Predigten durch ein Jahr. Martin Luther
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Und hier sehen wir eine besonders große Tugend an Petrus, der muß ja ein frommes Herz gewesen sein, daß er sich so fein brechen lassen kann und an das Wort so steif halten. Denn hier geht es wie sonst, daß unser Herr seine Gebote und Werke (wie es die Vernunft ansieht) sehr närrisch zu. Sonst hat es so eine Meinung mit dem Fischen, daß man am Mittag nicht viel fängt, die Nacht ist viel besser dazu. Auch pflegen die Fischer nicht mitten auf die See oder auf das Meer zu fahren; sondern bleiben am Lande, da gibt es viel Fische. Dieses aber dreht der Herr hier um, heißt Petrus auf die Höhe, das ist, wohl hinein auf die See fahren; und da sie zuvor die ganze Nacht nichts gefangen hatten, heißt er jetzt um den Mittag das Netz auswerfen. Solches fehlte Petrus wohl, daß es nicht aus der Kunst und aus dem Beruf geredet ist, antwortet deswegen sehr höflich: Ei, Herr, spricht er, wir haben die ganze Nacht gearbeitet, und nichts gefangen; und so es unserer Kunst nach gehen soll, ist wenig Hoffnung dabei, daß wir jetzt etwas fangen sollen. Aber dennoch auf dein Wort will ich es wagen; wo dasselbe nicht etwas besonderes schafft, so ist es verloren.
Dies ist eine sehr feine, höfliche Antwort; denn sonst sollte er anders geantwortet haben: Lieber, lehre mich nicht; ich weiß gewiß, wie man Fische fangen soll, was du mir nicht lehren kannst. Predigen und Fischen ist zweierlei. Jenes kannst du; so kann ich das. Ich will dich nicht lehren predigen; lehre du mich auch nicht Fische fangen. Also würden wir vielleicht unserem Herrn auch geantwortet haben. Denn das ist unsere Art und Natur, daß wir immer klüger sein wollen, denn unser Herr Gott. Aber Petrus ist frömmer, läßt solche Gedanken alle fallen, und denkt: Ich kann vom Fischfang wissen was ich will, so will ich doch dies Wort nicht verachten, sondern ihm folgen. Hängt sich also mit ganzem Herzen an das Wort, und läßt Vernunft, Erfahrung und alles fallen.
Dies ist ein feines Stücklein des Glaubens, wer es nur dem lieben Petrus nachtun, und alles, was uns einfällt, lassen und sich allein an das Wort halten. Denn das erfahren wir: ein Mensch hat es gern vom andern, daß man ihm glaube und folge; und wenn es gleich mißraten sollte, so zürnt man doch nicht darum. Wiederum ist es sehr verdrießlich, wenn der Herr im Haus etwas befiehlt, daß der Knecht nicht folgen will, spricht: Ei, Herr, er tut es nicht, ich habe es auch versucht und es ist mir nicht gelungen, darum will ich es nicht tun. Einen solchen Knecht würde niemand gern im Hause haben. Aber fürwahr, wir tun immer gegen Gott im Himmel, lassen uns die Vernunft irren, daß wir dem Wort nicht folgen, wie wir sollen. Wie man an den Sakramentsschwärmern sieht. Christus spricht: «Nehmet hin und esset, das ist mein Leib; trinket alle daraus, daß es mein Blut.» Nein, nein, sprechen sie, es ist sein Leib und sein Blut nicht, sondern nur ein Zeichen seines Leibes und Blutes; denn Christus sitzt zur rechten Gottes. Wollen also das Wort nach ihrer Vernunft beurteilen. Pfui dich mal an! Das heißt die Hühner lehren wie sie Ei legen und die Kühe lehren wie sie kalben sollen, wenn man unserem Herrn Gott will predigen lehren. Wie sollte uns so wohl gefallen, wenn unser Knecht und Magd sich also gegen uns hielten, das, was wir heißen, sie alles anders machen wollten?
Darum achtet es Gott für eine große Ehre, wenn wir gegen ihn und sein Wort tun, wie Petrus hier: obgleich die Vernunft uns anders wo hin führen will, daß wir doch an uns halten, und sprechen: Vernunft hin, Vernunft her; da steht Gottes Wort und Befehl, dabei will ich es lassen. Wer also sich an das Wort halten kann, da lacht unser Gott und das ganze himmlische Heer. Den Leuten gefällt solcher Gehorsam auch wohl. Wenn ein Fürst seinen Diener etwas heißt, und er schnell hingeht und tut es, diskutiert nicht lange, wie es wohl werden soll, sondern denkt: Mein Herr hat es so gesagt, ich will es im Namen Gottes tun; gerät es, so gerät es ihm und mir; gerät es nicht, so mißrät es ihm; es ist närrisch befohlen, so ist es närrisch ausgerichtet. Was geht es mich an? Ich bin darum da, daß ich folgen soll. Wer gegen Gott und sein Wort solches auch tun könnte, wie wir denn zu tun schuldig sind, so würde größerer Friede auf Erden sein. Es würden weder Rotten noch Ketzer aufstehen, sondern alle Kirchen würden in der Lehre fein einträchtig und gesund bleiben. Aber weil man es nicht tut, und der meiste Teil klüger und diskutiert, und dem Wort nicht folgen will, kommt aller Irrtum und Uneinigkeit.
