Die Schwarze Biene. Jean-Pierre Kermanchec

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Die Schwarze Biene - Jean-Pierre Kermanchec

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Côte Sauvage unserer Insel ist phantastisch. Dort finden Sie spektakuläre Felsen und eine wilde Brandung. Der Pointe de Pern ist der südwestlichste Punkt unserer Insel. Der Leuchtturm Nividec ist dort zu sehen. Er liegt aber ein gutes Stück im Meer. Dann wäre da noch unser Écomusée de l‘île d´Ouessant. Dann können sie hier von Lampaul aus zur zweiten Halbinsel von Feuteun-Velen gehen. Da liegt die südlichste Landspitze, die Point de Porz Doun. Schließlich wäre dann der Phare du Stiff, den hat Vauban noch gebaut. Gleich dahinter steht der neue Radarturm, der ist für die Rail d´Ouessant gebaut worden. Sie werden bestimmt davon gehört haben?“

      „Ich habe davon gelesen, die gesamte Schifffahrt durch den Kanal wird von dort aus kontrolliert.“

      „Nun, von dem Radarturm nicht, das Kontrollzentrum ist auf dem Festland.“

      „Vielen Dank für die ausführlichen Informationen, mal sehen, was wir uns alles in den wenigen Tagen ansehen können.“

      „Wie lange bleiben Sie bei uns?“

      „Eine Woche haben wir uns vorgenommen.“

      „Ach, dann können Sie alles zweimal besuchen. Mit dem Fahrrad fahren manche Besucher die wesentlichen Sehenswürdigkeiten schon in einem Tag ab. Selbst wenn Sie alles zu Fuß unternehmen, was ich Ihnen raten würde, haben Sie in vier Tagen alles gesehen.“

      Ewen bedankte sich nochmals für die Ausführungen, leerte seinen Lambig und ließ die Rechnung aufs Zimmer schreiben. Dann ging er zu Carla hinauf.

      Carla hatte den Koffer ausgepackt und sich umgezogen. Sie war bereit zu einem ersten Inselspaziergang.

      „Möchtest du dir auch noch etwas anderes anziehen?“

      Ewens Kopfschütteln sagte ihr, dass sie sich auf den Weg machen konnten.

      Ewen war von Tanguy Kerlann bestens instruiert worden und so machte er Carla den Vorschlag, doch gleich einmal zum Phare du Creac´h zu spazieren, auf der nördlichen von den beiden Halbinseln, den sogenannten Krabbenscheren, an der südwestlichen Seite der Île d´Ouessant. Die Côte Sauvage dort sei absolut sehenswert.

      Das Wetter meinte es gut mit ihnen. Der heftige Wind schien sich während der Überfahrt ausgetobt zu haben, und die Sonne strahlte vom leuchtend blauen Himmel. Die Insel erschien wie eine Oase der Ruhe. Auf ihrem Weg zum Leuchtturm begegneten sie keiner Menschenseele. Sie gingen an zahlreichen Schafweiden vorbei und sahen vereinzelt einige Pferde auf den Koppeln stehen. Schon von Weitem war der Leuchtturm zu sehen, der wie eine schwarzweiß gestreifte Zuckerstange in den Himmel ragte.

      Sie näherten sich einem der Wahrzeichen der Insel und den vom Wirt beschriebenen Klippen, als plötzlich ein wild gestikulierender Mann auf sie zugerannt kam. Ewen erkannte den jungen Jean Le Goff, der jetzt atemlos bei ihnen angelangt war.

      „Marie, Marie! Sie ist abgestürzt, haben Sie ein Handy?“

      Ewen zögerte nicht lange und wählte die Notrufnummer. Er gab den Standort durch und der Mann am anderen Ende versprach, umgehend Hilfe zu senden. Ewen machte sich keinerlei Gedanken, wer den Anruf entgegen genommen hatte. Ansonsten hätte er sich sofort die Frage gestellt, woher die Hilfe kommen könnte. Auf der Insel gab es nicht so viele Möglichkeiten. Er erinnerte sich, gelesen zu haben, dass nur in den Sommermonaten der Posten der Gendarmerie mit vier Männern besetzt war. War jetzt überhaupt jemand da?

      Es dauerte nur wenige Minuten und Ewen hörte, wie sich ein Fahrzeug ihrem Standort näherte. Der Kleinlaster gehörte wohl einem Unternehmer, der hier auf der Insel einen Betrieb führt. Auf der Ladepritsche lagen mehrere Leitern und eine Reihe von Seilen. Ewen hatte den Eindruck, dass der Wagen stets vorbereitet auf so einen Einsatz wartete. Jean Le Goff eilte auf den Kleinlaster zu, als der zum Stehen gekommen war.

