Kopfsprung ins Leben. Marc Lindner

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Kopfsprung ins Leben - Marc Lindner

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Unmut schwinden.

      „Na“, nickte ich einem im Vorbeigehen zu.

      „Recht heiß heute“, grölte er „gib es auch anständig was zu trinken?“ Ich zuckte mit den Schultern, als würde mich das nichts angehen. Er derweil reckte sein Haupt und ließ sich von zwei Mädchen anhimmeln als habe er mit seinem Wetterbericht der Wissenschaft soeben einen großen Dienst erwiesen.

      „Hey“, begrüßte mich Sebastian, einer meiner etwas engeren Freunde. „Wusste gar nicht, dass so viele kommen würden.“

      Auch für ihn blieb ich nicht stehen. „Ich auch nicht“, log ich und blickte mich verwundert um und kommentierte es mit einem weiteren Schulterzucken.

      Der Anmut des Anwesens war verwirkt. Die Pracht des Hauses nur mehr Kulisse einer antanzenden Meute. Ich musste Vater Recht geben. Der Sinn seines Verbotes wurde schnell deutlich. Doch bei der Frevelbande konnte ich ohnehin nur Eindruck schinden, indem ich mich von allem unbeeindruckt zeigte. Diesem Umstand trug ich mit reichlich zur Show gestellter Gleichgültigkeit Rechnung. Als wäre ich zu einem abendlichen Rundgang heraus gekommen, nickte ich gelegentlich, grüßte sporadisch und erwiderte die derbsten Bemerkungen mit theatralischer Gelassenheit.

      Es kostete mich Einiges an Überwindung, nicht lachen zu müssen. Meine engsten Freunde versuchten unter den anderen Gästen hervorzustechen, indem sie sich mit mir und dem Anwesen vertraut zeigten. Nachdem sie mich so feige im Stich gelassen hatten, strafte ich auch sie mit förmlicher Distanz. Eine Einladung, mir zu folgen, sprach ich nicht aus. Zu einer weiteren Demütigung war ich nicht bereit. Sie folgten mir auch so. Teils Neugier, teils die Getränke waren für einige Motivation genug. Andere versuchten sich zu profilieren, indem sie sich gleich wie zu Hause fühlten und freizügig Snacks austeilten und kühlgestellte Champagnerflaschen unbekümmert schüttelten und sich über umherfliegende Korken freuten, nur um dann dem Zwang zu erliegen, den aus der Flasche strömenden Inhalt mit dem Mund vor der Verschwendung zu bewahren. Es waren alles selbst ernannte Helden. In Windeseile herrschte Anarchie. Die Rebellion meiner Generation nahm ihren üblichen Lauf. Unbedarfte Partygänger, meist Sprösslinge aus gesellschaftlich emporstrebenden Familien, ließen sich von Nebenschauplätzen ablenken und vergeudeten Durst und Hunger in einem unbedachten Saufgelage. Erfahrene Gäste wussten, dass der Abend noch jung war. Sie hatten die Warm-up-Party genutzt, um ausreichend angeheitert durch anfänglichen Verzicht zu zeigen, dass das präsentierte Angebot für sie alltäglich war.

      Ich vergeudete keine Kraft, die Unruhestifter zu mehr Benehmen zu bewegen. Ganz im Gegenteil. Sie erfüllten eine wichtige soziale Aufgabe. Wir erfahrenen Trinker feuerten sie gar an und vermochten uns durch unser gelegentliches Gelächter von ihnen abzugrenzen. Die Besten unter ihnen belohnten wir mit missbilligendem Kopfschütteln. Diesen Unterbrechungen folgten dann hinter vorgehaltener Hand geführte Gruppengespräche, die der engeren Bindung dienten. Herkunft und Vermögen des gefeierten Rüpels wurden mit Vermutungen und Gerüchten ermittelt. Dabei war dies selten vorrangig abwertend gemeint. Es galt vielmehr dem gesellschaftlichen Zweck, Neulinge kennen zu lernen. Nebenbei half es uns allen. Denn nur so könnten wir die unstillbare Neugierde unserer Eltern etwas lindern.

      „Hey Theo“, grüßte mich Sebastian. Er hatte den Barkeeper bereits gefunden und winkte mir mit einem halb geleerten Cocktail zu. Ein geschickter Einsatz seines Ellbogens reichte ihm und schon war er in unserem elitären Kreis aufgenommen. Fritz, einer der Jüngeren, hatte zu viel Platz zwischen sich und mir gelassen. Deshalb musste dieser nun mit Sebastians Rücken vorlieb nehmen. Fritz war nicht bloß für sein Alter zu groß geraten. Er wollte eben Protest einlegen, doch Sebastian schaffte es, sich im richtigen Augenblick umzudrehen.

