Kleine Flügel machen Freunde. Alexandra Bauer

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Kleine Flügel machen Freunde - Alexandra Bauer

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der Wie­se, roch gedankenlos daran und warf es dann achtlos weg. Eilig machte er sich auf den Weg zur Drachen­höhle. Er wollte sofort erfahren, warum er nicht flie­gen konnte.

      „Thubano! Was machst du schon so früh zu Hause?“, rief seine Mutter erstaunt, als er den nackten Felsen vor der Drachenhöhle hinaufgeklettert war.

      Thubano schaute von seiner Mutter zu seinem Va­ter, presste die Lippen zusammen und fragte trotzig: „Sagt mir, warum ich noch nicht fliegen kann!“

      „Mein Junge“, sagte seine Mutter, „es braucht Zeit. Alle Drachen brauchen Zeit!“

      Der Drachenvater warf ihr einen verzagten Blick zu und seufzte.

      „Still, Molda. Wir haben nun lange genug geschwie­gen und nicht die Wahrheit gesagt. Es war doch von Anfang an klar, dass er es einmal herausfinden wür­de. Komm, mein Sohn. Es wird Zeit, dir etwas zu sa­gen.“

      Gemeinsam verließen sie die Höhle. Krowál war der Meinung, dass man sich beim Gehen am besten unterhalten konnte.

      „Es ist nun schon neun Herbste her. Es war eine fabelhafte Nacht, goldrichtig, um einen kleinen Prin­zen wie dich willkommen zu heißen. Es war übrigens auch die letzte Sommernacht in jenem Jahr. Wenn nun kleine Drachen unserer Art geboren werden, haben sie zarte, aber ausgebildete Schwingen. Zwar dauert es noch eine Weile, aber nach zwei Monden haben sie die Kraft sie auch zu benützen. Du hattest kleine Flügel, die selbst mit deinem Größerwerden nicht wuchsen. Zuerst glaubten wir, dass es mit der Zeit besser würde, doch dann gaben wir die Hoffnung auf. Wir haben uns auch bei den wichtigsten Kapazitäten erkundigt, aber nie­mand wusste Rat. Ich fürchte, du wirst nie fliegen kön­nen!“

      Thubano war fassungslos.

      „Ihr habt mich all die Jahre belogen?“, fragte er. „Warum habt ihr mir nie die Wahrheit gesagt?“

      „Wir brachten es einfach nicht übers Herz. Du warst so glücklich, so unbeschwert, hast jeden Tag deines Lebens genossen. Wir wollten ...“

      Thubanos Gedanken schweiften ab. Sein Vater war sanft und versuchte ihn zu trösten, doch der kleine Drache konnte und wollte ihm nicht mehr zuhören.

      Er fühlte sich verraten und hintergangen. Alle sei­ne Geschwister waren schon lange fort und nur noch er lebte bei seinen Eltern. Mirischka und Porka konn­ten schon seit seiner Geburt fliegen, obwohl sie zu dieser Zeit selbst erst drei Sommer alt waren. Darüber hatte er nie nachgedacht.

      „Ich hoffe, du kannst uns verzeihen“, beendete der Vater seinen Satz.

      Thubano schaute hoch und schluckte: „Lass mich alleine, Vater. Ich muss über alles nachdenken! Es tut weh, dass ich nie werde fliegen können! Lass mir Zeit!“

      Krowál nickte nur.

      Die nächsten drei Tage ging Thubano nicht in die Höh­le zurück. Als er am Morgen des vierten Tages am Höhleneingang stand, wollte ihn Molda sofort umar­men. Doch Thubano wehrte ab.

      „Ich bin neun Herbste alt und muss wie alle ande­ren Drachenkinder in die Welt ziehen“, sagte er.

      Molda stieß einen leisen Schrei aus. Hilfe suchend blickte sie zu ihrem Mann.

      Krowál saß in einer kleinen Nische und dichtete gerade. Es war seine liebste Beschäftigung. Nun legte er den Federkiel beiseite und runzelte die Stirn.

