Die Schwarze Biene. Jean-Pierre Kermanchec

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Die Schwarze Biene - Jean-Pierre Kermanchec

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      Am nächsten Morgen schien die Sonne und die Insel zeigte sich von ihrer bezauberndsten Seite. Es war üblich, dass Tiefausläufer rasch über die Insel zogen und im Schlepptau Regen und starke Winde mitbrachten. Danach war der Himmel wieder frei für neuen Sonnenschein. Carla entschied, dass der Tag geradezu prädestiniert für einen weiteren, schönen langen Spaziergang sei. Sie hatten gestern immerhin 17 Kilometer zurückgelegt, trotz der Unterbrechungen, wegen des Absturzes von Marie an den Klippen, in der Umgebung des Phare de Creac´h. Auf keinen Fall wollte Carla den Küstenabschnitt von gestern erneut passieren. Daher wählten sie für den heutigen Spaziergang die südliche Krabbenschere aus.

      Die Insel hatte die Form einer Krabbe. Ihr Hotel lag genau zwischen den beiden Krabbenscheren. Zwei Landzungen, rechts und links ihres Hotels, formten die beiden Scheren. Die südliche Schere war die kürzere und zog sich ungefähr zweieinhalb Kilometer bis zur Spitze hin. Die nördliche war etwa einen Kilometer länger. Dort waren sie gestern entlang spaziert, auf dem Weg zum Leuchtturm von Creac’h.

      Ewen und Carla folgten dem Küstenweg, der an den wenigen Sandstränden der Insel vorbeiführte und zahlreichen Einbuchtungen folgte. Die Bucht Porz Goret war die größte. Ihnen boten sich fantastische An- und Ausblicke. Die in die Bucht hereinrollenden Wellen brachen sich an den Felsen, und das Wasser spritze wie eine Fontäne zehn Meter hoch und legte sich danach wie ein Schleier auf die umliegenden Fels- und Gesteinsbrocken. Bei jeder Welle wiederholte sich dieses Schauspiel. Jede Welle hatte ihre Eigenart und bot einen einmaligen Einblick ins Atelier der Natur.

      Sie betrachteten dieses Schauspiel fasziniert und setzten ihren Weg dann fort. Von der Spitze der Halbinsel sahen sie nun auf den Leuchtturm, La Jument, der draußen im Meer auf einer kleinen Felseninsel erbaut worden war.

      Die beinahe baumlose Insel bot ihren Besuchern kaum schattige Plätze. Nur hinter großen Felsen konnte Ewen sich etwas der Sonneneinstrahlung entziehen. Er war kein Sonnenanbeter, und mit seiner hellen Haut neigte er rasch zu einem Sonnenbrand. So suchte er immer wieder gerne den Schatten auf.

      Er war beeindruckt von dem herrlichen weichen Küstenrasen der Insel, der übersät war von rosa Strandnelken, blauem Grindkraut und weißen Gänseblümchen, die die Luft betörend parfümierten und die Insel verzauberten.

      Die Landschaft und das Naturschauspiel hatten Ewen von den Ereignissen des vergangenen Tages abgelenkt. Er genoss die frische Luft und das Rauschen des Meeres. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihnen, dass sie schon mehr als vier Stunden unterwegs waren. Der Küstenweg nahm deutlich länger Zeit in Anspruch, als sie für die zweieinhalb Kilometer gerechnet hatten, die die Halbinsel maß. Carla schlug vor, den Rückweg nicht entlang des Küstenweges zu gehen, sondern die kleine Straße zu nehmen, die durch die Weiler Kerandraon, Feunteun Vélen und Toulallan verlief. Die Straße führte beinahe luftlinienartig über die Halbinsel, so dass sie bestimmt in einer dreiviertel Stunde im Hotel angekommen sein würden.

      Sie hatten vielleicht einen knappen Kilometer zurückgelegt, als sie sich Kerandraon näherten. Ewen blieb wie angewurzelt stehen und fixierte eine Person, die etwa 200 Meter von ihnen entfernt die Straße überquerte.

      „Das ist doch Marie, Marie Le Goff.“ Carla sah in die angedeutete Richtung und konnte gerade noch erkennen, wie eine Person in einem der Häuser verschwand.

      „Hast du sie gesehen?“, fragte er Carla, die noch nichts gesagt hatte.

