Sommersturmzeit. Marlene Wagner

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Sommersturmzeit - Marlene Wagner страница 26

Автор:
Серия:
Издательство:
Sommersturmzeit - Marlene Wagner

Скачать книгу

Ich vermisse meinen Vater und meinen Bruder sowie mein ganzes bisheriges Leben unglaublich! Ich bin gemeinsam mit meinem Bruder mit sehr vielen Freiheiten und unter sehr wenig Zwängen aufgewachsen. Dazu muss ich wohl erklären, dass ich meine Mutter kaum gekannt habe, sie ist verstorben, als ich noch sehr klein war. Mein Vater war mit der Erziehung von uns beiden, und wahrscheinlich noch um einiges mehr mit mir als Mädchen, überfordert und so hat er uns in vielen Dingen einfach gewähren lassen, ohne natürlich unsere Bildung in den wesentlichen Dingen zu vernachlässigen. Doch es war ihm völlig egal, ob ich mit meinem Bruder den ganzen Tag durch die Gegend geritten oder auf Bäumen geklettert bin, solange ich meine Unterrichtsstunden bei unserem Lehrer wahrgenommen und dabei Fortschritte gemacht habe, wofür ich ihm unglaublich dankbar bin. Doch um so schwerer fällt mir nun das Leben hier…am Hof fühle ich mich wie in einem goldenen Käfig, ich kann mich nicht frei bewegen, ja ich darf nicht einmal ich selbst sein, wenn ich in Dresden wenigstens einigermaßen bestehen will. Es ist so ganz anders, als ich es gewohnt bin und all das, was mir bisher Freude bereitet hat, ist hier verpönt. Ich habe selbst nicht erwartet, dass ich mich so unglaublich schlecht daran gewöhne und vor allem so schrecklich unglücklich bin…“

      Ihn plötzlich erschrocken anschauend und sich eine Hand vor den Mund schlagend, unterbrach Katharina ihren Satz.

      „Oh Gott, was rede ich denn hier für einen Unsinn? Wie erbärmlich muss das in deinen Ohren klingen, wenn ich hier herum jammere, nur weil ich Schwierigkeiten habe, mich an einem der prachtvollsten Höfe in Europa einzugewöhnen. Ich kann dir nicht verdenken, wenn ich in deinen Augen einen sehr undankbaren Eindruck hinterlasse!“

      „Ich fürchte, ich muss dir rechtgeben, du redest wirklich Unsinn! Aber nicht indem du mir von deiner wunderbar klingenden Kindheit und deinen Schwierigkeiten hier am Hof erzählst, sondern wenn du tatsächlich der Meinung bist, ich könnte deine Probleme nicht nachvollziehen!

      Schau mich doch bitte einmal an….“

      Widerstrebend folgte Katharina seiner Aufforderung und zu ihrer Erleichterung waren weder Spott noch Verachtung in seinem Blick zu sehen. Im Gegenteil, Karl musterte sie voller Zuneigung.

      „Ich weiß nicht, wie viel dir von meiner Vita bekannt ist, doch auch ich habe meine Eltern früh verloren und bin unter der Obhut anderer Menschen und ähnlich wie du mit vielen Freiheiten aufgewachsen. Du kannst mir glauben, wenn jemand versteht, wie wenig wohl du dich jetzt in diesem Korsett aus starren Regeln fühlst, dann bin ich das und mit Sicherheit würde ich ebenso darunter leiden wie du. Nur habe ich im Gegensatz zu dir das Glück, dass mir schon in jungen Jahren als Thronfolger und nun als König gleich gar niemand mehr Vorschriften zu machen wagt, anderenfalls wäre ich wohl auch mit Sicherheit heute nicht hier und würde an deiner Seite als Ehrengast des sächsischen Kurfürsten auf einer Jagd durch diesen Wald reiten. Wobei es zugegebenermaßen auch in Schweden ein Protokoll gibt, an das selbst ich mich halten muss, doch dieses ist bei weitem nicht so reglementiert wie es hier am sächsischen Hof der Fall ist.“

      Katharina schaute ihn gerührt an.

      „Dass du deine Eltern so früh verloren hast, habe ich tatsächlich nicht gewusst und das tut mir aufrichtig leid. Und ich bin dir so dankbar für dein Verständnis! So langsam habe ich ja schon an mir gezweifelt, ob nicht am Ende ich selbst das Problem bin und etwas mit mir nicht stimmt. Denn alle außer mir scheinen sich am Hof ja unglaublich wohl zu fühlen und ich bin sicher, ich würde niemanden finden, der auch nur ansatzweise nachvollziehen kann, wie schrecklich dass hier alles für mich ist. Du bist die erste Person, der ich bisher überhaupt davon erzählt habe und ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie du mich dazu gebracht hast, normalerweise habe ich meine Gefühle ganz gut im Griff. Ich muss zugeben, dass verwirrt mich gerade etwas.“

      Sie holte tief Luft.

