Kopfsprung ins Leben. Marc Lindner

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Kopfsprung ins Leben - Marc Lindner

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die Anlage zu genießen. Bevor ich das Glas anhob, begutachtete ich die Präsentation, die – wie zu erwarten – keinen Makel erkennen ließ. Ich prostete ihm zu und sprach somit das erste wortlose Kompliment aus. Er schimpfte den Eindruck Lügen, sein Blick wäre im Garten gewesen und erwiderte sogleich mit einem angedeuteten Nicken seinen Dank.

      Kleine Schlucke sollten zeigen, wie routiniert ich war, und dass Qualitätssicherung mir eine Herzensangelegenheit war. Herrlich, dachte ich und genoss das Bild, das ich von mir anfertigte. Dabei nutzte ich die Zeit und versuchte mich an die gestellten Anforderungen zu erinnern. Bevor mir jedoch dämmerte, was ich bestellt haben mochte, bestätigten mir Zunge und Gaumen, dass es ihnen zusagte, und verlangten, dass ich den Rest des Glases in einem Schluck leerte. Mit dem letzten Tropfen erinnerte ich mich an meine Bestellung und nickte zufrieden.

      „Meine Gäste werden diesen Abend sicher genießen“, entließ ich den Barkeeper zu seiner Arbeit und freute mich darüber, so großzügig gewesen zu sein, uns beide mit einem Kompliment versorgt zu haben.

      Er drehte sich um und ich konnte eben noch erkennen, wie sich ein Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete.

      „Warte kurz.“ Er blieb stehen. „Wie sagtest du noch mal, war dein Name?“

      Die Spuren seiner guten Launen blieben erkennbar, als er sich umdrehte.

      „Emilio.“ Sein unbeirrtes Grinsen besaß die Frechheit mir zu erklären, dass er seinen Namen noch mit keiner Silbe erwähnt hatte und er nicht den geringsten Zweifel daran hegte, dass ich mir dessen völlig bewusst war.

      Ein ungutes Gefühl mahnte mich, dass dieser unverschämte, sympathische Kerl mir nicht mit dem angebrachten Respekt entgegen trat.

      „Sir!“ Emilio verneigte sich und trat ins Haus.

      Jetzt wusste ich den Übeltäter beim Namen zu nennen. Jane hatte dafür gesorgt, dass mein Machtgeplänkel für meinen Geschmack zu sehr auf Augenhöhe stattfand.

      Emilio genoss sichtlich mein Schweigen und war gewillt dieses Spiel zu zweit zu bestreiten. Na warte, dachte ich. Doch Emilio war sogleich im Haus verschwunden und vertagte die nächste Runde auf später.

      Derweil würde ich mir Jane vorknöpfen. Der mussten diese Flausen ausgetrieben werden!

      Wollte ich sie finden, würde ich sie erst suchen müssen. Wo sie sich rumtrieb, war selten vorhersehbar. Selbst wenn man wusste, wo sie jetzt war, so musste dies eine halbe Minute später nicht mehr so sein.

      Mit der von Vater geforderten Selbstständigkeit nahm es Jane von all unseren Angestellten am genauesten. Von wegen Haushälterin, wenn Jane ihre Arbeitskleidung nicht tragen würde, könnte sie genauso gut die Hausherrin abgeben.

      Auch wenn ich damit begann, die schattenreichen Plätze nach ihr abzusuchen, so erfüllte mich wenig Hoffnung, sie dort zu treffen. Resignierend stellte ich rasch fest, dass ich mich erneut der Hitze aussetzen musste. Doch meine Suche blieb erfolglos. Überall, wo ich hinkam, zeugte vollendete Arbeit von ihrer ehemaligen Präsenz. Einzig ihre physische Erscheinung blieb mir verwehrt. Als wäre eine Armee an Dienerschaft über das Anwesen hergezogen und auf einmal spurlos verschwunden, war es unwirklich still in der späten Nachmittagshitze. Schweißperlen auf der Stirn kündeten von meiner schonungslosen Suche.

      Geblendet von weiß reflektierenden Kieselsteinen stand ich oberhalb der Auffahrt und blickte hinab zum knapp zwei Kilometer entfernten Strand, in den der sanft auslaufende Hügel unserer Ferienwohnung endete. Kleine Gestalten liefen dort tobend zwischen röstenden Touristen umher. Die Distanz ließ den Lärm zu entspannender Geräuschlosigkeit abebben und die oberen Schichten der Gesellschaft unberührt. Ich zog die Meeresluft tief in die Lungen und genoss die Stellung, deren ich es verdankte hier stehen zu dürfen. Stolz ergriff mich, als mir bewusst wurde, dass ich nicht zu diesen ungehört lärmenden Menschen zählte. Meine Party heute Abend würde von sich reden machen.

