Josef in der Unterwelt. Martin Becker

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Josef in der Unterwelt - Martin Becker

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freust du dich schon darauf?“

      „Freuen? Ich sage dir, Franz. Ich habe jede Nacht Alpträume davon.“

      „Das habe ich mir gedacht. Deine Eltern wollen dich schon so langsam einwickeln, stimmt’s?“

      „Mmmmh. Ich soll den Fuhrpark übernehmen.“

      „Du weißt, ich mag deine Mutter sehr, und dein Vater ist wie ein Sohn für mich“, sagte der Alte so geheimnisvoll, als würde er schlecht über andere Leute reden. „Aber noch viel lieber mag ich dich. Weißt du, ich sehe das, wie du leidest. Dafür kenne ich dich zu gut.“

      „Leiden ist kein Ausdruck. Und ich weiß nicht, wie ich das meinen Leuten sagen soll.“

      „Ich muss dir eins sagen. Aber wehe, du erzählst das deinen Eltern, was ich dir jetzt erzähle! Glaube mir, das Geschäftsleben ist nichts für dich. Du solltest deinem Vater sagen, dass er sich einen anderen Nachfolger suchen soll. Irgendeinen Manager aus der Stadt.“

      Josef lachte erschreckt auf. „Nein! Das kann ich doch nicht meinem Vater sagen. Das bringt ihn um.“

      „Willst du tatsächlich auf Warteposten gehen, bis du für deinen Vater Türklinken putzt für jeden Auftrag und für deine Mutter die Buchhaltung machst und Quittungen abheftest? Nein, mein Junge. Das ist doch nichts für dich. Da gehst du ein, wie ein Primelchen. Schau dich doch an! Was willst du auf einem Bürostuhl. Du solltest dich bald nach einem Job umschauen, der dir Spaß macht und dich eine Weile von deinen Eltern wegbringt.“

      „Die haben aber keinen anderen Nachfolger, als mich. Und einen Fremden werden sie niemals nehmen.“

      „Ich beobachte dich schon lange, mein Junge. Ich sage dir das deshalb, Sepp, weil ich meinen Sohn verloren habe. Der will nichts mehr von uns wissen.“

      „Du hast einen Sohn?“

      „Weißt du, es gibt ein Naturgesetz und das heißt: `Die Natur holt sich immer ihr Recht zurück`. Man kann keine Kinder gegen ihre Natur aufziehen. Als Erwachsene werden sie das nachholen, was sie als Kind vermissten. Da, wo du die Entwicklung deiner Kinder heute unterdrückst, da brechen sie später einmal aus. Wir haben zu viele Erwartungen in unseren Sohn gesteckt. Er sollte studieren und es einmal besser haben. Und dann hatte er die Schule abgebrochen, weil wir ihn so gezwungen haben. Er ist ausgebrochen und wollte nichts mehr von uns wissen. Jetzt kennen wir nicht einmal unsere Enkelkinder. Es ist nicht gut, dass deine Eltern dich schon so früh zu ihrem Nachfolger erziehen. Das ist sogar schlecht fürs Geschäft, denn du wirst ein schlechter Geschäftsmann sein. Du bist nicht fürs Büro geschaffen. Sie sollten dich deinen eigenen Weg gehen lassen. Wenigstens für ein paar Jahre. Zurückkommen kannst du ja immer noch in zwanzig Jahren. Denk mal darüber nach.“

      „Ich danke dir, Franz“, sagte Josef und legte die rechte Hand auf seine Schulter. „Es stimmt, was du sagst.“

      „So, und jetzt brich nicht gleich in Tränen aus, schau zu, dass du endlich das Arbeiten anfängst.“

      Beide lachten und Josef machte sich auf.

      Er drehte sich noch mal um. „Ich weiß trotzdem nicht. Ich könnte nie mit meinem Vater reden.“

      „Überleg dir das, mein Junge. Nimm dir Zeit dafür.“ sagte der Alte und rief dann: „Nimm heute den Blauen und zerkleinere die Steine da drüben.“

      Josef stieg in ein blaues Kettenfahrzeug, mit dem Schlagbohr-Eisen am Ausleger, so stark wie ein Oberarm. Er ließ den Motor an, der das Gefährt zunächst in eine schwarze Rußwolke hüllte. Grinsend steuerte der junge Mann seinen Bagger mit wippendem Ausleger und jammernden Motor an der Baracke vorbei in den Steinbruch. Franz nahm die Zigarre vom Mund und schaute sie sich an. Der Diesel hatte ihm den Geschmack verdorben.

