Felix Morak / Meschkas Enkel. Helmut H. Schulz

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Felix Morak / Meschkas Enkel - Helmut H. Schulz

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die Haupterbin, jemals fähig sein wird, mit Geld umzugehen, sozusagen ihr Erbe anzutreten und ihr Vermögen selbst zu verwalten, meine Herren?«

      »Realiter wohl kaum«, räumte der Anwalt ein, seine Rolle als Vertrauter der Verstorbenen wahrnehmend. »Ich denke aber, daß bis zur Volljährigkeit der Erbin erst einmal alles geregelt ist. Was in zwei Jahren sein wird, können wir nicht wissen. Ihrer Schwester war jedenfalls viel daran gelegen, ihr Pflegekind versorgt zu wissen. Oder wollen Sie das Testament in Gänze anfechten, Frau«, er sah rasch in die Akte, fand den Zunamen und wartete die Antwort auf seine Frage ab.

      »Stehenden Fußes kann ich das unmöglich sagen, nicht ohne Rücksprache mit meiner Schwester. Alles kommt mir ein wenig plötzlich; ich will dem Mädel das ihr zustehende nicht entziehen, aber gleich das Haus verkaufen! Sie sagen, wir können nicht vorhersehen, was in zwei Jahren sein wird. Und weiter? Für ein ganzes Lebens wird es ja doch nicht reichen, und was geschieht eigentlich, wenn das Mädel stirbt?«

      Der Notar suchte in der Akte herum, bis er die Stelle fand, auf die es ankam; er sah den Anwalt an, als der aber Zustimmung nickte, sagte der Notar: »In diesem Falle fällt alles an den Vormund zurück und zwar ohne Einschränkung.«

      Die Nebenerbin sah nachdenklich vor sich hin. »Ist das so zu verstehen, daß mein Schwager wieder in den Besitz des Hauses kommt? Das ist ja merkwürdig.«

      »Jedenfalls ist die Verfügung klar«, sagte der Notar. »Sie können das Erbe ablehnen und natürlich gegen diese letztwillige Verfügung gerichtlich vorgehen. Ihre Entscheidung könnte ich sie in einer Woche haben? Reicht das?«

      »Gewiss, ich dachte, Sie könnten diese Dinge hier erledigen.«

      Er schüttelte den Kopf.

      »Erlauben Sie mir einen Hinweis«, sagte der Anwalt an alle gerichtet, »der Passus ist uns vielleicht nur entgangen; es handelt sich hier um keine Erbengemeinschaft.«

      »Nun, das muss gerichtlich geklärt werden, wer zum Widerspruch berechtigt ist. Suchen Sie sich einen Anwalt, der sich in Familienrecht auskennt.« Der Notar wendete sich an Isolde, die er für das Haupthindernis in diesem Verfahren hielt. »Die Jugendhilfe wird allerdings das Recht des Kindes wahrnehmen wollen; durch dieses Testament ist das Amt an dem Verfahren beteiligt. Übrigens, es muss Ihnen nicht peinlich sein, gegen Ihre verstorbene Schwester zu klagen. In der Tat sind die Bedenken, die Sie hier vor mir geäußert haben, unter Umständen juristisch relevant, natürlich ohne einem Gerichtsurteil vorgreifen zu wollen. Herr Kollege?« bezog der Notar den beteiligten Anwalt mit ein.

      Dem konnte es gleich sein, ob die Legate angenommen wurden oder ob ein Prozess anhängig wurde, bei dem er auf alle Fälle zu seinem Honorar kommen würde, aber er pflichtete seinem Kollegen bei. »So sehe ich es auch.«

      »Ja«, sagte Isolde, wieder festen Boden unter den Füßen spürend, »das meine ich doch. Also, ich denke, wir werden alles in Ruhe überlegen müssen.«

      »Damit«, sagte der Notar zu seinem Kollegen, »ist der Verkauf des Hauses wohl fraglich und hinfällig geworden. Sie sollten ihn nicht weiter betreiben, nicht bis zu Klärung dieser Angelegenheit.«

      Beruhigend erklärte der Anwalt, die Sache läge noch gar nicht beim Makler, man habe Zeit genug.

      »Schön«, geschäftsmäßig wendete sich der Notar an Morak. »Der zu erwartende juristische Einspruch Ihrer Schwägerin hätte aufschiebende Wirkung, Herr Morak. Sie können das Haus der Erbin solange nicht verkaufen, bis ein Gericht die Sache verhandelt hat, aber wie ich schon sagte, es müsste den Bedenken eben doch nachgegangen werden.«

      »Und für jetzt? Was ändert sich da?« fragte Morak.

      »Für Sie? Nichts. Sie sind ja an dem Verfahren nicht beteiligt, vorläufig nicht.« Er klappt den Aktendeckel zu, erhob sich und entließ die Klienten mit einer verbindlichen Geste.

