anfang vom Ende

      Ja, so war das damals. An diesem Abend sah ich meine Charly zum allerersten Mal.

      Liebe auf den ersten Blick.

      Wenn ich heute darüber nachdenke, war es der Anfang von meinem Ende. Es war der Anfang einer nicht enden wollenden Lüge. Der Anfang eines perfiden Plans, geschmiedet von zwei kranken, zu allem entschlossenen Hirnen.

      Aber

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