      „Entschuldigung Fritzchen“, blickte Sebastian nach oben zu Fritz und würgte ihn so ab. Ungeniert wandte sich Sebastian gleich wieder mir zu. „Nicht schlecht dein Softmixer.“

      Gelächter verwirrte Fritz. Unentschlossen blieb er stehen.

      „Ja Theo, mir hat er doch glatt einen Früchtesaft gegeben, als ich um Erfrischung bat! Ist wohl ein Kindergeburtstag heute.“ Grölendes Gelächter entlohnte Max für seinen Auftritt.

      „Nein, den Erwachsenen schenkt er auch Alkohol aus“, verteidigte mich Sarah. Sie hob ihr Glas und schenkte Max ein provokantes Grinsen. Sie hätte wohl jeden verteidigt, wenn sie damit Max ärgern konnte. Max ließ sich auch nicht lange bitten. Nachdem seine Drohgebärden einen Teil seines Saftes verschüttet hatten, drehte er sich um – wohl um seine Röte zu verbergen. „Dem werde ich was erzählen!“ Stampfend eilte er davon.

      „Vergiss deinen Ausweis nicht!“, rief Sarah ihm hinterher.

      Er wusste, dass er ihr nichts entgegnen konnte, was sie nicht gegen ihn verwenden würde und tat als hätte er es nicht gehört.

      Was er nicht wusste, war, dass Sarah für ihn schwärmte. Und dies nicht einmal heimlich, denn es war für uns alle offensichtlich. Dieses Spektakel ging nun seit Wochen schon so. Auch deshalb war das Gelächter herzhaft laut, während Max von dannen zog.

      Was Sarah an ihm fand, war weniger erkennbar, denn sobald sie den Mund öffnete, bekam er das Stottern oder brachte gleich gar kein Wort zustande. Nicht selten gar trieb sie ihn mit nur wenigen Sätzen in die Flucht. Trotz seines üblicherweise aufgeblähten Benehmens kam er nie dazu, sie zu beeindrucken.

      Der überlange Fritz hatte einen taktischen Rückzug angetreten. Sebastians Eröffnungsgag war verflogen und so hatte er auch nichts mehr zu sagen. Er pflegte die Kunst des Dazwischen­platzens. An Diskussionen, die eine Satzlänge überschritten, zeigte er wenig Interesse.

      Max kam zurück. In seinem Schlepptau folgte Emilio mit strahlendem Gesicht und beladenem Wägelchen, in dem er den wichtigsten Teil der Bar mit sich führte. Max dekorierte ungestüm den Tisch in unserer Nähe um. Nachdem der Nachbartisch die doppelte Beladung aufwies, klatschte Max zufrieden in die Hände und sprang auf den Tisch.

      Ein gellender Pfiff ließ den Tumult am Schwimmbecken abebben. Max Bemühen verfehlte nicht die gewünschte Wirkung. Selbst Emilio schien die Initiative mit Freude abzuwarten und postierte sich geduldig und gut sichtbar daneben.

      „Leute, kommt mal her!“ Max wusste die Aufmerksamkeit für sich und kostete es aus. „Ein wichtiges Ereignis will angekündigt werden.“

      Emilio ließ einen Cocktailbecher in die Luft schwirren und fing ihn Sekunden später hinter seinem Rücken auf. Max Worte waren damit unnütz geworden. Dadurch wollte er sich seinen Auftritt aber nicht rauben lassen.

      „Ich präsentiere euch den Meister der Flaschen, Emilio the Mixer.“ Zwei Shaker flogen in sich kreuzenden Bahnen nach oben.

      „Der unerfreuliche Zwischenfall mit den Fruchtsäften war wohl ein fader Scherz unseres Gastgebers.“ Gelächter schalte über das Anwesen.

      In meiner Tasche ballte sich eine Faust. Sebastian klopfte mir auf die Schulter und so stimmte ich widerwillig in das Lachen mit ein. Jeder Versuch einer Verteidigung wäre fatal gewesen.

      „Dank meines Eingreifens sind alle unzumutbaren Getränke von der Karte gestrichen!“ Diesmal währte das Gelächter nicht solange. Emilio verlangte wortlos die Aufmerksamkeit für sich. Nicht nur für Angetrunkene war seine Showeinlage schwindelerregend. Max tat als wäre dieser frühe Übergang von ihm beabsichtigt gewesen und zeigte mit ausgestreckten Armen auf Emilio. Sein Nicken, mit dem er die Bühne übergeben wollte, wurde kaum mehr beachtet.

      Die Feier nahm ihren Lauf. Die einzelnen Unterbrechungen folgten einem eigenen Rhythmus. Janes Vorbereitungen wurden gern genutzt und bald waren überall Bademantel zu finden. Die Ordnung schwand schneller als die Sonne sich zur Nacht senkte. Licht und Lärm vertrieben

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