Mark Feller. Michael Bardon

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Mark Feller - Michael Bardon Mark Feller

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Briegel deutete mit seinem kahlen Schädel ein knappes Nicken an. »Haben Sie den ausgesucht?«

      »Nein! Jemand anders hat das Grab arrangiert. Ich halte es nur sauber und zünde hin und wieder eine Kerze an.«

      Mein Blick strich erneut über den Friedhof. Briegels Männer standen mit dem Rücken zu uns; sie schienen von unserem Gespräch keinerlei Notiz zu nehmen.

      »Verstehe, die Familie.« Der Staatssekretär setzte sich, die Hände tief in den Manteltaschen vergraben, neben mich auf die marode Bank.

      Bestimmt nicht!, dachte ich, sagte jedoch nichts.

      »Ein schöner Platz, um den ewigen Frieden zu finden. Wenn es mich mal erwischt, würde ich mir auch so ein friedvolles Örtchen wünschen«, sagte Briegel mit gedämpfter Stimme.

      Ich beschloss, dieser Plauderei ein Ende zu bereiten, und fragte knapp, »Was wollen Sie?«

      Friedvolle Stille … Na ja, ich meine jetzt nicht wirklich die Art von friedvoller Stille, die Sie sich gerade ausmalen. Dazu war hier einfach zu viel los. Von der nahen Schnellstraße brandete der Verkehrslärm zu uns herüber, ein paar Gräber weiter harkte eine ältere Dame die Erde auf einem Grab durch und keine zwanzig Schritte von unserer Bank entfernt füllte ein Friedhofsgärtner die hässlich grünen Gießkannen an einer quietschenden, ebenfalls grünen Handschwengelpumpe auf.

      Dennoch herrschte, zumindest neben mir, schlagartig Stille, als der Staatssekretär geräuschvoll die Luft einzog und im nächsten Moment seine Lippen aufeinanderpresste.

      »Reden wir nicht um den heißen Brei herum. Was treibt Sie vom fernen Berlin hier zu mir nach Frankfurt?«

      Ich ließ Briegel jetzt nicht mehr aus den Augen. Meine Neugier war geweckt, ich wollte wissen, was den Staatssekretär veranlasst hatte, seine heiligen Hallen zu verlassen.

      Er musterte mich abschätzend. Das Blau seiner Iris strahlte so intensiv, dass ich unwillkürlich an eingefärbte Kontaktlinsen dachte.

      »Wir müssen reden«, sagte er, während sein Blick abermals zu Julias Grab schweifte. »Über sie und … über Sie.«

      »Ich habe meine Aussage bereits vor dem Untersuchungs- ausschuss gemacht«, sagte ich, konnte jedoch den bitteren Unterton in meiner Stimme nicht ganz verleugnen.

      »Ich weiß, ich war dabei.«

      »Na, dann ist doch alles gesagt.«

       »Nein, ist es nicht!« Briegel schüttelte sein kahles Haupt. »Wissen Sie, die Sache beschäftigt mich noch immer. Ich habe Erkundigungen über Sie eingezogen, Feller. Klammert man das Unglück einmal aus … na ja, dann ist Ihre Dienstakte wirklich beeindruckend. Ihre Vorgesetzten bei der Bundeswehr halten große Stücke auf Sie und beim BND hätte man Sie lieber heute wie morgen wieder zurück.«

      Briegels dünne Lippen verzogen sich nun zu einem angedeuteten Lächeln; nach einer kurzen Pause sprach er weiter. »Ihnen eilt der Ruf voraus, ein erstklassiger Ermittler zu sein, der, und jetzt berufe ich mich auf Ihren Brigadegeneral, manchmal eben auf nicht alltägliche Vorgehensweisen zurückgreift. Er findet das im Übrigen völlig legitim, solange Sie gewisse Grenzen nicht überschreiten, sagt er.«

      Ich starrte mein Gegenüber an, während in meinem Kopf ein Dutzend Warnlampen aufflammten – meine innere Stimme fragte, was die Bauchpinselei sollte.

