Die Schwarze Biene. Jean-Pierre Kermanchec

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Die Schwarze Biene - Jean-Pierre Kermanchec

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und ruhigen Gesichtszüge waren plötzlich durch eine angespannte und nachdenkliche Mimik verdrängt worden. Carla kannte diesen Gesichtsausdruck zu genau, sie wusste, dass jetzt nur wenig fehlte, und der so mühsam herbeigeführte Urlaub würde ein jähes Ende finden.

      „Lass uns weitergehen, Ewen, wir können hier doch nicht helfen.“

      „Ich muss noch bleiben, ich habe den Verdacht, dass hier etwas nicht stimmt.“

      „Wir sind im Urlaub, Ewen! Überlass die Arbeit den Kollegen vor Ort.“

      „Aber hier ist doch niemand! Bis ein Kollege vom Festland hier ankommt, vergeht wertvolle Zeit. Ich muss mit Jean sprechen.“

      Ewen ging auf Jean zu, der sich immer noch mit seiner rechten Hand durch die Haare fuhr.

      „Monsieur Le Goff, erzählen Sie mir doch ganz genau, was sich vor dem Sturz Ihrer Frau ereignet hat.“

      Le Goff, der die ganze Zeit abwechselnd auf das Gras unter seinen Füßen und auf die Klippen starrte, hob seinen Kopf und blickte Ewen an.

      „Was haben Sie gesagt?“

      „Ich habe Sie gefragt, was genau passiert ist, bevor Ihre Frau abgestürzt ist.“

      „Nichts ist passiert, wir sind fröhlich hier an den Klippen entlang spaziert, haben uns über die kommenden Urlaubstage unterhalten und überlegt, was wir alles unternehmen wollen. Dann muss meine Frau in eine Bodenunebenheit getreten sein. Sie ist plötzlich hin und hergeschwankt und hat ihr Gleichgewicht verloren. Bevor ich nach ihr greifen konnte, ist sie bereits über den Klippenrand gerutscht und hat sich einige Meter tiefer an dem Ast eines Busches festgehalten. Ich habe ihr nicht helfen können. Ich habe ihr zugerufen, sie solle sich festhalten, ich würde Hilfe holen. Das war alles. Dann habe ich Sie getroffen und Sie haben Hilfe herbeigerufen.“

      „Können Sie mir den Ast zeigen, an dem sich Ihre Frau festgehalten hat?“ Ewen sah Jean an.

      „Ja, das kann ich, kommen Sie.“ Er ging die drei Schritte bis zum Klippenrand und sah sich um. Dann erblickte er den kleinen Stechginsterstrauch und zeigte darauf.

      „An dem Busch dort hat Marie sich festgehalten.“

      Ewen ging in die angezeigte Richtung und sah zu dem Stechginsterstrauch hinunter. Der Strauch schien völlig unbeschädigt zu sein. Auf dem Boden konnte er keine heruntergerissenen Blütenblätter erkennen, obwohl der Strauch noch jede Menge davon trug. Ewen überlegte, wenn die Frau hier abgerutscht war, dann muss es möglich sein, Spuren zu entdecken. Aber der Boden sah nicht aus, als ob hier ein Mensch ausgerutscht war. Warum sollte ihr Mann den Helfern aber eine falsche Absturzstelle zeigen? Hatte er etwas mit ihrem Absturz zu tun? Ist die Frau überhaupt abgestürzt? Die Fragen gingen Ewen durch den Kopf. Er sah Jean Le Goff an, der immer noch auf und abging und sich die Haare raufte.

      Ewen erinnerte sich an die Überfahrt mit dem Schiff. Es war erst einige Stunden her. Jean war sehr liebevoll mit seiner jungen Frau umgegangen, nichts hatte darauf hingedeutet, dass die zwei einen Streit gehabt hätten, bevor sie an Bord des Schiffes gegangen waren. Ewen war unschlüssig, ob er seine Kollegen in Brest anrufen sollte. Die waren für die Insel zuständig. Wenn die Frau tatsächlich abgestürzt war, bedurfte es keiner Mordkommission. Aber wenn es ein Mord gewesen war? Er brauchte einen Anhaltspunkt, der ihm helfen konnte die richtige Entscheidung zu treffen. Wenn es doch wenigstens eine einzige Spur gäbe, die entweder auf einen Unfall oder auf ein Verbrechen hindeutete.

      Ewen sah Carla ungefähr 20 Meter von sich entfernt stehen. Sie sah im Moment nicht gerade glücklich aus. Ewen ging auf sie zu und nahm ihre Hand.

