Milten & Percy - Das Schloss der Skelette. Florian C. Booktian

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Milten & Percy - Das Schloss der Skelette - Florian C. Booktian Milten & Percy

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entgeistert hinterher. Der machte, dass er aus dem Laden kam. Percy wedelte mit seinem Schwanz, als wollte er testen, ob sein pelziges Stück noch in Ordnung war. Er war heil geblieben. Percy sah, wie der Bierbäuchige in einen Pick-up stieg, den er scheinbar nur gekauft hatte, damit ihn der Rost auffressen konnte.

      Sein Schwanz lugte hinter Percy hervor und zeigte in Richtung Pick-up, als wolle er sagen: Und was machen wir jetzt mit dem Typen, der versucht hat, auf mich zu treten? Percy legte seine Einkäufe auf den Tresen und versprach, gleich wieder zurück zu sein.

      Genug war genug.

      Und jetzt war es an der Zeit für einen Gegenschlag. In ihm kochte eine nur allzu bekannte Wut empor, die ihn immer wieder in Erklärungsnot brachte.

      Normalerweise bewegte er sich erhobenen Hauptes auf zwei Beinen, aber auf allen vieren war er wesentlich schneller. Und genau dieses erhöhte Tempo brauchte er jetzt. Percy ließ sich auf die Vorderpfoten fallen und flitzte an dem Bierbäuchigen vorbei zum Kofferraum seines Mustangs. Er öffnete das Schloss und schnappte sich seine Dienstwaffe, die er heute Morgen in einem kleinen Safe verstaut hatte.

      Noch als er die Trommel des Revolvers mit Kugeln bestückte und die Waffe auf den Pick-up richtete, war ihm klar, dass er gerade dabei war, eine große Dummheit zu begehen.

      Am nächsten Tag verkündeten die Zeitungen:

      Berühmter Detective dreht an Tankstelle durch.

      Für Percy war der Tag nicht so gut gelaufen, und um sieben Uhr morgens legte er sich schließlich todmüde auf die Rückbank seines Mustangs, um zu schlafen.

      Dafür gingen die Dinge in Sharpytown ihren gewohnten Gang. Die Stadt war berühmt für ihre Buntstiftproduktion und ein Großteil der Bevölkerung arbeitete in der gleichen Fabrik. Hier stellte man Stifte her, die später in die ganze Welt verschifft wurden. Die Kinder der Erdhalbkugel malten damit Bilder aus, während die Stifte in Gnaa aufgrund ihrer Ton- und Wachsmine als Delikatesse galten.

      Der gesamte Betrieb der Stadt war auf die Buntstiftproduktion ausgerichtet. Sharpytown hatte seinen eigenen Wald, der das Holz für die Stifte lieferte, eine große Imkerei, die dafür sorgte, dass nur das beste Bienenwachs für die Wachsmalstifte verwendet wurde, und mehrere große Silos mit verschiedenen Farben, Fetten und Klebstoffen, die alle irgendwann als Buntstiftminen in der Sonne trockneten.

      In der Fabrik verpackte man gerade die letzte Ware des Tages. Bald würde die Buntstiftproduktion stillstehen, denn alle Einwohner trafen sich zu Mittag auf dem Dorfplatz zum zweihundertsten Jubiläum ihres Heimatortes.

      Wer mit seiner Arbeit bereits fertig war, half bei den Vorbereitungen für das Fest. Auf dem Dorfplatz wurden Bänke aufgestellt und ein großer Grill an eine Gasflasche angeschlossen. Getränke wurden in Kühlschränken verstaut und Preistafeln aufgehängt.

      Und während die Einwohner eifrig mit den Vorbereitungen beschäftigt waren, zogen über einem ganz bestimmten Ort in Sharpytown dunkle Wolken auf. Sie waren groß und schwer und voller Regen. Regen, der für einen ganz bestimmten Zweck vorgesehen war. Die Wolken gingen direkt über dem gigantischen Erdhügel in Stellung, der in der Stadt als Dirthill bekannt war. Auf dem kahlen Berg aus Erde wuchs kein Gras und auch kein Unkraut, fast so, als würde sich die Erde hin und wieder bewegen und so alles Lebendige davon abhalten, sich niederzulassen. Der Erdhügel befand sich vor dem kleinen See, der etwas außerhalb von Sharpytown lag. Der See war durchaus beliebt. Die Älteren spazierten Hand in Hand um ihn herum und erinnerten sich an ihre Jugend. Eine Zeit, als Hüftprobleme noch weit in der Ferne lagen und alles noch von alleine dicht gehalten hatte.

