Der Teufel von London. Susanne Danzer

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Der Teufel von London - Susanne Danzer

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zu schaffen. Sehen konnte er nichts, denn die Männer standen in seinem Rücken, und sein Versteck war so eng, dass er sich nicht umdrehen konnte, ohne Gefahr zu laufen, bemerkt zu werden.

      »Los, rauf mit der Kiste«, hörte er einen Mann leise sagen. »Und dann nichts wie weg von hier. Ich will auf keinen Fall erwischt werden. Dafür ist die Kohle nicht genug.«

      Charles bewegte sich auch jetzt nicht.

      Was habt ihr Gangstertypen nur vor?, fragte er sich.

      Er hörte, wie sie unmittelbar über ihn eine Kiste hoch wuchteten und zog unwillkürlich den Kopf ein.

      Charles bekam nur einen von den Männern zu sehen – den mit dem dunklen Anzug und dem Bowler. Er schien zu denen zu gehören, die sich an dem Kistenstapel zu schaffen gemacht hatten.

      Insgesamt waren sie zu viert, wie Charles feststellte – drei Männer und eine Frau. Er hatte den Eindruck, dass sie sehr in Eile waren.

      Charles Morrison ahnte nicht, dass ihn dieses Erlebnis noch lange beschäftigen würde. Er wusste nur, dass sie keine der Kisten mitgenommen hatten. Also störte ihn die Sache nicht weiter – und selbst wenn, dann wäre es nicht seine Angelegenheit gewesen. Es war besser, sich nur um sich selbst zu kümmern.

      Wo sie ihn nun schon aus seinem sanften Schlummer gerissen hatten, steckte er sich noch eine Zigarette an, obwohl er sie sich eigentlich für den nächsten Tag aufbewahren wollte. Er wusste nie, wann er wieder etwas zum Rauchen bekam – und dann war da noch der Hunger, der ihn nicht so rasch wieder einschlafen lassen wollte. Ein knurrender Magen war kein gutes Schlaflied.

      Charles Morrison hatte noch nicht ganz aufgeraucht, als ihn der erste Tropfen auf die Wange traf. Er dachte sich nichts dabei – letztlich war es in einem Hafen immer irgendwie feucht.

      Er wischte sich den Tropfen ab und starrte durch den Spalt zwischen den Kisten.

      Ein appetitlicher Geruch erfüllte die Luft – ein Duft, der vom Schweden zu ihm herüberkam. Offensichtlich war der dortige Smutje an der Arbeit.

      Sein Magen begann lauter zu knurren.

      Der nächste Tropfen erwischte seine Stirn. Er spürte ihn, wischte ihn aber nicht direkt ab.

      So gemütlich wie ich gedacht habe, scheint mein Versteck doch nicht zu sein, dachte er.

      Er holte die Zeitung unter sich hervor und legte sie sich über seinen Kopf.

      Erst als die Tropfen in regelmäßigen Abständen auf das Papier tropften, begann es ihn zu stören. Langsam aber sicher wurde es ungemütlich.

      Als er sich endlich aufrappelte und mühsam aus seinem Loch herauskrabbelte, spürte er etwas Warmes … etwas Klebriges.

      Charles Morrison traute seinen Augen nicht, als er die Flüssigkeit entdeckte, die auf den Boden tropfte.

      Blut!

      Er war von Blutstropfen übersät ...

      sein Anzug ...

      und sein Hemd!

      Wie erstarrt stand er da und blickte auf den Lebenssaft, der dunkelrote Flecken auf dem Stoff gebildet hatte.

      Sofort fielen ihm die drei Männer und die Frau ein, die eine Kiste über ihm aufgestapelt hatten. Die Kiste, aus der jetzt das Blut tropfte.

      Er kramte ein altes Messer aus seiner Manteltasche, setzte es an einem Spalt der Lade an, schob behutsam die Spitze weit genug hinein und hebelte langsam den Deckel hoch.

      Kaum hatte er ihn abgehoben und einen Blick auf den Kisteninhalt geworfen, lief ihm ein eisiger Schauer über den Rücken.

