Jenseits von Oberhessen. Carola van Daxx

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Jenseits von Oberhessen - Carola van Daxx Heiße Fleischwurst mit Kakao

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sie lachte laut los. „Ach, alles gut – keine Sorge! Von Kaffee kann ich sowieso nie genug haben…“

      „Ja, ich auch nicht. Da haben wir beide wohl was gemein. Kommen Sie mit, dann können Sie sich zumindest mal die Hände waschen. Aus dem Mantel kann man das Pülverchen bestimmt ausbürsten…“

      Just von diesem Tag an machte Jan das Leben wieder Spaß. Nicht nur wegen der neuen Schülerinnen. Aber auf jeden Fall wegen der einen neuen Malschülerin. Sophie, ein Name wie Musik für ihn. Die ganze Frau eine einzige Inspiration. Und was für ein Talent sie war. Sie hatte noch nie gemalt – und trotzdem brachte sie von Anfang an erstaunliche Bilder zustande. Sie war wirklich begabt, besonders für Abstraktes. Aus der Phantasie heraus konnte sie die interessantesten Kreationen entwickeln – an Gegenständlichem hatte sie kein Interesse.

      „Ich will mich nur entspannen, kreativ betätigen, einfach mal runterkommen… Ich habe nämlich ein recht stressiges Leben. Da kann ich keine zusätzliche Anspannung gebrauchen.“ Wie apart sie war, wie sie sich ausdrücken konnte! Jedes Wort, das ihre vollen und sorgfältig geschminkten Lippen verließ, ein einziges Gedicht. Jan war restlos begeistert. Wann hatte ihn je so eine Faszination ergriffen? In Hamburg, damals, an der Alster? Als er Lina zum ersten Mal sah? Ihm kam unweigerlich das Gedicht „Stufen“ von Hermann Hesse in den Sinn: Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Wie wahr, wie wahr. Er fühlte sich geradezu verzaubert, hingerissen. Von ihrer Schönheit, ihrer äußeren – und ihrer inneren. Dabei war sie kein ausgesprochener Modeltyp, ganz so dünn war sie nun nicht. Und für ein Model hatte sie zuviel Klasse, zuviel Intelligenz. Zumindest verglichen mit den Models, die Jan während seiner vielen Talkshow-Auftritte, Vernissagen und Messen kennengelernt hatte. Das hatte ihn auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, denn er durfte einige der Damen oftmals schon vor der Maske kennenlernen. Da war von Schönheit keinerlei Rede mehr gewesen – und auch das, was die aufgespritzten Lippen so hergaben, war häufig mehr als dünnes Eis. Sophie jedoch war eine Frau in vollkommener Perfektion für ihn, was Jan in Hochstimmung versetzte, Tag für Tag.

      Natürlich waren die anderen Malschülerinnen, alle wesentlich betagter und nicht unwesentlich beleibter, ein bisschen neidisch auf die elegante Erscheinung, die jeden Morgen in einer anderen Top-Garderobe erschien, das merkte man sofort, das lag in der Luft. Trotzdem mochten sie Sophie, obwohl sie sich grundsätzlich von ihnen unterschied. Und wenn sie erst einmal ihren inzwischen bunt mit Farbe bekleckerten Kittel anhatte, dann war sie plötzlich nicht mehr die vornehme „Frau von und zu“ - sondern einfach nur noch die „Soffi“ - das war Hessisch für Sophie.

      „Mein Mann ist Unternehmer, Fünf-Sterne-Hotellerie auf Schlössern und Gutshöfen. Wir selbst leben auch auf einem Gut in Mecklenburg-Vorpommern, ehemaliger Familienbesitz der Rohdenfelds. Ich war früher mal Zimmermädchen in einem der Schlosshotels, das war in meinem ersten Leben sozusagen. Dann habe ich meinen Theo kennengelernt – und jetzt bin ich hauptberuflich Ehefrau und das ist richtig anstrengend…“, lachte sie einmal.

      „Und was hat Sie jetzt hier in diese raue Vogelsberglandschaft verschlagen?“, wollte Emmi wissen, die von Natur aus eher zu den „Interessierten“ gehörte.

      „Wir haben hier ein Forsthaus mitten im Wald, so eine Art Rückzugsort für die Rohdenfelds. Mein Mann hat es vor ein paar Jahren gekauft und umgebaut. Außerdem geht er hier im Vogelsberg auf die Jagd – und lädt gerne Jagdgesellschaften ein. Da haben wir eine Menge Trubel im Haus, denn die meisten übernachten dann auch bei uns. Den Rest der Zeit verbringt er mit Lesen und dem Schreiben seiner Reden, er ist nämlich auch noch politisch engagiert. Hier oben in den Wäldern hat er seine Ruhe, bei uns an der Küste denkt er sowieso nur an die Geschäfte und jeder will etwas von ihm. Da hat er doch nie so richtig Feierabend.“