      Josef bewegte seine Maschine zu besonders großen Steinbrocken, um sie für den Abtransport zu zerkleinern. Mit tuckernden Schlägen bohrte sich die Lanze der Raupe in den gewaltigen Stein, bis dieser zersprang. Die gelben Riesen besorgten den Rest. Die Steinbrucharbeit war hart und gefährlich und in den Fahrerkabinen war es heiß.

      Ein Fahrer im blauen Helm stoppte seinen Bagger und winkte Josef zu sich herüber. Beide stiegen auf die monströsen Räder und öffneten die Motorhaube. Irgendwie lief der Motor nicht rund. Vielleicht ließ sich der Schaden schnell beheben. Josef kletterte wieder hinab und lief zur Hütte, um den Werkzeugkasten zu holen. Um den Weg abzukürzen, nahm er aber den Weg direkt auf dem Geröll der riesigen Steinbrocken, an der frisch gesprengten Wand vorbei.

      Plötzlich schrien die Kollegen. Von oben lösten sich einige späte Felsbrocken und donnerten splitternd den Felsen hinab. Josef schaute hoch und sprang schnell zur Seite. Dabei stolperte er, verlor das Gleichgewicht und fiel mit dem Gesicht voran zwischen das Gestein.

      Einige große Steine stürzten dicht neben Josef ein, zersprangen und rollten über ihn hinweg. Er lag geschützt in einem Spalt zwischen zwei großen Felsbrocken und legte seinen freien Arm schützend über den Kopf. Ein Stein rollte über die beiden Felsbrocken, die Hauptlast links und rechts verteilt, wie eine Lock auf Schienen, berührte Josefs Brustkorb und drückte ihn tiefer in den Spalt ein, ohne ihn zu verletzen. Der Junge keuchte unter dem schweren Brocken und konnte nicht mehr atmen.

      Plötzlich spürte er ein Würgen am Hals. Es war wie ein Klammergriff zweier starker Hände an seiner Gurgel. Eine tiefe Stimme raunte ihm zu:“ Du kommst jetzt mit.“

      Noch ehe er dieses Gefühl beachten konnte, rollte der schwere Felsen wieder von ihm ab und kullerte weiter. Es folgte ein prasselnder Regen von Steinbrocken und Staub. Josef blieb regungslos liegen. Er atmete einige Male tief durch. Das Würgegefühl am Hals ließ nach.

      Der Steinschlag war zu Ende. Die Arbeiter liefen schnell herbei, um Josef zu bergen.

      „Sepp!“ riefen sie und zogen ihn aus dem Spalt hervor.

      Der Junge war benommen und völlig eingestaubt. Er öffnete die Augen, bewegte seinen Arm, sein Bein. Er fühlte keinen Schmerz. Langsam begriff er, was geschehen war und schaute auf sich herab. Ihm war nichts passiert. Keine Knochenbrüche, keine Wunden. Glück gehabt. Sein Helm lag einige Meter von ihm entfernt, völlig zertrümmert.

      „Mensch, Sepp!“ riefen sie.

      „Glück gehabt“, lachte Josef, räusperte sich und fasste sich an den Hals. „Es ist nichts passiert.“

      Die Kollegen begleiteten Josef zur Baracke. Der alte Vorarbeiter lief ihnen entgegen.

      „Sepp! Ist dir was passiert?“

      „Nein, nein, Franz. Glück gehabt“, sagte Josef mit dünner Stimme. Seine Knie waren etwas weich vom Schreck.

      „Junge, verflixt! Wie konntest du nur so unvorsichtig sein!“

      „Das nächste Mal passe ich besser auf“, lächelte Josef.

      „Willst du dich ausruhen?“ fragte Franz besorgt.

      „Na, klar!“ lachte er und wandte sich den anderen Kollegen zu. „Ist doch Frühstückspause, oder nicht?“

      Die Arbeit im Steinbruch ging bald wieder wie gewohnt weiter. Josef behielt aber den steilen Fels respektvoll im Auge. Seinen zerstörten Helm wollte er sich daheim im Zimmer ins Regal stellen.

      Der

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