      In der Holzkiste lag zusammengekrümmt ...

      ein Mann ...

      ein toter Mann!

      Kapitel 2

      Charles Morrison hatte allerhand Mühe, die schwere Kiste allein vom Stapel zu wuchten. Immer wieder sah er sich ängstlich um. Auf keinen Fall wollte er sich jetzt bei seiner momentanen Tätigkeit erwischen lassen. Glücklicherweise konnte ihn die Deckwache auf dem schwedischen Schiff, das in unmittelbarer Nähe festgemacht hatte, hinter dem schützenden Kistenstapel nicht ausmachen.

      Endlich stand die Kiste zu seinen Füßen und er richtete sich von der Anstrengung keuchend auf. Diese Holzkiste war nicht sehr massiv, doch durch ihren leblosen Inhalt überraschend schwer.

      Charles starrte auf die goldene Kette, die in die Westentasche lief, die der Tote trug, und an deren Ende er eine kostbare Uhr vermutete.

      »Um die wäre es schade«, murmelte er vor sich hin, zog an der Uhrenkette, löste sie von der Weste und steckte die Taschenuhr ein. Dafür würde er sicher ein oder zwei Pfund bekommen.

      Er fand auch einen Geldbeutel, den er ohne weiter darüber nachzudenken in seiner Hosentasche verschwinden ließ – gleiches geschah mit einer kleinen ledernen Mappe, in der sich augenscheinlich Papiere befanden.

      Mit einem solchen Zufallstreffer hatte er nicht gerechnet. Umso vergnügter war er. Warum sollte ihm das Glück nicht auch einmal hold sein?

      Niemand störte ihn bei dieser Unternehmung, bei der er nicht das geringste schlechte Gewissen hatte.

      Nachdem er alle Taschen des Mannes in der Kiste durchwühlt hatte und ihm auch noch die wertvoll erscheinenden Manschettenknöpfe sowie einen Schlüsselbund abgenommen hatte, schob er die Kiste in die Lücke, in der er eigentlich hatte schlafen wollen, ohne den Deckel zu schließen.

      Rasch sah er sich ein letztes Mal vorsichtig nach allen Seiten um. Die Luft war rein – Zeit sich unbemerkt zu entfernen. So schnell Charles Morrison konnte, machte er sich aus dem Staub, immer darum bemüht jedem menschlichen Wesen möglichst aus dem Weg zu gehen. Entdeckt zu werden war in seinen Augen wenig erstrebenswert.

      Erst als der Hafen weit hinter ihm lag und er ihn kaum noch sehen konnte, wagte er es, einen genaueren Blick in den Geldbeutel und das Ledermäppchen zu werfen.

      Im Beutel waren eine Unzahl an Münzen und in der Mappe lagen zweihundert Pfund in Banknoten, die Papiere eines Mannes aus London, ein Scheckbuch, zwei abgegriffene Fotografien und eine Karte mit einer markanten Schrift, die Charles Morrison nicht kannte.

      Unter einer Laterne stellte er fest, als er im Schein der Lampe an sich hinunterblickte, dass er sich nirgends sehen lassen durfte. Die Blutflecken fielen zu sehr auf. Er verkroch sich zwischen zwei Häusern und wartete ab. Zwar hatte er nun genügend Geld, aber er wagte es nicht, eines der Lokale zu betreten.

      Was er jetzt am Dringendsten brauchte, war saubere Kleidung. Gerne neue, in Anbetracht des Vermögens, dass er an sich genommen hatte.

      Auf keinen Fall wollte er durch den neuen Reichtum leichtsinnig werden, jeder Schritt wollte reiflich überlegt sein.

      Der Mann in der Kiste war einem Verbrechen zum Opfer gefallen, was bedauerlich für den armen Kerl war. Daran gab es nichts zu rütteln. Er hatte die Mörder sogar gehört und gesehen. Besonders an den einen erinnerte er sich genau: an den Mann im dunklen Anzug mit dem Bowler.

      So gekleidet

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