Kopfsprung ins Leben. Marc Lindner

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Kopfsprung ins Leben - Marc Lindner

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an.

      „Langweilig!“, protestierte er.

      Sarah kicherte vergnügt.

      „Das sagtest du bereits du Hohlbirne.“

      Max Blick verirrte sich über meine Schulter hinweg an mir vorbei. Irgendwie bewunderte ich diesen Kerl dafür, wie leicht er Niederlagen ignorieren konnte. Er tat einfach als gingen sie ihn nichts an.

      „Da stimmt etwas mit dem Wasser nicht“, stellte er erstaunt fest.

      „War es vorhin nicht noch blau gewesen?“ Er betrachtete verwundert sein leeres Glas. „Und jetzt ist es Türkis.“ Er sah uns der Reihe nach an. „Oder hab ich was an der Optik?“

      Ich freute mich schon auf all die Bewunderung, die mein Meisterwerk nun erhalten würde. Alle sahen hinüber zum Pool. Selbst Sarah hatte vergessen, Max zu provozieren.

      „Das ist wirklich toll gemacht mit diesen Unterwasserspots. Die Illusion ist verblüffend echt. Finde es schön, dass der Übergang so dezent ist. Ich habe beim ersten Mal nicht schlecht gestaunt. Ehrlich gesagt hätte ich dir das nicht zugetraut.“ Amanda lächelte mir freundlich zu.

      „Acht echt? Das ist so eine Spielerei von meinem Vater. Ich hab nicht viel übrig für so einen Kinderkram.“

      Kaum hatte ich es ausgesprochen, verkrampfte sich mein Magen. Eilends wandte ich mich ab und schubste Max von mir weg, der immer noch an mir hing.

      „Du bist aber heute recht anhänglich.“

      „Mir ist langweilig!“

      „Oh wie süß. Kommt lasst uns alle Max kuscheln, ihm ist langweilig.“ Sarah war wieder zu Stelle um Max abzuklatschen.

      „Oh, man, mach dich nicht lustig. Ich will, dass mal was passiert.“

      Sarah trat auf ihn zu. „Dann küss mich.“

      Max grinste breit. „So gefällt mir das.“

      Er beugte sich nach vorne.

      Doch bevor Max auch nur in die Nähe ihrer Lippen kam, nahm sie Schwung und schupste ihn nach hinten.

      Max stolperte. Seine Arme ruderten durch die Luft. Doch alles was ihm Halt bot, war das Glas, das er in der Hand festhielt. Er verlor endgültig das Gleichgewicht und stürzte rückwärts in den Pool.

      „Dann kannst du jetzt mal deine Optik testen.“ Sarah lachte herzhaft und wir fielen in ihr Lachen mit ein.

      Max rang nach Luft, als er wieder auftauchte. Er tat als wäre er ganz verwundert darüber, wie er dorthin gekommen war, und blickte sich um. Erst als er merkte, dass unser Gelächter nicht abebbte und er uns nicht länger ignorieren konnte, blickte er zu uns auf.

      „So gefällt mir das“, lachte Sarah ihn aus.

      Max nahm tief Luft und tauchte ab. Unser Grölen wurde nur noch lauter.

      Als er wieder an die Oberfläche kam, tat er völlig gelassen. Er schien nachgedacht zu haben und fügte sich seinem Schicksal. Er schwamm als hätte er niemals etwas Anderes vorgehabt zur Seite des Beckens und stieg bei der Leiter aus.

      Seine Kleider sahen aus, als wären sie ihm mindestens zwei Nummern zu groß. Wasser lief nur so an ihm herab und bildete hinter ihm kleine Bäche auf den Fliesen, während er auf uns zu schritt. Wir konnten uns vor lauter Losprusten kaum noch auf den Beinen halten. Er hielt sein nun wieder gefülltes Glas vor sich als würde er eben von der Bar kommen. Mit etwas schwerfälligen Schritten kam er auf uns zu. Er baute sich vor Sarah auf. Wir waren gespannt, wie er sich diesmal zum Clown machen würde und so verstummte vorerst unser Lachen. Sarah zeigte sich von seinem Auftritt nicht im Mindesten beeindruckt und stand ihm mit in den Hüften gestemmten Armen selbstbewusst gegenüber und lachte ihn frech an. Sie wusste sich ihm überlegen. Max nahm sich Zeit in Ruhe Luft zu holen als würde er gleich eine lange Predigt beginnen. Unsere Vorfreude wuchs ins Unermessliche. Selbst Sarah nickte ihm provozierend zu, als könnte sie es kaum noch erwarten.