      Jan hörte aufmerksam zu, wann immer sie erzählte. Und die anderen hingen ebenso gebannt an ihren Lippen. Es war ein bisschen große, weite Welt, was in die kleine Malschule in Schottens Altstadt gekommen war. Sophie selbst bemerkte die Aufmerksamkeit, die ihr entgegengebracht wurde, wann immer sie begann zu reden. Dann wurde es ganz still im Kurs und die meisten ließen ihre Pinsel ruhen. Ab und zu war sie überrascht über sich selbst – über so viel Offenheit gegenüber Fremden, was normalerweise gar nicht ihre Art war. Denn gerade in den letzten Jahren hatte sie sich immer mehr gelernt zu beherrschen, besonders in der Öffentlichkeit. Doch Sophie von Rohdenfeld fühlte sich wohl inmitten der oberhessischen Landfrauen, die sich für das neue Jahr wahrscheinlich vorgenommen hatten, Neues dazuzulernen, sich ein Stückchen selbst zu verwirklichen, wie es so schön hieß – oder einfach vormittags nicht immer nur für das bevorstehende Mittagessen zu sorgen. Es war nämlich gute Tradition in Schotten, dass, wenn die Kirchturmuhr zwölfmal läutet, das selbstgekochte Essen auf dem Tisch zu stehen hatte. Und zwar dampfend und mit viel Liebe zubereitet.

      Genau das war es, was Jan auch so mochte an den bodenständigen Oberhessen. Sie machten nicht viel Aufhebens um ihre Sache, aber Geggesse‘ wird immer um zwölf

       *

      Viel Aufheben wollte auch Lina nicht um die „Sache“ machen. Dass Tilmann irgendwann morgens mit den Worten „Ich muss los, mein Ukulele-Kurs – die warten bestimmt schon!“ aus ihrem Zimmer gestürmt war, wollte sie schon gar nicht mehr wahrhaben. Am liebsten hätte sie den Tag und die vorherige Nacht auch aus ihrem Leben gestrichen. Dattelschnaps bis zum Abwinken, ein blöder Trinkspruch nach dem anderen (Nach der Ebbe kommt die Flut!), das wilde Abtanzen von Rock’n’Roll, Twist bis zum Katastrophen-POGO (!!!), hätte sie sich doch besser sparen können. Gleich am ersten Abend so ein Absturz! Obwohl, die Fragmente, an die sie sich noch erinnern konnte, waren eigentlich ganz angenehm. So in der Retrospektive. Nur, was genau passiert war, in jenem Kingsize-Bett, in dem sie nun mit dicken Kopf und Kater lag, daran konnte Lina sich beim besten Willen nicht mehr erinnern. Tatsache war, Tilmann Mollebusch, ihr Ex-Angestellter Kaffeehausmusikant, war früh morgens wie Kimble auf der Flucht entfleucht. Noch ein Mann, der Kurse gab. Panik stieg in ihr hoch. Wie sollte sie sich jetzt ihm gegenüber verhalten? Sie konnte ja wohl schlecht mal offiziell nachfragen: „Ach, übrigens, ich hätte da mal gerne was gewusst…“ Nee, das war ein Ding der Unmöglichkeit.

      Sie entschied sich für die „Höhere-Töchter-Variante“: So tun, als ob nichts passiert sei – und hoffen, dass wirklich nichts passiert war. Woher diese Weisheit stammte, war ihr gerade entfallen, aber egal.

      Eines war ihr jedenfalls klar wie Kloßbrühe: Sie würde in diesem Urlaub keinen einzigen Knaddel-Daddel-Schnaps mehr anrühren. Und wenn der noch so umsonst war! Diesen Entschluss konnte sie selbst mit schmerzendem Haupt noch fassen. Ab sofort war Wellness pur angesagt. Kein Alkohol, keine gefährlichen Tänze unter der Discokugel. Stattdessen ausgewogene Ernährung, lange Strandspaziergänge und Massagen, die die gequälte Seele streicheln würden. Gepaart mit der Hoffnung, dass Tilmann möglichst ausgelastet durch seine Kurse war und es zu keinerlei Handgreiflichkeiten mit ihm mehr kommen würde.

      Was für ein Stress im Urlaub! Was hatte sie sich da nur eingebrockt. Kaum, dass die klimakterischen Weiber mal losgelassen sind – weg aus dem heimischen Dunstkreis… Schon ging die Chose schief, dachte Lina. Und schämte sich ein wenig.

      Jetzt war es wohl wieder mal endgültig aus – zwischen ihr und dem DOLCE VITA. Sie hatte wohl einfach kein Talent dafür, katastrophenabstinent zu feiern. Und keine Übung. Immer, wenn ihr irgendwas Spaß machte, kam nix Gescheites dabei raus. Zumindest hatte sie danach immer mehr auf der Waage als vorher. Kleine Sünden mit sofortiger Wirkung. Jetzt war Schluss mit lustig. Egal was war und wie schön es gewesen sein musste: Einmal ist keinmal. Und was eventuelles Fremdgehen anbelangte, hatte sie sicher bei Jan noch einen gut. Sicher!

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