      Rascheln riss mich aus meinen Gedanken. Verwirrt senkte ich den Blick.

      „Junge, nimm mal!“ Jane mühte sich vor mir den Hang hoch. Eine Hand hielt sie vor sich gestreckt. In ihr hing ein Eimer, den sie mir zu Abnahme reichte.

      „Was machst du da?“, rief ich ihr verständnislos entgegen.

      Der Eimer baumelte, als sie einen Schritt zurückrutschte.

      Jane blickte auf und sah mich an, als könnte ich nicht bis drei zählen.

      Eine mir unerklärliche Art von Magie ließ meinen Rücken sich beugen und ehe ich mich versah, hatte ich ihr einen Eimer abgenommen.

      Nochmals gab sie sich dem Versuch hin, den letzten Meter des steilen Abhangs zu überwinden. Erneut rutschte sie ab, doch der zweite Eimer fand den Weg in meine ausgestreckte Hand.

      So von ihrer Last befreit, war ihr dritter Versuch von mehr Erfolg gekrönt. Ein erleichtertes Schnaufen berichtete von den Mühen, ihren massigen Leib der Gewichtskraft entgegen arbeiten zu lassen. Nichtsdestotrotz wirkte sie ungemindert tatfreudig, als sie neben mir zum Stehen kam.

      „Dass mir Steve nichts davon erfährt. Das bleibt unser Geheimnis, klar?“

      „Klar!“, antwortete ich hastig. Ich biss mir auf die Zunge. Es klang viel zu sehr nach kleinem Junge. Und ohnehin, wem glaubte sie wohl, dass ich erzählen würde, dass ich Jane bei der Gartenarbeit geholfen hatte.

      Sie nickte zufrieden und schritt an mir vorbei. Unbeholfen sah ich die Eimer in meinen Händen an. Frisch gerupftes Unkraut aus der Böschung ließ diese schwer werden. Ich sah auf und bemerkte wie Jane sich unbekümmert entfernte. Ich schüttelte den Kopf und schritt ihr schwer beladen hinterher.

      „Jane! Warte!“ Mein Protest war unüberhörbar. Jane jedoch schritt ungestört weiter. „Jane!“ Mein Gesicht verzog sich zu einem Ausdruck unterdrückter Wut. Nochmals würde ich ihr nicht hinterher rufen und mich der Blöße aussetzen, dass sie mich ignorierte.

      Meine Füße stampften kräftig auf und traten meine Wut in den ebenmäßig verteilten Kies und ließen die ersten Spuren des heutigen Abends erscheinen.

      Jane ging zielstrebig am Haus vorbei, durchquerte die Gartenanlage und hielt auf das kunstvoll ausstaffierte Garten­häuschen zu. Ihre Schritte waren so zügig, dass es mir – beladen wie ich war – kaum möglich war, ihr zu folgen. Erst als sie sich dem Gartenhäuschen bedrohlich näherte, verringerte sie ihr Tempo. Sie sah sich vorsichtig um, während ihre Körperhaltung es an jeglichem Schuldbewusstseins mangeln ließ.

      Jane wusste, dass sie dort nichts zu suchen hatte. Der ansonsten schweigsame Steve würde toben. Selbst wenn sich die erste Wut gelegt hätte, würde er noch Tage, wenn nicht gar Wochen, schweigend weiter toben. Allenfalls meinem Vater war es gestattet, dort einzutreten. Ein Privileg wohl, von dem Vater niemals Gebrauch machen würde. Jane jedoch ließ sich von Grenzen nicht beeindrucken. Lediglich gesehen wollte sie wohl nicht werden.

      Sie zog einen Schlüssel hervor und öffnete Steves Schloss, das er dort eigenmächtig angebracht hatte. Laut meinem Kenntnisstand hätte es nur einen Schlüssel dafür geben dürfen und den trug Steve stets bei sich.

      Sie trat ein und machte Licht. Erst jetzt holte ich sie ein und trat in die Türöffnung. Zweimal musste ich kräftig ein- und ausatmen, um mich von dieser Jagd zu erholen. Ich öffnete den Mund, um mit der Predigt loszulegen.

      „Was willst du hier?“ Jane kam mir zuvor und sah mich amüsiert an. „Der Kompostbehälter ist gleich nebenan. Wir dürfen die Eimer

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