      Max öffnete seine Lippen. Doch er sprach nicht. Stattdessen riss er seine Arme auseinander und nahm Sarah fest in seine kräftigen Arme. Sie versuchte sich in Gegenwehr, doch es war vergebens. Seine durchnässten Kleider drückten sich eng an Sarahs Körper. Erst als sie sich nicht mehr zu winden versuchte, gab seine Umarmung sie wieder frei. Sarah starrte ihn mit offenem Mund an, während Max sichtlich zufrieden vor ihr stehen blieb. Sie brauchte einige Sekunden, bis sie sich von dem Schreck erholt hatte. Als sie ihn anfahren wollte, kam nur Stottern hervor. Max blieb immer noch gelassen stehen. Er hob lediglich seinen Arm und entleerte seinen Maßkrug über ihrem Kopf.

      Abermals verfielen wir in Gelächter. Nur Sarah blieb diesmal stumm. Sie verzog ihre Lippen vor Wut kraus und sah ihn finster an. Dann verschränkte sie ihre Arme vor sich und zog von dannen. Max eilte hinterher. Er blieb aber nach wenigen Schritten noch einmal stehen und drehte sich zu uns um.

      „Ich glaub wir gehen uns mal ausziehen.“ Zufrieden mit sich und der Welt lachte er auf und war kurze Zeit später ebenfalls verschwunden.

      Als das Lachen leiser wurde, drehte ich mich um und wollte etwas zu Sebastian sagen. Doch auch er war nicht mehr da. Nebenrollen lagen ihm nicht. Während ich mich nach ihm umsah, traf mein Blick auf Amanda und blieb hängen. Sie starrte irgendwo hin. Ein flüchtiger Seitenblick verriet mir, dass es dort nichts zu sehen gab. Ihr Gesicht wurde größtenteils von ihren langen Haaren verdeckt und ich konnte ihre Miene nicht deuten.

      Zu spät dachte ich daran, mich abzuwenden. Sie löste ihren Blick aus der Ferne und ich spürte, wie ihre Gedanken ebenfalls zurückkehrten. Ihr Blick traf den meinen. Ein Zucken ergriff meinen Hals, als ich mich abwenden wollte, es aber nicht konnte. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Aber ihre Augen strahlten kalt. Abermals verkrampfte sich mein Magen.

      Mein Mund öffnete sich. Aber die Worte fehlten.

      Jemand traf mich im Vorbeigehen mit der Schulter. Plötzlich hörte ich wieder all den Lärm.

      Ich erinnerte mich an die vielen Leute um mich herum. Erschrocken dachte ich, welch albernes Bild ich mit geöffnetem Mund abgeben musste.

      „Kommt lasst uns was trinken.“ Ich schlug Fritz mit der Faust gegen die Schulter um ihn aus einem Gespräch zu reißen, damit er mir seine Aufmerksamkeit schenkte.

      „Nicht, dass es wieder zu langweilig wird“, grölte ich und ich hörte meine Stimme im Kopf endlos widerhallen.

      Ich drehte mich um und zog in Richtung Bar davon. Im äußersten Blickwinkel konnte ich gerade noch erkennen, wie Amanda ihren Kopf senkte und in entgegengesetzter Richtung davon schlich.

      Der Rest der Nacht war feucht und laut. Amanda hatte ich nicht mehr zu Gesicht bekommen. Und bald schon hatte ich jeden Gedanken an sie hinunter gespült. Geschreie, Musik und Alkohol zerrissen die Nacht und die Erinnerung an sie in Fetzen.

      Kapitel 2

      Überall war es dunkel. Ab und an sah ich ein Licht aufblitzen. Mein Körper fühlte sich schwer an. Meine Schritte waren im Dunkeln unsicher. Ich fühlte mich, als ob ich gar nicht weiter kam, als würde ich etwas mit schleifen müssen. Immer wenn ich glaubte auszumachen, wo das Licht herkam, entschied sich dieses aus einer anderen Richtung aufzublitzen. Ich war wütend und hilflos.

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