      Kapitel 5

      Obschon Hanna von der Sache, die sie betraf, kaum etwas verstanden hatte, spürte sie, daß die Stimmung zwischen den beiden Erwachsenen getrübt und vonseiten Isoldes gegen sie gerichtet war. Sie ging zwischen beiden die Hauptstraße ins Hotel zurück, wo sie mit ihrer Pflegetante ein Doppelzimmer bekommen hatte, während Morak ein Einzelzimmer bewohnte; für ein paar Tage, wie er meinte. Ob in dieser Zeit eine Entscheidung fiel, für oder gegen sie, als Haupterbin, lag bei den beiden Erwachsenen, die auf dem Rückweg bedrückt und in Gedanken versunken schwiegen. Erst beim Empfang, als sie die Zimmerschlüssel beim Portier erhoben, schlug Morak vor, sich in einer halben Stunde im Vorraum des Hotels zu treffen, und ein Lokal zum Essen aufzusuchen.

      »Rufe deine Schwester an«, riet er ihr, »ihr beide werdet ja wohl allerlei zu berappeln haben; sie wird ein Wörtchen mitreden wollen.«

      Seine Schwägerin nickte, dann sagte sie in einem wärmeren Ton zu Hanna: »Na, dann komm mal, armes Tier, was machen sie bloß mit dir?«

      Es klang wie, was machen wir bloß mit dir. Um ihren Ruf hätte sie sich nicht sorgen müssen. Ihr Schwager Morak war weit entfernt, einer Änderung des Testamentes große Wirkung auf sein und Hannas Leben beizulegen, zumal der Erlös aus dem Verkauf, sollte es dazu kommen, seinen Pflegling nicht bis in die aschgraue Ewigkeit sicherstellen würde. Umso mehr erwartete er von dem Treffen mit seiner Künftigen, wie er sie nannte, die er nur vom Bild her kannte, deren Briefe er empfangen und unbeholfen beantwortet hatte, und deren Stimme am Telefon ein angenehmes Gefühl in ihm weckte. Als die bei den Frauen nach unten in die Hotelhalle kamen, waren sie äußerlich verändert. Isolde trug ein elegantes Kleid unter ihrem Pelz, hatte Hanna nach ihrem Geschmack zurechtgemacht, und dem blassen aufgedunsenen Gesicht der Jungen mit etwas Farbe aufgeholfen. Man hätte sie leicht für Mutter mit heranwachsender Tochter halten können. Die hier in die Rolle der Mutter geschlüpft war, schob ihren Arm unter den des jungen Mädchens, und führte sie gleichsam dem wartenden Vater zu. Sie brachen auf und fanden in der Nähe ein billiges, schwach besetztes Lokal, bestellten etwas verspätet Mittagessen und Getränke. Noch während des Essens bemerkte Isolde, daß auch ihm an der Verbesserung dieses Testamentes liegen müsse.

      »Ich verstehe meine Schwester überhaupt nicht mehr; was hat sie sich dabei gedacht? Nicht nur wir als Schwestern, auch du bist von ihr ja völlig übergangen worden! Habt ihr euch denn nicht mehr verstanden?«

      Er erklärte, daß er als Ehemann und nunmehr Witwer auf einen gesetzlichen Anteil, vielleicht infolge der Gütertrennung, keinen Anspruch mehr habe und somit aus der Sache ganz heraus sei.

      »Wieso denn? Eure Gütertrennung kam doch unter ganz anderen Voraussetzungen zustande! Du hast meine Schwester vielleicht vor Schaden bewahren wollen. Oder? Wenn ich recht erinnere, gab es nicht noch einen zweiten Prozess.«

      Den hatte es in der Tat gegeben. Als Schuldigem war ihm vom Gericht materielle Wiedergutmachung auferlegt worden, an der sich Maria damals nicht beteiligen musste, auf Grund der inzwischen beschlossenen Gütertrennung. Ihn hatte es damals gewundert, daß die Zivilkammer diese nachträglich erfolgte Trennung anerkannte und ihm allein die Tilgung der Kosten zusprach. Die durch ihn getötete Frau hinterließ einen Mann und zwei Kinder. Übrigens hätte er damals seine Frau, die nunmehr unter der Erde ruhende Maria, verklagen müssen, um Herausgabe ihres Anteils zu seinen Gunsten prozessieren, wie ihm seinerzeit von seinem Anwalt bedeutet worden war.

      Auf diese Mitteilungen hin fragte Isolde: »Und was musstest du damals zahlen?«

      Da ihm diese Fragerei lästig wurde, nannte er die vom Gericht festgelegte Summe, eine Pauschale, für die er durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft, er saß zu der Zeit, ein Darlehen

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