Wohl ist es wahr, ohne Anfechtung geht es nicht ab. Wenn es uns geht, wie Petrus, daß wir auch eine Nacht vergebens gearbeitet: da fehlte es nicht, wir bekümmern uns, und murren bald, werden ungeduldig, und Denken, wir wollen alles stehen und liegen lassen, und davon gehen. Aber dieser Anfechtung sollen man nicht Raum geben, sondern im Beruf bleiben, einen Weg wie den anderen, und Gott dafür sorgen lassen. Denn da sehen wir oft, daß feine, fromme, gehorsame Kinder sind, denen nichts gelingt, dagegen anderen Bösen und ungehorsamen Buben gerät alles gut. Aber es dauert nicht lange, und es findet sich am Ende, daß sich das Blatt wendet. Deswegen, wenn es sich auch bei dir so zuträgt, daß es nicht so geht wie du willst, so halte nur fest und laß dich nicht müde machen; denn das Mißraten ist besser, wo du nur im Gehorsam bleibst, denn daß es nach deinem Willen geht. Ursache, Gott stößt doch zuletzt den Ungehorsam mit dem Glück zu Boden, es sei so Es auch will. Dem Gehorsam aber hilft er endlich auf und gibt Glück dazu.
Darum sollen wir solches merken, und dem schönen Beispiel folgen, daß Petrus allein auf das Wort sieht und demselben folgt, läßt die anderen Gedanken, die mir und dir eingefallen wären und ihm einige Zweifel auch eingefallen sind, jedoch an seinem Gehorsam nichts hindern. Denn da steht Gottes Wort und Befehl, auch über uns, als über Petrus, daß Gott uns befiehlt, wir sollen arbeiten und tun, was unser Beruf erfordert. Wer nun auf solchen Beruf sieht, und fleißig anhält, obgleich das Glück sich sperrt und der Segen eine Zeitlang ausbleibt, so wird es doch endlich wohl und gut gehen. Denn Gott kann es nicht lassen, er hat Lust am Gehorsam und gibt auch Glück dazu, wenn er ers auch eine Zeitlang aufschiebt, und uns versucht, ob wir auch an seinem Befehl fest halten wollen. Darum soll niemand darüber unlustig oder unwillig werden, wenn er gleich mit Petrus eine Nacht vergebens fischt. Denn sollte Petrus diesen reichen Fischzug bei Nacht getan haben, würde er gedacht haben, es wäre seine Kunst und Arbeit gewesen, er bedürfte sonst niemand anderen dazu. Weil er aber die ganze Nacht fischt und nichts fängt, und der Herr ihn zuvor das Wort gibt und heißt ihn es noch einmal versuchen: da muß Petrus begreifen, daß er es nicht getan hat; das Wort Gottes und der Segen Gottes haben es getan, seine Arbeit nicht. Das sei genug von dem ersten Trost und Lehre, die leiblich ist und auf die Nahrung geht: das Christus seine Christen nicht will vergebens arbeiten lassen, er will mit seinem Segen bei ihrer Arbeit sein und sie nicht des Hungers sterben lassen.
Der andere Trost und Lehre ist geistlich. Denn da hört ihr Lieben, wie Petrus über den Fischzug erschrickt, und lernt den Herrn Jesum daran kennen, daß er mehr als ein gemeiner Mensch ist. Weil er aber sich als einen armen Sünder erkennt, fällt er dem Herrn Jesu zu Füßen und spricht: «Herr, gehe von wir hinaus, ich bin ein sündiger Menschen.» Das ist ein geistliches Stück, welches wenig Leute verstehen. Denn es hat einen solchen Schein, als sei Petrus so andächtig und demütig, daß er von dem Herrn Christus gern fliehen wollte. Aber es hat eine andere Meinung.
Im Gewissen geht es so zu: Wenn Gott mit seiner Gnade kommt, Vergebung der Sünden und ewiges Leben umsonst durch Christus verheißt, da wird die Gnade so groß, daß man denkt, es sei zuviel, und können es nicht annehmen. Das kann man wohl glauben, daß Gott gnädig und barmherzig sei; aber daß er uns so überaus wollen gnädig sein, daß will in das schlechte Herz nicht hinein. Jedermann denkt: Wenn ich so rein und fromm wäre wie die Jungfrau Maria, so wollte ich mich solcher Gnade auch trösten und annehmen; aber ich bin ein Sünder, bin der Gnade nicht wert, sondern der Ungnade und des Zorns. Da schlägt dann der Teufel auch zu, der bläst die Sünde im Herz dermaßen hoch, daß du nichts anderes sehen kannst als deine Unwürdigkeit, und muß also vor der großen, überschwenglichen Gnade erschrecken. Dies ist eine geistliche Anfechtung, von der rohe Leute nichts wissen und merken. Denn der meiste Teil der Menschen leben so dahin, daß sie weder an ihre Sünde, noch an Gottes Gnade denken. Aber die richtigen Christen erschrecken davor, und denken immer, der sei zuviel, daß Gott um ihretwillen das tun soll. Was bin ich? Denken sie; bin ich es doch nicht wert, daß Gott mir soll so gnädig sein.
Der geht nun dieser Trost und Lehre mit Petrus hin, daß der Herr hier sich so freundlich hören läßt: Ach, Petrus bin ich doch nicht darum da, daß ich dich würgen, oder wegen deiner