      „Dort hinten an der Klippe, da ist meine Frau abgestürzt, beeilen Sie sich!“

      Das Fahrzeug setzte sich in Bewegung, und Jean Le Goff rannte neben dem Wagen her. Ewen und Carla hatten jetzt keinen Blick mehr für den 55 Meter hohen Leuchtturm Phare du Creac’h, dem wichtigsten nautischen Punkt der Seefahrt in der Region, der in wenigen 100 Metern Entfernung in den Himmel ragte. Auch sie folgten schnellen Schrittes dem Lastwagen in Richtung der Klippen, ohne zu überlegen, was sie dort helfen konnten.

      Als sie an den Klippen ankamen, sah Ewen, dass Jean mit den Helfern an der Abrisskante der Felsen hin und herging und immer wieder nach unten sah. Er schien seine Frau zu suchen, aber nicht sehen zu können. Carla war etwas weiter entfernt stehen geblieben, während Ewen zu dem Mann mit dem Kleinlaster an den Steilhang getreten war.

      „Ist die Frau tief abgerutscht?“

      „Schwer zu sagen, jedenfalls scheint sie verschwunden zu sein. Ihr Mann hat uns die Stelle gezeigt, an der sie abgerutscht sein soll, aber es ist nichts zu sehen, nicht einmal richtige Spuren. Das Gras ist etwas niedergetreten, das kann aber auch von ihrem Mann stammen.“

      „Seltsam!“, sagte Ewen und ging in die Richtung der angeblichen Absturzstelle.

      Er sah hinunter auf die Wellen, die sich an den Klippen brachen und auf das Wasser, das sich schäumend um die zahlreichen, herausragenden spitzen Felsbrocken zu winden schien. Mit jedem erneuten Auftreffen einer Welle stoben Wasserperlen in die Luft und bildeten für Sekunden einen Schleier. Mit großer Wucht trafen die Wellen auf den Granit der Insel. Zwischen den großen Steinen sammelte sich weißer Schaum, aus dem vom Wasser aufgeschlagenen Eiweiß der Meeresalgen und bildete einen dichten Teppich, der selbst noch aus einer Höhe von fast 30 Metern zu sehen war. Sollte die Frau an dieser Stelle hinuntergestürzt sein, dann wäre sie von den Wassermassen hinaus aufs Meer gezogen worden. Ewen konnte sich nicht vorstellen, dass sie einen Absturz an dieser Stelle überlebt haben konnte.

      Mit den Augen suchte er den Hang nach Spuren ab, die ein rutschender Körper hinterlassen haben konnte. Ewen konnte nichts entdecken. Inzwischen waren Jean Le Goff, und zwei weitere Männer der herbeigeeilten Helfer, bei Ewen angekommen. Sie hatten die Klippenabschnitte rechts und links der beschriebenen Stelle auf einer Länge von 200 Metern abgesucht, ohne eine Spur von der Frau zu entdecken. Jean raufte sich unentwegt seine Haare und rief ständig:

      „Hier war es, ich bin mir sicher, es war genau hier! Wo ist meine Frau?“

      Einer der Helfer nahm sein Funksprechgerät in die Hand und rief die Leitstelle an. Er schilderte kurz die Situation und bat um Unterstützung von der Seenotrettung. Dann wandte er sich an Jean Le Goff.

      „Monsieur Le Goff, ich habe um Unterstützung von der Seenotrettung gebeten. Es wird eine Weile dauern, bis das Boot hier eingetroffen ist, es muss um die Halbinsel herumfahren, denn das Rettungsboot ist im Hafen von Lampaul stationiert. Wir suchen dann vom Meer aus weiter. Ist Ihre Frau eine gute Schwimmerin?“

      „Ja, sie kann sehr gut schwimmen.“

      „Das Wasser ist kalt, da kann sie es nicht lange ohne einen Schutzanzug aushalten. Vielleicht ist sie ja ins Wasser gestürzt und hat sich an einer zugänglicheren Stelle wieder an Land retten können. Ich will Ihnen aber keine große Hoffnung machen. Wenn sie hier abgestürzt ist, stehen ihre Chancen nicht gut.“

      Ewen beobachtete Jean, während ihm der Helfer die Situation erklärte. Ewen erkannte kaum eine Regung im Gesicht des Mannes.

      Würde man ihn mit so klaren Worten auf den Tod von Carla vorbereiten, wäre seine Reaktion bestimmt nicht so gefasst. Er nahm wahr, wie sich sein kriminalistischer Instinkt breit zu machen begann und die Gedanken an einen

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