      „Es ging mir zu schnell, Ewen, ich habe nur eine Person gesehen, die in einem Haus verschwunden ist. Ich könnte dir nicht sagen, wer es gewesen ist. Hast du denn ihr Gesicht erkannt?“

      „Ich bin mir sicher, dass es Marie gewesen ist. Komm, wir gehen zu dem Haus.“

      „Ewen, bitte lass das, wir sind im Urlaub.“

      „Ich will doch nur sehen, ob ich mich getäuscht habe.“

      Ewen ließ sich von seinem Vorhaben nicht abbringen. Zielstrebig ging er in die Richtung des Hauses, in das er die Person hatte verschwinden sehen.

      Am Briefkasten stand der Name Berthelé. Ewen näherte sich der Haustür. In dem Augenblick wurde sie aufgerissen, und ein etwa siebzigjähriger Mann erschien in der Türöffnung.

      „Kann ich Ihnen helfen?“, fragte er Ewen, der knapp drei Schritte vor ihm stand.

      „Oh ja, das können Sie. Mein Name ist Ewen Kerber und das“, er zeigte auf Carla, die auf der Straße stehen geblieben war, „ist meine Frau Carla. Wir erholen uns einige Tage auf der Insel. Auf der gestrigen Überfahrt haben wir ein junges Ehepaar kennengelernt, Marie und Jean Le Goff. Bei unserem Spaziergang gestern Nachmittag ist uns ihr junger Mann entgegengerannt gekommen und hat, dass seine Frau Marie abgestürzt sei. Vor wenigen Minuten habe ich den Eindruck gehabt, die abgestürzte Marie Le Goff gesehen zu haben, wie sie in ihr Haus gegangen ist.“

      „Marie Le Goff, ich kenne niemanden mit diesem Namen. Bei uns im Haus lebt keine Marie. Meine Frau Nolwenn und ich leben hier alleine.“

      „Aber ich habe eine junge Frau gesehen, sie hat ein blaues Kleid getragen. Sie ist höchstens Ende zwanzig gewesen.“

      Ewen ließ nicht locker. Er spürte, dass der Mann ihm nicht die Wahrheit sagte.

      „Wenn ich Ihnen sage, dass wir hier alleine leben, dann sollten Sie mir das schon abnehmen. Ich will nicht unhöflich, sein aber ich muss mich jetzt um meine Schafe kümmern!“

      Der Mann ließ Ewen stehen und ging ums Haus herum zu seinem Stall. Ewen drehte sich um und ging zu Carla.

      „Der Mann lügt!“

      „Wir können uns doch auch getäuscht haben“, meinte Carla einlenkend.

      „Ich habe mich nicht getäuscht, da bin ich sicher. Vielleicht ist es nicht Marie gewesen, aber es ist eine junge Frau ins Haus gegangen. Warum lügt der Mann?“

      Carla und Ewen hatten beinahe das Hotel erreicht, als sein Handy klingelte. Carla war erstaunt, sein privates Telefon klingelte nur selten. Ewen nahm das Gespräch an.

      „Hallo, Paul, es ist schön, deine Stimme zu hören.“

      Ewen sah zu Carla und zuckte mit den Achseln, um ihr zu signalisieren, dass er keine Ahnung hatte, warum Paul Chevrier ihn anrief.

      „Ewen, es tut mir leid, euch im Urlaub zu stören, aber wir haben gestern von der Gendarmerie aus Trégunc eine Meldung hereingereicht bekommen. Auf eine junge Frau, Marie Le Goff, sind zwei Mordanschläge verübt worden und sie hat einen Drohbrief erhalten. Die Gendarmerie hat die Angelegenheit zuerst nicht so ernst genommen. Erst als der Drohbrief eintraf, hat man uns benachrichtigt. Jetzt haben wir erfahren, dass die Frau mit ihrem Mann auf die Île d´Ouessant gefahren ist. Ich habe sofort an dich gedacht. Hast du zufällig etwas von den Beiden gehört?“

      „Und ob! Aber das ist jetzt eine längere Geschichte. Ich bin gerade auf den Weg zurück ins Hotel. Kannst du mich in einer Stunde noch einmal anrufen, dann können wir ausführlich darüber reden.“ Ewen legte auf und sah Carla an.

      „Es ist mir schon klar, dass unser Urlaub jetzt zu Ende ist.“

      „Nein, Carla, auf keinen Fall. Ich werde Paul nur schnell informieren, er hat einige Fragen, weil er gestern erfahren hat, dass auf Marie Le Goff bereits zwei Anschläge verübt worden sind.“

      „Wenn du erst einmal damit anfängst, dann hörst du nicht mehr auf, ich

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