Kleine Flügel machen Freunde. Alexandra Bauer

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Kleine Flügel machen Freunde - Alexandra Bauer

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Drachenjagd schrecken sie nicht zurück“, krächzte Mirakel und hopste Thubano voraus.

      Thubano verstand plötzlich, weshalb weder Baralon noch sein Vater große Lust gehabt hatten, ihm von die­sen Wesen zu erzählen.

      Mirakels kleine Hütte lag deshalb auch tief versteckt im dichten Unterholz. Der Waldschrat fürchtete die Menschen. Einmal hatten sie ihn bis zur Erschöpfung gejagt, doch Mirakel hatte in allerletzter Sekunde ent­kommen können. Ein anderes Mal hatten sie seine alte Hütte völlig zerstört, die er damals noch nicht so tief im Wald gebaut hatte. Zum Glück war er zu dem Zeit­punkt nicht zu Hause gewesen!

      „Aber jetzt hab ich sie reingelegt! Mein Versteck finden sie nicht mehr so schnell“, lachte er listig. „Halte dich aber um Himmels willen abseits dieser Geschöpfe, wenn dir dein Leben lieb ist!“

      Thubano musste dem Waldschrat feierlich schwö­ren, dass er Menschen gegenüber immer vorsichtig sein würde. Erst danach ließ Mirakel den erschöpften Drachen auf einem Nachtlager aus Ästen und Blät­tern schlafen. Am nächsten Morgen wurde Thubano schon sehr früh von Mirakel geweckt. Der Waldschrat trug einen großen Korb in seiner linken Hand.

      „Guten Morgen“, begrüßte er den Drachen fröhlich. „Ich gehe auf Pilzsuche. Gehe ich richtig in der An­nahme, dass du gleich weiterziehen willst?“

      „Da hast du Recht“, bestätigte Thubano und rieb sich den Schlaf aus den Augen. „Ich danke dir für alles.“

      „Dass du aber auf dich Acht gibst! Du kannst zwar nicht fliegen, aber du hast kräftige Krallen. Klettere also auf einen Baum, wenn du dich in Gefahr glaubst. Gehe nicht zu tief in die Wälder, aber verlasse sie auch nicht. Und meide auf jeden Fall die Dörfer der Men­schen. Ich glaube zwar nicht, dass deine Suche nach einem Gleichgesinnten Erfolg hat, aber wenn du nur ausdauernd danach suchst - wer weiß? Vielleicht fin­dest du den Grund dafür, dass deine Flügel nicht wach­sen und man kann etwas dagegen tun.“

      „Du glaubst, es könnte ein Heilmittel für mich ge­ben?“, fragte Thubano begeistert.

      „Gar nichts glaube ich“, fauchte der Waldschrat. „Ich sagte: vielleicht.“

      Thubano senkte den Kopf.

      „Na, na, na. Was muss ich da sehen. Du wirst dir doch von so einem Wicht wie mir nicht den Mut neh­men lassen! Man kann alles finden, wenn man nur danach sucht. Manchmal ist man allerdings ein biss­chen länger auf der Suche. Meine Großmutter hat ihre künstlichen Zähne ja auch wieder gefunden. Es hat fünf Jahre gedauert, ehe sie sie wieder hatte.“

      Thubano blickte auf. Ein verschmitztes Lächeln lag nun auf seinen Lippen.

      Mirakel zog die linke Augenbraue hoch.

      „Wusste ich doch, dass ich dich mit dieser Ge­schichte aufheitern kann“, brummte er, während er die Tür öffnete. Strahlendes Tageslicht flutete in den Raum.

      „Na los, kleiner Drache. Ich begleite dich noch ein Stück“, sagte er mit einem Wackeln seines Kopfes.

      Der kleine Drache streckte sich. Erst den einen Fuß, dann den anderen. Er reckte beide Arme nach oben und gähnte ausgiebig. Er machte einen regelrechten Katzenbuckel und wackelte mit den Flügelchen. Dann folgte er dem Waldschrat.

      Hätte jemand zu dieser Stunde in jenen Teil des Wal­des geblickt, ihm wäre das ungleiche Paar eines tollpat­schigen Waldschrates und eines bezaubernden Dra­chenkindes bestimmt sofort ins Auge gefallen. Thubano hatte zwar keine richtig ausgewachsenen Flügel, den­noch war er edlen Blutes. Seine Bewegungen waren anmutig und fließend. Der Flaum seiner weiß wach­senden Mähne wehte geschmeidig im Wind.

