Shira und Paul der Mahner. Helmut Lauschke

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Shira und Paul der Mahner - Helmut Lauschke

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zum Trinken.

      Sirna. Und das so viel mehr brauchen die Kinder, die mit uns gehen und die ganze Sache nicht verstehn.

      Chor (unsichtbar). Tränen der weggerissenen Liebe sammeln sich vor den Augen, daran haften die Erinnerungen von Hoffnung und Leben. Sie bleiben gestapelt zurück zwischen bemalten Wänden, gefaltet und zusammengelegt und verknüpft an beiden Enden. War einst trotz der Armut das Zusammenleben doch friedlich, gepflegt wurde die Nachbarschaft durch Hilfe und Verständnis, so ist die Wärme dieses Geistes erkaltet, zerstören nun Geiz und Neid, was an Gutem über Generationen wuchs und stand.

      Für wahr, der Glaube führt die Herzen auf den Wegen der Bescheiden- und Zufriedenheit, ist der Führer des Zuhörens und der Stille im Denken. Achtung durch die Jahre des Lebens findet, was die Alten der Jugend lehrten, denn wir begriffen mit den Herzen, dass tiefe Weisheit darin war, was sie am Abend erzählten in der Dämmerung des ausgehenden Tages und geduldig auf die Fragen warteten und in der Antwort das Leben erklärten. Sie sprachen in der Orientierung, die sie von den Vorvätern bekommen hatten und ließen keinen Zweifel an der Wahrheit, diesen Lebensweg fortzusetzen.

      Achmed. Wie finster ist es um die Herzen dann geworden, als Menschen das beiseite schoben, was ihnen als Weisheit gegeben war.

      Machmud. Sie waren verblendet und ertaubt, dass sie es nicht verstanden, was in schlichter Rede ihnen von Jugend an vorgetragen und erklärt wurde.

      Achmed. Darum kann es kein gutes Ende nehmen, wenn Überheblichkeit die gute alte Wahrheit verlacht und schließlich verschüttet und verwirft. Denn die Wahrheit trägt gebündelt die großen Werte im Mantel der Weisheit.

      Machmud. Doch weder die Augen der Jugend noch ihre Herzen erkennen die Größe, sie sind gefesselt durch Kleinheiten der äußeren Dinge und lassen sich nicht belehren. Sie meinen die Dinge des Lebens besser zu verstehen, was sie nicht können.

      Achmed. Und in ihrer Dickköpfigkeit erleben sie nun das Blasenlaufen der wunden Füße und sehen hinter sich die schwarzen Schwaden der in Trümmer zerfallenden Stadt.

      Machmud. Nun sagen sie, dass der Zerfall weder beabsichtigt noch vorauszusehen war, dass es fremde Mächte sind, die im Wahn des Hasses plündern, schänden und morden. Es geht soweit, dass sie unersetzbare Kulturgüter mit Hämmern und Äxten zerschlagen, dass sie mit Bulldozern und Tanks die geheiligten Stätten vernichten und zerwalzen.

      Achmed. Das kann doch nur das Ende sein, dem wir zu entkommen suchen, wenn hinter uns die Städte und Dörfer der Heimat im Boden versinken, Frauen und Kinder geschändet und die Männer enthauptet und erschlagen werden. Was bleibt dann für uns noch übrig?

      Machmud. Es ist die große Frage: Was wird uns die Zukunft vorhalten? Ich fürchte, der Schreck fährt uns durch die Glieder, dass es uns schwarz vor den Augen wird.

      Chor (unsichtbar). Fürchterlich schlägt der Donner nieder, wir zittern in den Köpfen und den Gliedern, heulend fegt der Sturm als großer Rächer, krachend bersten Wände, stürzen die Dächer. Verstaubte Körper kommen mit müden Gesichtern, die Zeichen der Erschöpfung sind tief eingegraben. Es blitzt mit donnernden Salven über den Lichtern, dass kaum noch Leben in den Gemäuern zu erwarten ist.

      Was mit guten Geistern durch die Jahre ging, sie sind vergangen und kommen trotz größtem Verlangen nicht zurück. Vom Wege ab formieren sich die Menschen, sie stehen mit Frauen und Kindern und den Alten. Sie alle stehn erschöpft mit Wunden an den Füßen und mit Augen des Schmerzes und der großen Trauer. Was vor ihnen liegt, sie wissen es nicht. Die Furcht drückt vor dem Unbekannten, doch schlechter kann es nicht werden.

