Paulo wird Studienrat und reist (2). HaMuJu

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Paulo wird Studienrat und reist (2) - HaMuJu

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Das war eine schöne Zeit. Gegenüber wohnte Bauer Nau, bei dem holten wir immer Milch und tranken sie um die Wette. Auf diese Art und Weise tranken wir manchmal jeder drei Liter am Tag. Einmal mussten wir hinüber und dabei helfen, ein Kälbchen auf die Welt zu holen. Im Mutterleib bekam es Stricke um die Beine gebunden, dann zogen wir es raus. Zu Stefans Bekanntschaft gehörte ein Richter am Landericht in Kirchhain. Wir hatten uns an einem schönen Maienabend oberhalb von Bauerbach im Schlafsack an den Waldrand gelegt. Plötzlich sahen wir aus dem Haus von Richter Corden Rauch aufsteigen. Wir waren schnell hingelaufen und hatten geguckt, ob wir helfen konnten. Das Feuer, das in der Küche ausgebrochen war, war aber schon gelöscht. Wir saßen noch eine Zeit zusammen auf ein Bier und gingen dann zurück zum Waldrand.

      Einmal fuhren wir alle auf Initiative Reinhards hin nach Maulbronn in die Jugendherberge. Die ganze Bauerbachtruppe war dabei. Das war klasse. Die Klosteranlage war unheimlich beeindruckend, Hermann Hesse war dort Seminarist („Unterm Rad“). Wir unternahmen lange Wanderungen und saßen abends singend in der Kneipe, war das toll! Wir waren alle mit unseren „Enten“ da runtergefahren. Heute weiß man erst zu schätzen, wie unbeschwert man damals gelebt hatte. In Bauerbach war ganz vorne im Ort der Supermarkt. Dort kauften wir immer ein. Die Küche war bei Bernie und Stefan relativ dunkel, zum Bad ging man von dort durch eine Art Abstellraum. Im Bad hing ein großer Boiler, in dem Wasser mittels Feuer erhitzt wurde. Das dauerte sehr lange, wie man sich denken kann. Deshalb wurde kalt geduscht. In Siegen zurück, schrieb ich weiter an meiner Staatsarbeit. Das Thema stellte sich als sehr dröge heraus. Ich verlor nicht nur die Lust, daran zu arbeiten. Bei mir machten sich sogar Anzeichen einer Depression bemerkbar. Ich ging deshalb zu Dr. Buschhaus in der Nachbarschaft. Der verschrieb mir Johanniskrauttabletten. Ich war jedenfalls froh, als ich am Jahresende rechtzeitig meine Staatsarbeit abgeben konnte. Ich trank eine ganze Flasche Sekt leer und ging anschließend ins Bett.

      Das Frühjahr des Folgejahres stand ganz im Zeichen der Examensvorbereitungen. Das Examen im EGT (erziehungs- und gesellschaftswissenschaftliches Teilstudium) hatte ich erfolgreich absolviert. Ich schrieb daraufhin noch zwei Examensklausuren in Sozialwissenschaften („Theorie der sozialen Rolle“) und in Geschichte („Die Parteien in der Endphase der Weimarer Republik“). Dazu kamen natürlich noch zwei Kolloquien von jeweils fünfundvierzig Minuten. Ich besuchte kaum noch Veranstaltungen an der Hochschule, alles war auf das Examen ausgerichtet. Meine Semesterwochenstunden hatte ich zusammen. Im Studienbuch standen Seminare und Vorlesungen aus allen möglichen Bereichen. Ich rief gelegentlich die Dozenten an, um letzte Fragen für die Kolloquien zu klären. In Geschichte kamen die Themen „Didaktik der Geschichte bei Annette Kuhn“ und „Römer und Germanen“ und in Sozialwissenschaften „Soziologie der Familie“ und „Demokratietheorien“ dran. In Geschichte bestand ich mit Bravour, in Sozialwissenschaften nicht so gut. Jedenfalls hatte ich im Mai alles hinter mir.

      Die Ehemaligen aus der Wohngemeinschaft wohnten über ganz Siegen verteilt. Uwe wohnte mit Familie in der Nordstraße, Alice wohnte mit den Kindern und Ulli in der Sandstraße, Lutz, Dieter und Henni irgendwo. Für mich fing mit dem neuen Schuljahr ein neuer Lebensabschnitt an, ich musste ein Referendariat absolvieren.

      Dazu bewarb man sich beim Regierungspräsidenten in Düsseldorf. Ich bekam dann irgendwann Bescheid und musste nach Kleve zum Studienseminar für Gymnasien. Kleve am Niederrhein war ein Ort, an dem ich in meinem ganzen Leben bis dahin noch nicht gewesen war. Man kam auch sehr schlecht dahin. Die Autobahn 57 gab es erst in Teilstücken. Vom Studienseminar Kleve aus wurden verschiedene Gymnasien in der Umgebung betreut. Dazu gehörte natürlich Kleve selbst, Emmerich, Goch, Rees-Haldern, Kalkar, Kevelaer, Geldern und Rheinberg. Tina und ich wollten zusammenziehen und suchten schon mal eine Wohnung in Goch. Wir fanden eine in der Bahnhofstraße über einer Pizzeria. Die Wohnung gehörte einem Tierarzt aus Gelsenkirchen, der mit uns sofort einen Mietvertrag abschloss. Die Wohnung hatte Dachschrägen, war aber mit hundert Quadratmetern recht groß. Ich hatte eine Zeit lang allein in der Wohnung gelebt. Tina kam im September nach, sie war MTA und hatte eine Stelle in Wesel angenommen. Ich musste zum Amplonius-Gymnasium nach Rheinberg. Wir hatten beide ungefähr achtunddreißig Kilometer zu fahren. Das war schon allerhand!

