Der Teufel von London. Susanne Danzer
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Während der Fahrt zum Yard wechselte er mit dem Sergeant, der die Zügel fest in der Hand hielt, nur ein paar nichtssagende Worte. Für eine richtige Unterhaltung war er schlichtweg zu müde.
Primes schien ganz ruhig ...
... doch das änderte sich schnell, als er sein Büro betrat.
Sergeant Woods erwartete ihn. Er war unrasiert und hatte in der Eile die Fliege vergessen. Mit offenem Hemdkragen stand er vor einem Mann, der aus mehreren Wunden im Gesicht blutete und nach billigem Fusel stank. Der Gestank war auf nüchternen Magen kaum zu ertragen.
»Das nächste Mal gehen Sie ruhig näher an die Klinge heran, wenn Sie sich rasieren, Woods!«, bemerkte Primes mit einem versöhnlichen Lächeln, wie beiläufig, und betrachtete interessiert den Mann, der vor Woods auf einem Stuhl saß, während er seinen Hut und Mantel ablegte.
Ohne auf eine Erwiderung Woods zu warten, nahm Primes hinter seinen breiten Schreibtisch Platz. Jetzt sah er sich den Mann, der in den Docks aufgegriffen worden war, noch genauer an.
Vor ihm lagen verschiedene Dinge, die Detective Sergeant Woods dem Verletzten abgenommen hatte.
»Sie wollen uns also nicht sagen, woher Sie dieses Päckchen Rohopium haben?«, fragte er ihn direkt, zündete sich eine Zigarette an und inhalierte den Rauch. »Überlegen Sie es sich gut. Man hat Sie angeblich überfallen und wie ich sehe, auch erheblich verletzt. Warum?«
Primes vermochte nicht zu sagen, ob ihn der Mann überhaupt verstanden oder gehört hatte, denn er wiederholte immer wieder nur ein einziges Wort: »Arzt!«
Der Inspector gab Woods einen Wink.
»Ist Dr. Montgomery schon im Haus?«, erkundigte er sich.
»Sie ist schon seit Stunden in der Pathologie«, antwortete Woods. »Es gab ein Mord. Ich werde mal sehen, wo sie steckt.«
»Machen Sie das, Sergeant. Und lassen Sie sich nicht abschrecken, wenn sie versucht Widerstand zu leisten. Sorgen Sie auf alle Fälle dafür, dass sie hier erscheint. Ich lasse keine Entschuldigung gelten. Verstanden?«
»Natürlich, Sir. Ich soll Dr. Montgomery selbst gegen jeden Widerstand hierherbringen.«
»Exakt! Und ich hoffe für Sie, dass sich unsere geschätzte Ärztin nicht lange bitten lässt. Sonst müssen Sie sie womöglich noch an ihrem Haarknoten herbeizerren«, gab Primes ihm mit auf dem Weg.
Woods verschwand, um die Chefpathologin des Yards, die ebenso die Stelle des Polizeiarztes innehatte, zu suchen.
Primes betrachtete den Mann, der wie ein Häufchen Elend vor ihm auf dem Stuhl saß. Um das Eis ein wenig zu brechen, schob er ihm seine Packung ›Three Kings‹ zu.
»Sie sollten etwas mehr Vertrauen zu uns haben. Wir sind schon länger hinter diesen Drogenpäckchen her. Wer hat Ihnen das übergeben?«
Der Mann schwieg eisern und nahm auch keine Zigarette an.
Nur für einen kurzen Augenblick sah er dem Inspector ins Gesicht. Primes hatte das Gefühl, dass ihn dieser Mann hasste, obwohl er ihm bisher gar nichts getan hatte, geschweige denn ihm jemals zuvor begegnet wäre.
Zehn Minuten waren vergangen, als es an der Tür klopfte und Woods mit Celeste Montgomery im Schlepptau zurückkehrte.