      „Aber da wir jetzt schon so offen reden, werde ich jetzt einfach weitersprechen und dir auch gestehen, dass du vorhin Recht hattest! Ich habe tatsächlich nicht die Wahrheit gesagt, denn ich bin dir seit heute Morgen aus dem Weg gegangen und das hatte weder mit Kopfschmerzen zu tun, noch habe ich die Jagdgesellschaft aus den Augen verloren. Normalerweise würde ich darüber kein Wort mehr verlieren, doch da wir auch in den nächsten Tagen aller Voraussicht nach viel Zeit miteinander verbringen werden, denke ich nun doch, es ist wichtig, dass du die Motive für mein Handeln kennst und hoffentlich auch verstehst.“

      Nervös geworden blickte sie für einen Moment hilfesuchend in den Wald, bevor sie tapfer weitersprach.

      „Wie ich bereits erwähnt habe, bin ich hier am Hof praktisch eine Außenseiterin. Mittlerweile denke ich jedoch, liegt es zu einem nicht geringen Teil auch an mir selbst, weil ich einfach nicht dazugehören wollte! Ich habe es so gehasst, dass mein glückliches Leben zu Hause endete, nur weil es schon immer so war, dass Frauen in meinem Alter an den Hof gehören, um hier früher oder später einen Ehemann zu finden. Ich wollte nicht hierher und habe überall die Bestätigungen dafür gesucht, dass in Dresden nur Oberflächlichkeit und Unmoral zu finden sind, so dass es für jemanden wie mich völlig unmöglich ist, sich hier wohl zu fühlen. Dies ist ja auch durchaus der Fall, doch gestern Abend habe ich festgestellt, dass ich damit auch einigen Menschen wie Anna von Cosel oder der Baronin von Eckert Unrecht getan habe.“

      Katharina hielt kurz inne und warf ihm einen scheuen Blick zu.

      „Kurzum, so wohlgefühlt wie gestern habe ich mich schon lange nicht mehr... auch dank dir...aber das macht mir auch alles Angst, sehr viel Angst, weil ich mich auf einmal auf völlig unbekanntes Terrain wage und schreckliche Furcht habe, dabei einen Fehler zu begehen, der mir in Zukunft teuer zu stehen kommen könnte...“

      Mit stockender Stimme fuhr sie fort.

      „Seit meiner Ankunft hier am Hof habe ich mir angewöhnt, sowohl meine Gefühle als auch mein Verhalten weitestgehend unter Kontrolle zu halten. Doch seit gestern stürmt so viel auf mich ein, dass ich kaum noch klar denken kann und das ist beängstigend. Ich weiß einfach nicht, wie ich mich verhalten soll, was der Hof und vor allem August von mir in dieser Rolle als deine Begleiterin erwarten und ob ich dann nach dem Festival seine Launen zu spüren bekomme, wenn etwas nicht so verläuft, wie er es sich denkt. Und dann dazu noch du...ich habe mit Männern wie dir wenig, um nicht zu sagen gar keine Erfahrung...und um ehrlich zu sein, überfordert mich das im Moment alles...ich glaube, ich habe gehofft, wenn ich mich heute einfach wieder so wie vor deiner Ankunft am Hof verhalte und so in meine alte Rolle zurückfinde, dann weiß ich auch wieder, wo ich hingehöre....“

      Katharina atmete wieder tief ein, bevor sie ihn vorsichtig von der Seite anschaute.

      „So, jetzt kennst du den wahren Grund für mein heutiges merkwürdiges Benehmen!“

      Karl hatte Katharina die ganze Zeit, während beide langsam nebeneinander her ritten und sie sprach, nicht aus den Augen gelassen.

      "`Komm mal her..."' sagte er nun sanft, fast zärtlich.

      Er brachte sein Pferd neben ihr zum Stehen und nahm sie spontan in die Arme.

      Katharina war so überrascht, dass sie sich nicht rühren konnte. Wie schon damals im Lager roch sie wieder den angenehm männlichen Duft seiner Haut, der sie so an Freiheit und Abenteuer erinnerte, dass ihr ganz schwindelig wurde. Sie fühlte sich in seinen Armen unglaublich geborgen und spürte, wie ihr Körper schwach wurde und sich noch enger an ihn schmiegen wollte, doch ihr Verstand meldete sich nach wenigen Sekunden.

      Als Karl bemerkte, wie sich ihre Muskeln in Abwehr zu verspannen begannen, ließ er sie los und sah sie prüfend an. Beim Anblick ihres verstörten Gesichtes musste er leise lachen.

      "`Ach süße Katharina! Um ehrlich zu sein, habe ich mir so etwas heute schon gedacht und dich deshalb auch während der Jagd in Ruhe gelassen.

Скачать книгу