      Ich hatte mir einen gebrauchten „Renault 12 TS“ gekauft, der hatte fünfzigtausend Kilometer gelaufen und kostete zweitausendfünfhundert DM. Tina hatte einen „Renault 4 TL“. Die Autos taten beide lange ihren Dienst. Im schlimmen Winter 1978/79 legte Tina ihren R 4 aufs Dach. Sie war in einer Schneewehe weggerutscht. Der Wagen hatte eine kleine Beule auf dem Dach, Tina war nichts passiert, ihr steckte allerdings ganz schön der Schreck in den Gliedern. Als ich mit meinem Wagen bei Ulli und Alice zu Besuch in Siegen war, bog ich oberhalb des Marienkrankenhauses in eine steile Kopfsteinpflasterstraße ein und wollte sie hinunterfahren. Leider war sie völlig vereist, so dass das Auto zu rutschen anfing, und ich als Fahrer überhaupt keinen Einfluss mehr auf das Geschehen hatte, weder Kuppeln, noch Bremsen oder Lenken hatten eine spürbare Wirkung. Der Wagen rutschte immer schneller werdend auf einen Opel Rekord, der sich mit eingeschlagenen Rädern am Bordstein hielt. Ich war eigentlich froh, zum Stehen gekommen zu sein, wer weiß, wo ich hingerutscht wäre, beim Anblick der Beulen aber, die entstanden waren, wurde mir doch ganz anders. Ich brauchte einen neuen Kotflügel, eine neue Haube und einen neuen Reflektor. Allein der Reflektor kostete damals hundertachtzig DM. Der Schaden am Opel Rekord wurde von meiner Haftpflichtversicherung beglichen. Das alles passierte kurz vor Weihnachten. Ich reparierte meinen Schaden so gut es ging selbst. Ich feierte Heiligabend bei Alice, Ulli und den Kindern. Legendär ist heute noch, dass Ulli und ich als Indianer verkleidet versuchten, mit Gummipfeilen aus Blasrohren Markus einen Apfel vom Kopf zu schießen. Markus stand da in Unterhosen. Ließ sich der Kuckuck aus der Wanduhr blicken, bekam auch er einen Pfeil ab. Schließlich stellten wir die Uhr auf kurz vor zwölf und lauerten auf den Kuckuck. Tina feierte in Dillenburg mit ihrer Familie, so gut waren die Beziehungen noch nicht, dass ich da hätte mitfeiern können.

      Auf der Rückfahrt nach Goch lag dermaßen viel Schnee auf der Autobahn, dass wir nur im Schritttempo fahren konnten. Wir brauchten vier und eine halbe Stunde!

      Goch Referendariat

      Irgendwann kamen Tinas Eltern mit Oma Lilli und Till zu Besuch. Sie schliefen alle im Hotel. Wir machten einen langen Spaziergang und gingen abends essen. Goch war eine angenehme kleine Stadt am Niederrhein. Die Hauptgeschäftsstraße war die Voßstraße. An deren Anfang lag die „Buchhandlung Fingerhut“, wo ich immer im modernen Antiquariat rumsuchte und mir billige Bücher zulegte. Frau Fingerhut war sehr belesen und versiert. Die einschlägigen Geschäfte lagen alle auf der Voßstraße, und an deren Ende lag „Haus Huck“, ein gemütliches Restaurant mit bürgerlicher Küche. Bog man dort ab in die Bahnhofstraße, kam man durch das „Steintor“, dem Wahrzeichen Gochs. Hinter unserer Pizzeria zweigte von der Bahnhofstraße die Feldstraße ab, wo es ein Kino gab. Ein Stückchen weiter Richtung Stadtmitte lag Gochs zweites Kino. Am Ende der Feldstraße wohnten drei Referendarskollegen, zweimal Michael und Andrea. Michael I und Andrea waren verheiratet. Sie waren am Gymnasium Goch und in Kevelaer untergebracht. So weit wie ich hatte es niemand.

      Der Gocher Bahnhof existierte bei „Faller-Modellbau“ als Original Nachbildung.

      Wir mussten einmal pro Woche nach Kleve zur Hauptseminarsitzung, sonst fuhr man da kaum mal hin. Das Seminar lag in Kleve-Kellen. An Kleve war vielleicht die „Schwanenburg“ ganz interessant, ansonsten war dort nicht viel los. Das galt aber auch für Goch. Man musste schon was losmachen! Wir lernten während der Referendarzeit jede Menge Leute kennen. Am Gymnasium in Rheinberg Gabi, Jürgen, Walter, Julia, Joach, Georg u.a. Mit denen traf man sich auch privat, zum Teil bis heute. Als Referendarskollegen kamen außer den Gocher Bekannten gar nicht so viele in Betracht. Die Gocher hatten in der Feldstraße über der landwirtschaftlichen Genossenschaft eine Zweihundert-Quadratmeter-Wohnung gemietet. Da gab es sogar einen Tischtennisraum. Wir hatten dort mal eine große Fete gefeiert. Die beiden Michaels und Andrea waren waschechte Kölner. Michael I war groß und wurde „der Lange“ genannt. Er war ein ganz lustiger Typ, Kölner eben. Seine Frau Andrea machte auf emanzipiert, klopfte Sprüche, war

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