      Sirna. Hier passt mein Leben gar nicht her, wo einst Frieden durch die Gassen zog. Hass und Feindschaft machen’s schwer, wo in Jahren milde Güte leicht und freudig wog. Es gab die engen Bande des Für- und Miteinanders, wenn Not und Krankheit am Menschen zehrten. Es gab das Helfen und den Beistand mit Herz und Hand, was alle selbstlos taten, diese Sitte war jedem altbekannt.

      Dass es dann so anders kam mit Gewalt und Hass, so unerwartet anders wurde über Nacht, dass Menschen geschlagen und gefoltert wurden, dass der Frieden mit den Dächern niederbrannte. Ich begann die Gesichter genauer zu betrachten und sah die Angst und Hoffnungslosigkeit in ihren Augen, da spürte ich den brennenden Schmerz in mir, dass ich erstarrte und stand mit jagendem Herz.

      Es brauchte seine Zeit, die Eigenatmung zu bemerken, die Minuten vergingen, den Willen zu stärken, was nicht geschah bis in diese Stunden hinein. Es zieht sich in die Monate und Jahre, um ein Leben mit mehr Reife und Erkenntnis zu verstehn, warum es kommt, dass große Werte zerschlagen werden.

       Dritter Auftritt

      Vor dem Lagertor

      Tarek. Bist du’s, Sirna, in der späten Dämmerung? Meine Augen tun sich schwer, dich zu erkennen. Doch wenn du es bist, dann fällt mir der Stein vom Herzen, dass du lebend den weiten Weg geschafft hast.

      Sirna. Ja, ich bin’s und habe dem jungen Mann zu danken, der den kleinen Izmir auf die Schulter nahm und hierher trug.

      Tarek. Wo ist der Mann, führe mich zu ihm, dass auch ich ihm für seine Güte danke und den Obolus entrichte.

      Sirna. Er gab mir Izmir an die Hand und eine Flasche Wasser dazu, lehnte jegliche Bezahlung ab, grüßte freundlich und verschwand.

      Tarek. Mein Kind, denkst du nicht, dass er im Lager ist, um die Nacht hier zu verbringen? Er kann unmöglich in die Nacht hinaus verschwunden sein.

      Sirna. Vater, ich weiß es nicht, doch was ich sah, war seine Eile, als ob er anderen Menschen folgte, die ihm auch am Herzen lagen.

      Tarek. Ich begreife es als Wunder, dass du mit Izmir den weiten Weg genommen hast, der sich hart und steinig über die langgezogene Hügelkette streckt. Dieses Wunder geht über meinen Verstand, weil viele Menschen auf dem Weg ihr Leben verloren.

      Sirna. Ohne Wunder können wir die Tage nicht überstehen.

      Tarek. Wie meinst du das? Ich verstehe, dass es neben den großen Wundern die vielen kleinen Wunder gibt. Doch möchte ich sagen, dass es die kleinen alltäglichen Wunder sind, die uns das Tragen der schweren Bürde erleichtern und über die Stunden erträglicher machen.

      Sirna. Ich gebe dir recht, dass bei dem Mangel an Wasser es schon an das große Wunder grenzt, dass bei der grimmigen Trockenheit in den Kehlen uns der Atem trotz der Schwere erhalten blieb.

      Tarek. Kann es nicht so sein, dass es das große Wunder ist, wenn wir die vielen kleinen Wunder gar nicht mehr wahrnehmen? Denn würden wir jedes kleine Wunder mit der nötigen Aufmerksamkeit registrieren, der Mensch würde bescheidener werden und durch die Bescheidenheit näher an die Wahrheit herankommen und ihn dadurch reifer machen, was ihn letztendlich an die Grenze von Zeit und Ewigkeit in seinem Leben führt. Das ist’s, was ihn die Erfüllung erkennen und erleben lässt und ihn am Ende glücklich macht.

      Sirna. Doch wo sind die Menschen der Bescheidenheit mit den helfenden Händen, wenn man sie braucht? Auf dem steinigen Weg hierher waren es vielleicht zwei wie der eine, der Izmir auf seine Schultern setzte.

      Tarek.

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