      Abermals fixierten mich die blauen Augen des Staatssekretärs. »Sind Sie der Sache weiter nachgegangen, Feller?«

      Ich schüttelte den Kopf, eine unbewusste Reaktion. Natürlich hatte ich versucht, weiter an der Sache dranzubleiben. Das war ich Julia schuldig. Dem Informanten, der bei dem Sprengstoffattentat ja ebenfalls ums Leben gekommen war, natürlich auch. Doch die Spur war erkaltet und außer dem Gerücht, es gäbe einen europaweiten Menschenhandel mit Asylsuchenden hielt ich nichts Greifbares in den Händen.

      Meine Gedanken schweiften ab. Ich sah mich jetzt selbst über den belebten Platz mit den vielen kleinen Cafés in Sachsenhausen laufen, Julia keine zwanzig Schritte vor mir. Sie steuerte geradewegs auf eine schmale Gasse zu, in der sich neben einer kleinen Sisha-Bar hauptsächlich türkische und arabische Läden befanden.

      Mein Blick zuckte unruhig hin und her, während ich gleichzeitig versuchte, Julia im Gedränge nicht aus den Augen zu verlieren. Ich war etwas zurückgefallen, nicht viel, vielleicht acht, neun Schritte. Meter um Meter schob ich mich durch die Menge. An den umliegenden Tischen wurde geplappert und gelacht – es roch nach Essen, Kaffee, Apfelwein und Bier. Wortfetzen wehten zu mir herüber – ich versuchte, sie zu ignorieren und mich ganz auf Julia zu konzentrieren.

      Näher … näher, verdammt du bist noch immer zu weit weg, dachte ich, während Julia vor mir in die schmale Gasse einbog …

      »Wissen Sie, Feller, es fällt mir wirklich schwer, Ihnen das zu glauben«, knurrte Briegel. Sein Lächeln war verflogen, um seine Mundwinkel hatten sich tiefe Furchen gebildet.

      »Tja, das ist jetzt wirklich nicht mein Problem«, erwiderte ich ungerührt, während ich aufstand und meine steif gewordenen Knie vorsichtig durchdrückte.

      Der Herbst neigte sich dem Ende entgegen, ein kühler Luftzug strich über mein Gesicht – mich fröstelte, ich zog die Schultern hoch und schlug den Kragen meiner Lederjacke nach oben.

      »Wie gut kannten Sie Frau Fischer?« Briegels Stimme hatte ihre Klangfarbe geändert. Sie klang jetzt schärfer, ungeduldiger, eine Spur fordernder als zuvor.

      Ich hielt in der Bewegung inne und starte auf den Staatssekretär, der nach wie vor götzengleich auf der Parkbank saß. »So gut wie ich sie kennen musste, um sie zu lieben.« Meine Stimme war belegt.

      »Hat sie Sie auch geliebt?«

      Die Frage kam so unerwartet, dass es mir glatt die Sprache verschlug. Was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein …? Natürlich hatte Julia mich geliebt. Das stand außer Frage. Völlig außer Frage!

      »Was wollen Sie?«, quetschte ich hervor.

      »Wissen Sie, Feller, Frau Fischers Tod hat viele Fragen aufgeworfen, von denen nach wie vor eine ganze Menge unbeantwortet sind.«

      »Fragen? Was für Fragen? Ich verstehe nicht, was Sie meinen.« Ich spürte, dass ich innerlich in Lauer-Stellung ging.

      Briegels Augen wanderten zwischen Julias Grab und meinen hin und her. »Na ja, es ist so, dass wir bis heute nicht abschließend klären konnten, wer die beiden Toten in der Gasse wirklich waren«, sagte er, den Blick nun nachdenklich auf Julias Grabstein gerichtet.

      »Was soll das heißen? Wollen Sie damit etwa andeuten, das … dass Frau Fischer noch leben könnte?«, fragte ich.

      Bilder tanzten vor meinen Augen: Julia, ein arabisch aussehender Mann, ein dunkler Schatten in der Luft und dann ein greller, alles auffressender Blitz …

      Soll ich Ihnen etwas sagen: Es klingt verrückt, ich weiß. Aber bei Briegels Worten schöpfte etwas in mir neuen Mut oder nennen wir es: Hoffnung.

      Meine Gedanken schweiften abermals ab, ich sah mich wieder über den belebten Marktplatz in Frankfurt-Sachsenhausen laufen. Julia bog gerade in die schmale Gasse ein, an deren Ende sie den Tippgeber treffen wollte. Wir kannten den Mann nicht, doch die vagen Andeutungen, die er Julia am Telefon preisgegeben hatte, klangen

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