Es war einmal .... Dietrich Novak
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Hinnerk grinste schelmisch.
»Da kannte ich dich ja noch gar nicht. Leider.«
»Da hast du nicht viel verpasst. Ich war hochanständig. Karen hat ein strenges Regiment geführt. Ich fing erst an aufzubegehren, als ich erfuhr, dass sie nicht meine leibliche Mutter ist.«
»Und Tyra? Die könnte als Schwedin in dem Alter schon ein flotter Feger gewesen sein. Immerhin ist sie mit dir schwanger geworden.«
»Zügle etwas deine Altherrenfantasien! Nur weil sie sich mit dem einen Touristen eingelassen hat, heißt das nicht, dass sie einen lockeren Lebenswandel geführt hat. Ihre Eltern dürften meine Adoptiveltern in Sachen strengem Erziehungsstil noch überboten haben. Sicher wird sie, als bildhübsches, junges Ding, reichlich Chancen gehabt haben. Aber ob sie die auch wahrgenommen hat?«
Valeries Ausflug in die Vergangenheit wurde durch das Summen ihres Handys unterbrochen.
»Voss, was gibt’s?«, meldete sie sich wie üblich.
»Liebscher. Wir sind’s, die Kollegen. Also, hier ist alles verriegelt und verrammelt. Das Lost-Place-Fotografieren muss wohl überhand genommen haben. Vielleicht aber auch der Wandalismus. Man kann das Gelände eh nur noch über ein gut verstecktes Schlupfloch betreten. Kaum anzunehmen, dass da jemand einen Glassarg durchgequetscht hat. Und aufgebrochene Türen oder Fenster gibt es auch nicht.«
»Wie bei uns«, sagte Valerie. »Er könnte den Sarg allerdings auch in Einzelteilen transportiert und erst vor Ort zusammengebaut haben. Mein Mann und ich sind aber der Meinung, dass die Ankündigung erst für später gilt. In einer einzigen Nacht wäre das wohl nicht zu bewältigen. Warum auch?«
»Ja, die Schlussfolgerung liegt nahe. Mein Kollege denkt das auch. Und nun? Wie wollen Sie weiter vorgehen?«
»Vielleicht könnten Sie erreichen, dass öfter mal ein Funkwagen in den nächsten Nächten Streife fährt? Zur Sicherheit am besten an beiden Orten.«
»Das müsste machbar sein. Wir werden auch die Kollegen von der Direktion 6, Abschnitt 66, informieren, damit die hier öfter mal nachsehen. Bleibt uns nur, Ihnen eine gute Nacht zu wünschen. Vielleicht hören wir mal von Ihnen.«
»Das ist gut möglich. Der weitere Verlauf der Ereignisse könnte ohnehin eine weitere Zusammenarbeit erfordern. Also, Grüße an Herrn Heller, und Ihnen beiden eine möglichst ruhige Nacht! Bevor wir den Heimweg antreten, liefern wir noch den Kollegen bei Ihnen ab. Bis dann!«
2. Kapitel
Der gemeinsame Sohn von Valerie und Hinnerk, Ben, lebte seit geraumer Zeit mit der Transsexuellen Lena zusammen. Lena war zwar als Junge geboren worden, hatte sich aber schon immer als Mädchen gefühlt. Nach mehreren geschlechtsangleichenden Operationen war sie kaum noch von einer biologischen Frau zu unterscheiden.
Ben hatte Lena im „Lebensstern“, der Bar über dem „Café Einstein“ in der Kurfürstenstraße kennengelernt, als mit Hinnerk dort eingekehrt war, weil dieser in mehreren Mordfällen im Transsexuellenmilieu ermittelte.* Nach einigen Anfangsschwierigkeiten hatten sich die beiden zusammengerauft und teilten nun sogar die
*siehe „Morphodit“, Band 10
Wohnung. Doch Bens Befürchtungen waren eingetreten. Nach wie vor gab es Animositäten bei Lena, besonders wenn es um andere Frauen ging.
»Wer ist das blonde Gift, mit dem du so vertraut umgehst?«, fragte Lena.