      Die Jüngeren saßen darum herum und fummelten. Und Sharpytowns Einwohner mittleren Alters wählten den Ort für den Beginn ihrer Midlife-Crisis wenn sie die frisch verliebten Teenager sahen, die sich betatschten, und die glücklichen alten Paare, die von Parkbänken aus die Landschaft betrachteten.

       Der Erdhügel war schon immer Teil der Seelandschaft, und nur wenige der Alten konnten sich noch erinnern, was darunter verborgen war. Ein Relikt aus älteren Zeiten. Ein Gebäude, das einst als das Planungszentrum schrecklicher Gräueltaten gedacht war. Jedenfalls bis man den Besitzer des Bauwerks geschnappt und vergraben hatte. Und dann war Schluss.

      Bis jetzt.

      Die Wolken taten ihren Dienst und ein Jahrhundertschauer ging auf Dirthill nieder. Er würde erst wieder aufhören, wenn er freigelegt hatte, was sich unter dem Erdhügel befand.

      Eine Turmspitze ragte bereits aus der nassen Erde hervor.

      4

      Percy parkte seinen Mustang hinter dem Polizeigebäude und huschte durch den Eingang ins Innere. In seinen Pfoten hielt er eine Tüte Chips, und auf dem Rücken trug er einen kleinen Rucksack, in dem sich eine Stange Zigaretten befand und ein Discman, der die Bügelkopfhörer auf seinem Kopf mit Musik versorgte.

      „Guten Morgen, Percy“, rief eine alte Frau in Uniform und knallte einen Stapel Akten auf den Empfang.

      Percy winkte ihr mit einem Chip in der Pfote zu und drängte sich in den vollen Aufzug. Sein Vorgesetzter hatte ihn zu sich bestellt, und angesichts der Geschehnisse des letzten Abends konnte das nichts Gutes bedeuten. Nicht dass es Percy sonderlich interessiert hätte. Er hatte eine volle Tüte Chips, gute Musik und die Stange Zigaretten, die er dem Bierbäuchigen als Wiedergutmachung abgenommen hatte. Für ihn war die Welt im Hier und Jetzt völlig in Ordnung. Und letzte Nacht hatte er mehr Schlaf bekommen als in allen Wochen zuvor. Fünf volle Stunden, zwar nicht allzu gemütlich, aber dafür erholsam. So gut wie jetzt war es ihm schon lange nicht mehr gegangen, und wenn man ihn feuerte, würde er erst mal Urlaub machen.

      Die Türen des Aufzugs öffneten sich, und Percy stapfte durch das Meer aus Geräuschen, die für Verwaltung und Polizeiarbeit standen. Schreibmaschinen, die von alten Beamten bearbeitet wurden, die sich einfach nicht mit Bildschirm und Kabel anfreunden konnten, unanständige Witze, die gerissen, und Unterlagen, die von einem zum anderen Tisch getragen wurden. Heute bekam er von dem allen nichts mit, denn alles, was er hörte, war ELOs „Confusion“.

      Percy trat die Türe zu seinem Vorgesetzten auf, der gerade telefonierte, und nahm, genüsslich den nächsten Chip verspeisend, auf einem Stuhl Platz.

      „Was gibt’s, Chefchen?“, sagte er, streifte seine Kopfhörer ab und erntete einen grimmigen Blick von seinem telefonierenden Captain. Mit angespanntem Mundwinkel schüttelte der den Kopf und seine Geste sagte deutlich: Was hast du dir dabei nur gedacht?

      Percy zuckte mit den Schultern und griff in die Tüte mit den Chips.

      „Snack?“, fragte er und bot seinem Gegenüber einen Chip an.

      Der Chip wurde ihm aus der Pfote gerissen und der angespannte Mundwinkel wurde zu einem flüchtigen Lächeln. Nur für den Bruchteil einer Sekunde, aber lange genug, damit Percy erkannte, dass er sich nicht in ernsthaften Schwierigkeiten befand.

      Sein Vorgesetzter war ein zierlicher kleiner Mann mit Halbglatze und Hornbrille, der stets im Anzug auftrat und sein Temperament ebenso gut zu kontrollieren wusste wie seine Angestellten. Er war weder streng noch nachgiebig, sondern der Typ, der sich nicht zu schade war, auch mal selbst mit anzupacken. Und das auch, wenn es nur darum ging, Möbel zu verrücken oder die Post zu verteilen. Sein Name war Captain Joe Thursday und er war mächtig in Ordnung.

      „Da hast du dir ganz schön was geleistet“, sagte der Captain und klopfte die Chipskrümel von seiner Krawatte.

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