      Der Waldschrat hingegen, ungelenk von einem Bein auf das andere wackelnd, machte den Anschein, je­den Augenblick umzufallen, so sehr schwankte er.

      Beide unterhielten sich eifrig und erst einige Wald­wege und Kreuzungen weiter blieb Mirakel stehen. Mit dem Zeigefinger deutete er vor sich.

      „Wenn du diesen Weg weitergehst, gelangst du aus dem Wald. Wandere nach Norden, dort findest du ein anderes Waldgebiet, das sich über ein Dutzend Län­der erstreckt. Vielleicht findest du dort Antworten auf deine Fragen.“

      Dem Fingerzeig des Waldschrats folgend, lief Thubano nach Norden. Er bewegte sich zwar vorsich­tig, doch geriet er tief und tiefer in den Wald. Bald hatte er sich verirrt. Als er dann auch noch fremdarti­ge Stimmen vernahm, bekam er eine Heidenangst. Was hatte Mirakel noch gesagt? Wenn du in Gefahr bist, steige auf einen Baum!

      Thubano zögerte keine Sekunde. In der Krone ei­ner knorrigen Eiche wollte er warten, bis er wieder alleine war, und er hoffte, dass sich die Stimmen in der Ferne verloren. Er duckte sich, vergrub das Ge­sicht zwischen den Pranken, kniff die Augen zusam­men und dachte an die Sommerwiesen im Drachental. Doch es war alles umsonst. Schon dröhnte eine grobe Stimme durch Äste und Blätter und eine derbe Hand zog an seinem Schwanz.

      „Was haben wir denn da? Ein kleines, dummes Schuppentier. Wie töricht von ihm, sich hierher zu wa­gen, was Männer? Es wird uns eine Menge Geld auf dem Markt bringen. Fangt es! Bindet es! Aber lebend!“

      Thubano heulte auf. Er schrie und fauchte, er zap­pelte und zuckte, er kratzte mit seinen Krallen - es nützte nichts. Die Hand zog ihn unerbittlich von sei­nem Ast herunter. Und mit hämischem Gelächter fie­len sieben Raufbolde über ihn her. Sie zerrten und zwickten und packten ihn an den Läufen, um ihm Fes­seln anzulegen. Thubano wand sich und schlug ver­gebens mit seinem Schwanz. Doch je mehr er sich wehrte, desto fester zogen sich die Schlingen. Da erinnerte ihn ein höllischer Schmerz an die Waffe der Drachen und er schleuderte all seine Wut und Ent­täuschung über die Menschen mit einem feurigen Strahl den Männern entgegen. Diese ließen schreiend von ihm ab und wichen zurück. Sie wälzten sich im Gras, um die züngelnden Flammen an ihren Kleidern zu ersticken.

      „Was soll das? Das ist ein Jungtier! Werdet ihr da­mit nicht fertig?“, brüllte der Anführer.

      Die Schreckgestalten stürmten erneut auf ihn los. Thubano drehte sich um seine eigene Achse und sein Atem bildete eine schützende Feuerwand um ihn.

       Die Männer blieben stehen und wichen zurück.

      „Mir reicht's!“, rief plötzlich einer der Männer. „Ich

      riskiere hier nicht Kopf und Kragen!“

      Und mit halsbrecherischer Geschwindigkeit lief er davon. Die anderen hinterher. Thubano spie noch ein letztes Feuer. Nur mit Mühe rappelte er sich hoch. Dann leckte er mit Tränen in den Augen die vielen kleinen Wunden. Nie wieder wollte er einem Menschen be­gegnen! Mirakel hatte Recht!

      Ein lautes Knacken von links ließ ihn zusammen­fahren. Schon wieder kampfbereit wandte er sich der Richtung zu, aus der das Geräusch gekommen war. Vielleicht waren die Kerle zurückgekommen?

      „Tu mir nichts!“, hörte er eine dünne Stimme.

      Hinter einem Baum lugte ein schwarzhaariger Jungenkopf hervor.

      Thubano fauchte ihn an: Verschwinde, Mensch, oder du spürst meinen Feuerstrahl!“

      „Bitte, tu mir nichts. Ich habe alles beobachtet. Ich bin keiner von denen. Was tust du hier so alleine im Wald. Das ist gefährlich.“

      „Bist du nicht auch alleine?“

      „Doch, aber ich bin ein Mensch,

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