Die Schwarze Biene. Jean-Pierre Kermanchec

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Die Schwarze Biene - Jean-Pierre Kermanchec

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mag ja sein, Ewen. Vieles gehört der Vergangenheit an. Heute ist alles sicherer.“

      Damit war das Gespräch über das Für und Wider einer Fahrt nach Ouessant vorerst beendet. Ewen hoffte inständig, dass ihnen das Wetter am nächsten Morgen einigermaßen gut gesonnen war. Einen halben Orkan würde sein Magen sicherlich nicht überstehen.

      Nach dem Essen rief Carla noch ihre Tochter Marie an. Marie hatte versprochen, ihren Briefkasten regelmäßig zu leeren und den Pflanzen in der Wohnung Wasser zu geben. Danach setzte sie sich zu Ewen in den Salon. Ewen saß mit seinem Weinglas auf dem Sofa und genoss den Rest des Rotweins, den sie zum Essen geöffnet hatten. Als Carla ihr Glas dazustellte, nahm er die Flasche und goss auch ihr noch einen Schluck ein. Die Unterhaltung drehte sich noch eine Zeit lang um die gefährlichen Strömungen rund um Ouessant und über die, nicht von der Hand zu weisende, Gefahr einer Seekrankheit.

      Ewen erzählte Carla von einer früheren Überfahrt, von Marseille nach Korsika, die er mit seiner ersten Frau einst unternommen hatte. In allen Einzelheiten berichtete er jetzt von der damaligen Fahrt. Schon bei der Schilderung seiner Erlebnisse hatte er das Gefühl, sofort wieder krank zu werden. Carla bremste den Redefluss dadurch, dass sie ihr Weinglas in die Hand nahm und ihm zuprostete.

      „Du musst die Vergangenheit auch ruhen lassen können!“

      Ewen hielt ein und wechselte das Thema. Wenig später gingen sie zu Bett.

      Am nächsten Morgen brachen sie kurz nach halb sieben Uhr auf. Die Voie Express zwischen Quimper und Brest war beinahe menschenleer. Vereinzelt begegneten ihnen LKWs, die unterwegs zu den zahlreichen Intermarchés, Leclercs und SuperUs waren.

      Ewen konnte sich noch gut an frühere Zeiten erinnern, als schon recht früh am Morgen die LKWs mit den Schweinen die Voie Express befuhren, unterwegs zu den Schlachthöfen des Finistère. Seither hatten zahlreiche Firmen ihre Filialen geschlossen, und dadurch waren hunderte von Arbeitsplätzen verloren gegangen. Auch die Zahl dieser Transporte hatte sich deutlich verringert. Aus Sicht der bretonischen Agrarindustrie und deren Beschäftigten war die geplante Einführung der sogenannten Öko-Maut, die jeder LKW über 3,5 Tonnen auf den Schnellstraßen Frankreichs zahlen sollte, der Tod der bretonischen Landwirtschaft und des verarbeitenden Gewerbes.

      Seine Kollegen hatten eine Menge Arbeit damit, die Leute ausfindig zu machen, die die Mautbrücken ansägten, um sie den Stürmen des Finistère zu überlassen. Die Mautbrücken, mit den darauf montierten Kameras, Sensoren und was man sonst noch so für die Erfassung und Differenzierung der Fahrzeuge benötigte, waren das bevorzugte Ziel der Bonnets Rouges, so genannt wegen der roten Mützen, die sie als Symbol ihres Widerstandes trugen. Inzwischen waren schon drei oder vier der Brücken wieder abgebaut worden. Man konnte von Glück sprechen, dass es noch zu keinem tödlichen Unfall gekommen war. Das Durchtrennen der dicken Bolzen, die die Brücken mit der Verankerung verbanden, war mehr als gefährlich. Bei Sturm hätten die Brücken auf ein Auto stürzen können und die Insassen unter sich begraben. Daher wurde Strafanzeige von der Straßenbauverwaltung gestellt, und seine Kollegen mussten versuchen, die Verantwortlichen ausfindig zu machen. Bis jetzt konnte noch niemand ermittelt werden.

      All das ging Ewen auf dem Weg nach Brest durch den Kopf. Carla und Ewen trafen überaus pünktlich an der Anlegestelle des Schiffes ein. Das Schiff stand schon bereit, und die Fahrgäste konnten an Bord gehen. Es dauerte dann noch etwas mehr als 40 Minuten, bis der Kapitän die Motoren des Schiffes startete, und die Fähre sich langsam vom Pier entfernte.