»Wen meinst du?«
»Stell dich bitte nicht dümmer als du bist. Ich wollte dich nämlich gestern von der Uni abholen. Und da kamt ihr beide Arm in Arm heraus.«
»Ach, du meinst Kathrin. Die studiert auch Film- und Theaterwissenschaften. Wir sind nur Kumpel, weil wir uns gut verstehen.«
»Das sah aber ganz anders aus.«
»Sag mal, spionierst du mir etwa nach?« Ben wurde langsam sauer. »Statt dich zu verstecken hättest du zu uns herüberkommen können. Dann hättest du bemerkt, dass da nichts ist mit Kathrin und mir. Du bist und bleibst meine Traumfrau.«
»Erhoffst du dir, von ihr das zu bekommen, was ich dir nicht bieten kann? Ein leibliches Kind?«
»Quatsch, wir sind uns doch einig, dass wir ein Kind adoptieren, wenn wir geheiratet haben.«
»Ich weiß nicht, ob ich einen Schürzenjäger heiraten möchte.«
»Jetzt reicht’s mir aber. Dann lässt du es eben bleiben. Ich habe keine Lust, mich zu Unrecht verdächtigen zu lassen. Ein bisschen mehr Vertrauen solltest du mir schon entgegenbringen.«
»Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.«
»So denkst du über unsere Beziehung? Interessant. Muss ich künftig befürchten, dass du mein Handy kontrollierst?«
»Dann gib mir keinen Anlass dazu.«
»Ich höre mir das nicht länger an. Du spinnst doch. Kathrin ist nicht einmal mein Typ. Ich muss jetzt auch los in die Bar. Wenn ich nach Hause komme, hast du dich hoffentlich beruhigt.«
Ben griff seine Sachen und verließ türenknallend die Wohnung. Wenn er eins nicht leiden konnte, dann waren das unberechtigte Anschuldigungen. Er hatte eigentlich vorgehabt, den Job in der Gaybar aufzugeben, um mehr Freizeit zusammen mit Lena zu haben, aber jetzt war er direkt froh, dem Streit zu entkommen und in eine gänzlich andere Atmosphäre eintauchen zu können. Seine Laune war jedenfalls auf dem Nullpunkt. Wenn ihm jetzt noch einer der Schwulen dumm kommen würde … dann …
Im Hause Schindler gab es ebenfalls große Aufregung. Freilich aus einem ganz anderen Grund. Herbert, der zweite Mann von Karen, war ganz plötzlich zusammengebrochen. Wie schon in ihrer ersten Ehe mit Christoph, rief Karen zuerst Valerie an, wenn sie nicht weiterwusste. Und bei Christoph hatte sie reichlich Grund gehabt, weil er an Demenz erkrankt und schließlich nach langem Leidensweg in einem Pflegeheim verstorben war. Dort, wo Herbert seine erste Frau unter ähnlichen Umständen verloren hatte. So hatten sich Karen und Herbert kennengelernt.*
* siehe „Gottlos – Der Todesengel“, Band 5
»Val? Ich bin’s, Mama«, meldete sich Karen bei ihrer Tochter.
»Mama, du weißt doch, dass ich während der Dienstzeit …«
»Bevor du weitersprichst: Es ist etwas passiert. Herbert ist zusammengebrochen.«
»Du hast hoffentlich gleich die Feuerwehr alarmiert?«
»Natürlich. Ich bin ja nicht völlig blöd.« Karens Stimme brach. »Es war so schrecklich, wie er da lag. Und der Hund ist nicht von seiner Seite gewichen und hat furchtbar gejault. Ich dachte, Herbert ist tot. Er hat sich vorher ans Herz gegriffen und war schneeweiß im Gesicht.«
»Das tut mir alles sehr leid. Wo bist du jetzt, Mama?«
»Draußen vor dem Deutschen Herzzentrum, dem ehemaligen Rudolf-Virchow-Krankenhaus. Drinnen darf man ja nicht telefonieren. Sie sagen, es sei vermutlich