»Guten Morgen, Primes«, lächelte sie. »Sie hat man also auch aus dem Bett geholt.«
»Sie werden sich daran gewöhnen. Kommt mit schöner Regelmäßigkeit immer wieder vor. Das Verbrechen schläft eben nicht. Und es zwingt uns dadurch ebenfalls wach zu bleiben, selbst wenn man das Gefühl hat, gerade mal eine Stunde geschlafen zu haben.« Primes ließ seinen Blick an ihr heruntergleiten und schüttelte den Kopf. »Um alles in der Welt, wie sehen Sie denn aus, Celly?«
»Ich bin schon ein wenig länger auf und wurde zu einem Tötungsdelikt in Soho gerufen. Ja, ich weiß, ich bin ein wenig derangiert. Aber man kann sich nicht aussuchen, wo die Leichen liegen, wenn man zur Tatortbeschau gerufen wird«, erwiderte Celeste etwas unterkühlt, womit Primes klar wurde, dass er einen empfindlichen Punkt getroffen hatte. Unbeabsichtigt, selbstverständlich. Sie strich sich über den Rock, der mit Schmutzflecken übersät und wahrscheinlich nicht mehr zu retten war. Mal abgesehen von dem Riss im Stoff. Dabei war es ausgerechnet einer ihrer Lieblingsröcke.
»Woods hat so etwas erwähnt. Schätzungsweise ist es nicht so besonders gut verlaufen«, sagte er vorsichtig, konnte sich jedoch ein Grinsen nur schwerlich verkneifen. Er spürte es an seinen Mundwinkeln zupfen.
»Machen Sie sich ruhig lustig, Primes.«
Ihr Unterton roch geradezu danach, dass er sich mit allem, was er sagte, auf sehr dünnes Eis begab.
»Nichts liegt mir ferner, Dr. Montgomery«, versicherte er rasch und mit dem gebührenden Ernst in der Stimme.
»Haben Sie schon mal versucht, sich in diesen dämlichen Kleidern, die wir Frauen zu tragen haben, durch ein Waldgebiet zu arbeiten?«, echauffierte sie sich, und die Verärgerung rötete ihre Wangen. »Und wenn Sie dann glücklich am Ziel ankommen, konzentriert Ihrer Arbeit nachgehen, um Spuren am Leichnam zu sichten, die nicht unerheblich sind, jemand dahertrampelt, Ihnen auf den Rock steigt und Sie so zu Fall bringt, dass Sie einen kleinen Abhang hinunterstürzen? Glauben Sie etwa, Sie würden dann noch strahlend aussehen und jede Ihrer Haarsträhnen säße wo sie eigentlich zu sitzen hätte? Nein, natürlich nicht. Sie würden genauso vor Schmutz starren, wie ich es tue. Allerdings würde es bei Ihrer Frisur nicht auffallen, denn Sie sehen ja immer zerzaust aus, als seien Sie gerade aus dem Bett gekommen. Also ja, ich bin derangiert und habe jedes Recht dazu es zu sein.«
Primes und auch die anderen Anwesenden hatten große Mühe, ihre aufkommende Erheiterung zu verbergen.
»Nun, deshalb bevorzuge ich es, meine Kleider im Schrank zu lassen und während des Dienstes lieber Hosen zu tragen.«
In dem Moment, als er den Mund wieder zuklappte, wusste er bereits, dass er das dünne Eis durchbrochen hatte, denn ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.
»Ein Glück für Sie, Detective Inspector, dass ich meinen Schirm nicht bei mir habe. Mit dem hatte Ihr Schädel, nämlich noch keine Kollision. Und glauben Sie mir, das würden Sie keineswegs vergessen haben.«
Glück gehabt, dachte Primes und erlaubte es sich, erleichtert aufzuatmen, ganz im Gegenteil zu dem im Hafen aufgegriffenen Mann, der sich ein Lachen nicht verkneifen konnte.
»Geht das hier immer wie in einer Aufführung von Shakespeare zu? Ich meine ...«
Der Mann verschluckte den Rest seines Satzes, denn der Blick der beiden zeigte, dass er sich eindeutig zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte.
»Sie machen mir auch nicht gerade den frischesten Eindruck«, bemerkte Celeste spöttisch und begann den Verletzten zu untersuchen. »Deshalb sollten Sie lieber den Mund halten und mich meine Arbeit tun lassen, wenn Sie nicht möchten, dass die Prozedur schmerzhafter als nötig wird.«
Während sie ihn verband, berichtete Lockwood, wie es zur Festnahme des Mannes gekommen war.
»Man hat ihn halb bewusstlos unten am Hafen gefunden. Die Kollegen brachten ihn her. Er hielt ein Päckchen