      „Carla, bitte verzeih, aber ich brauche vielleicht noch zehn Minuten, dann können wir weitergehen. Ich will mir nur noch den Erdboden, links und rechts der Absturzstelle, genauer ansehen. Die Frau kann unmöglich dort abgestürzt sein, wie Jean es uns weismachen will. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob die Frau überhaupt abgestürzt ist.“

      „Zehn Minuten sollst du noch haben, aber dann sind wir wieder im Urlaub, einverstanden?“

      „Versprochen!“, antwortete Ewen und ging raschen Schrittes an den Klippenrand. Vorsichtig bewegte er sich zuerst nach links, jeden Zentimeter des Erdbodens an der Abrisskante betrachtend. Nach guten 100 Metern kehrte er um und ging in die andere Richtung. Nichts, er konnte im Umkreis von mehr als 100 Metern keine einzige Spur entdecken. Seine Entscheidung stand fest, er würde die Kollegen in Brest informieren. Auch wenn er den Fall zu gerne sofort bearbeitet hätte, aber er war hier nicht zuständig.

      Ewen nahm sein Handy aus der Jackentasche und wählte die Nummer seines Kollegen, Gilles Roudaut. Er war froh, dass er auch auf seinem privaten Handy einige wichtige Telefonnummern aus dem dienstlichen Bereich gespeichert hatte. Es dauerte ein wenig, dann meldete sich sein Kollege.

      „Roudaut!“

      „Hallo Gilles, Ewen hier.“

      „Ewen, schön deine Stimme zu hören. Wie läuft es in Quimper?“

      „Kann ich im Moment nicht sagen, ich halte mich auf der Île d´Ouessant auf. Ich denke, dass du herkommen solltest.“

      „Auf die Insel? Was soll ich dort?“

      „Ich bin heute Morgen mit der Fähre angekommen. Carla und ich wollen hier ein paar Tage Urlaub verbringen. Auf dem Schiff ist ein junges Ehepaar gewesen, das seine Flitterwochen auf der Insel verbringen will. Vor etwa einer Stunde ist uns der Ehemann begegnet und hat um Hilfe gebeten, seine Frau sei bei einem Spaziergang abgestürzt. An der von ihm genannten Unfallstelle sind aber keinerlei Spuren festzustellen gewesen, die auf einen Absturz hingewiesen hätten. Ich habe die Klippen, auf einer Länge von etwa 300 Metern, abgesucht aber rein gar nichts gefunden, was auf das Unglück hinweisen könnte. Ich bin mir unschlüssig, ob es sich hier um ein Verbrechen handelt oder um einen Unfall. Da du zuständig bist, wollte ich dich informieren.“

      „Besten Dank, Ewen, ich hätte ansonsten nicht gewusst, wie ich meinen Tag verbringen könnte.“ Gilles lachte herzlich.

      „Ich bin in einer Stunde bei dir. Ich lasse mir sofort einen Hubschrauber kommen. Kannst du mir sagen, wo genau sich die Stelle befindet, an der die Frau abgestürzt sein soll?“

      „Das ist nur einige 100 Meter von dem Leuchtturm Phare du Creac’h entfernt. Ich werde jetzt mit meiner Frau unseren Spaziergang fortsetzen, komme aber dann zurück zu der vermeintlichen Absturzstelle. Wir können uns später noch einmal kurzschließen.“

      „Danke mein Freund, bis später.“

      Ewen legte auf und suchte Carla, die in der Zwischenzeit einige Schritte weitergegangen war. Ewen ging auf sie zu, nahm ihre Hand und sie setzten den begonnenen Spaziergang fort.

      „Hast du Probleme entdeckt?“ Carla sah ihn fragend an.

      „Ach, keine Probleme die mich betreffen, ich habe bereits mit Gilles in Brest telefoniert. Er wird gleich mit dem Hubschrauber herkommen. Es gibt ein paar Ungereimtheiten.“

      „Welche Ungereimtheiten?“

      „Der junge Le Goff hat gesagt, dass seine Frau Marie abgestürzt ist. Aber an der genannten Stelle finden sich keinerlei Spuren, die auf einen Absturz hindeuten. Auch an dem Strauch, an dem sie sich festgehalten haben soll, kann ich rein gar nichts erkennen. Ich bin mir unsicher, ob die Geschichte wirklich so abgelaufen ist. Die Bergungshelfer haben die Seenotrettung alarmiert und die werden

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