      Hier in der herrlichen, riesigen Bucht von Brest lag das Schiff ruhig im Wasser. Ewen kannte die Bucht. Er hatte schon früher mit seiner ersten Frau viele Ausflüge auf die Halbinsel von Crozon unternommen. Ihm gefiel der Blick von der Pointe des Espagnols, oder Beg ar Spagnoled, wie die Bretonen den Aussichtspunkt nannten. Von diesem Punkt aus schweifte der Blick vom Leuchtturm, Phare du Petit Minou, bis zu der alten Brücke über die Rade, die Pont Albert Louppe, und der dahinter liegenden neuen Brücke, der Pont de l´Iroise. Die neue Brücke, mit einer Länge von 800 Metern, am Ende der Rade de Brest, verband die Halbinsel Crozon mit Brest. Eine recht majestätisch wirkende Hängebrücke, die ihm absolut gelungen schien. Bei jeder neuen Überquerung war seine Begeisterung aufgeflammt. Erst vorhin, auf der Fahrt zum Hafen von Brest, hatte er ihre Konstruktion wieder bewundert.

      „Siehst du, Ewen, wie ruhig die Überfahrt verläuft!“ Carla war ganz begeistert von ihrem Kurzurlaub, den sie gerade begonnen hatten.

      „Wir sind auch noch nicht auf dem Meer!“, antwortete Ewen und war noch nicht bereit ihr zuzustimmen.

      Er sollte recht behalten, denn noch bevor sie das offene Meer erreicht hatten, konnten sie bereits feststellen, dass der Wind auffrischte und die See rauer wurde. Dabei fuhren sie immer noch in der geschützten Bucht der Rade de Brest. Ewen und Carla setzten sich an einen der wenigen Tische im Unterdeck und bestellten einen Kaffee. Ein junges Ehepaar nahm ihnen gegenüber Platz, und nach wenigen Minuten kamen sie ins Gespräch.

      „Wir verbringen unseren ersten Urlaub. Wir haben vor vier Wochen geheiratet und können uns keine richtige Hochzeitsreise leisten. Da haben wir uns eben für die Île d´Ouessant entschieden“, begann die Frau das Gespräch mit Carla.

      „Ich heiße Marie, und das ist mein Mann Jean.“

      „Angenehm Sie kennenzulernen, ich heiße Carla, und das ist Ewen. Mein Mann hat sich einen Urlaub wahrlich verdient. Er ist in seinem Beruf so eingespannt.“

      „Das kenne ich gut“, meinte Marie.

      „Jean kommt manchmal erst nach Mitternacht nach Hause. Er arbeitet bei einer der großen Konservenfabriken als Chefbuchhalter. Immer wenn es Ungereimtheiten in den Büchern gibt, muss er ran. Seit einigen Wochen ist es besonders schlimm. Sie haben einen neuen Mitarbeiter eingestellt, der ständig Fehler begeht, die Jean dann wieder finden und korrigieren muss. Was macht denn ihr Mann?“

      Ewen war dieses Aushorchen eher lästig und er hatte den Eindruck, als ob auch sein Gegenüber dem Gespräch seiner jungen Frau wenig abgewinnen konnte.

      „Oh, Ewen ist Leiter der Mordkommission in Quimper.“

      Carla war schon seit Langem nicht mehr so gesprächig gewesen. Vielleicht lag es auch nur daran, dass er so selten Gelegenheit hatte, ihren Unterhaltungen zu lauschen, wenn sie sich mit ihren Freundinnen unterhielt.

      In den letzten Jahren, seit der Vergewaltigung ihrer Tochter, hat sie sich fast ausschließlich um das Mädchen gekümmert. Ihre Tochter, die ebenfalls Marie hieß, ist für Carla für lange Zeit Dreh- und Angelpunkt ihres Lebens gewesen. Das hat sich erst geändert, als Ewen in ihr Leben getreten ist und die Vergewaltigung polizeilich und juristisch beendet werden konnte.

      „Sind Sie auch auf einer besonderen Reise, so wie wir?“

      „Nein, wir wollen einfach nur einige ruhige Tage auf der Insel verbringen.“

      „Woher kommen Sie?“ Marie erkundigte sich nach allen Einzelheiten, ohne sich aus Höflichkeit Beschränkungen aufzuerlegen.

      „Wir kommen aus Quimper? Sie auch?“

      „Nein, wir kommen aus Melgven.“

      „Das liegt ja nicht weit von Quimper entfernt.“

      „Überhaupt nicht. Ich bin sehr oft in Quimper zum Einkaufen. Die Auswahl ist dort erheblich größer als in Concarneau.“

      Das Schiff steuerte jetzt auf den offenen Ozean hinaus, und die Wellen waren inzwischen bestimmt schon einen Meter

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