      „Thubano, sei vernünftig. Was glaubst du denn? Du bist nicht wie die anderen. Wie willst du vor deinen Feinden fliehen, wenn du nicht fliegen kannst?“

      „Und wie soll ich das herausfinden, wenn ich mein Lebtag lang in diesem Tal bleibe? Wenn ich nie fort­komme?“, fragte Thubano heiser.

      „Papperlapapp! Das ist doch Unsinn! Du weißt gar nicht, wie gefährlich das für dich sein kann!“, fauchte Krowál. Er bekräftigte seine Worte mit einer strikten Handbewegung.

      „Ich habe immer noch mein Feuer“, versetzte Thubano.

      „Nichts da! Du tust, was ich sage, und bleibst hier!“

      „Ihr habt mich neun Herbste lang belogen, auf euch höre ich nicht mehr“, antwortete der kleine Drache eigensinnig. Noch während er sprach, erfüllte ihn eine tiefe Traurigkeit. Die Eltern würden ihm sehr fehlen.

      „Thubano, mein Kind, denke erst noch einmal da­rüber nach ...“, bat die Mutter.

      „Nein, Mutter“, unterbrach sie Thubano. „Ich habe lange genug darüber nachgedacht. Hier hält mich nichts mehr.“

      Molda hob die Hände, doch Krowál kam ihr zuvor.

      Er machte ein paar Schritte auf Thubano zu. Dann blieb er stehen.

      „Wenn du meinst, dass dich hier nichts mehr hält, dann können wir dich nicht halten!“, meinte er harsch und stapfte in eines der vielen Höhlenzimmer davon.

      Molda schnäuzte sich und wischte eine Träne weg, die ihr über die Backe gerollt war.

      „Sei ihm nicht böse. Natürlich wissen wir, dass je­des Drachenkind in die Welt ziehen muss. Bei dir fällt es uns aber besonders schwer! Versprich mir, dass du auf dich aufpasst!“

      Schnell drehte sich Thubano um und verließ die Drachenhöhle. So konnte er die Tränen nicht sehen, die seiner Mutter über das Gesicht liefen.

      Das Drachental mit der Höhle von Thubanos Eltern lag in der Mitte eines gewaltigen Gebirgsmassivs. Von allen Seiten wurde es von mächtigen, gezackten Ber­gen umgeben. Kein Feind hatte es je entdeckt und kein Mensch hatte je einen Fuß in dieses Tal gesetzt.

      Die Pfade über diese steilen Felsen waren mühsam und es war beinahe unmöglich, die steilen Felswände zu Fuß zu überwinden.

      Alle Drachenkinder verließen das Tal erst, wenn sie das Fliegen gelernt hatten und die Gipfel nicht zu Fuß bewältigen mussten.

      Thubano jedoch hatte keine Wahl. Da er nicht flie­gen konnte, musste er das Gebirge zu Fuß überque­ren. Er hatte einmal gehört, dass die Felsen im Wes­ten weniger steil und deshalb wegsamer seien. Dort wollte er sein Glück versuchen.

      Doch als er die unheimlich bedrohlichen, aufra­genden Gebirgskämme vor sich sah, verließ ihn bei­nahe der Mut. Wie sollte er diese Hindernisse über­winden?

      Schweigend und ehrfürchtig stand er im Tal und blickte an der Felswand empor. Schließlich fasste er sich ein Herz.

      „Ich schaffe es. Ich muss es schaffen. Ich werde da hochklettern“, machte er sich Mut.

      Er sprang auf einen Vorsprung und von da zum nächsten. Die schroffen, zerklüfteten Wände verlie­hen seinen Krallen festen Halt und er kam schneller vorwärts, als er gedacht hatte. Geschickt nutzte er jede Ritze, jede Rauheit der Felsen. Doch je höher er kam, desto schwieriger wurde es. Das Gestein wurde zu­nehmend glatter und steiler.

      Er hatte Mühe, auch nur den kleinsten Spalt zu fin­den. Wenn seine Krallen Halt in einer Ritze hatten, ertasteten seine Füße den nächsten sicheren Halt. Dann erst löste er seine Krallen, um eine Ritze weiter oben zu suchen.

      Auf

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