Brand und Mord. Die Britannien-Saga. Sven R. Kantelhardt
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Es dauerte eine scheinbare Ewigkeit, bis endlich eine Reihe Frauen im Hoftor von Beufleet erschien. Schwer beladen mit Waschbrettern und Körben strebten sie dem Fleet zu. Ceretic hielt den Atem an, als sie durch das niedrige Wasser des Fleets wateten. Als er Rowena erkannte, tat sein Herz einen Luftsprung, während nur wenige Schritte von ihm entfernt die Frauen mit dem Waschen begannen.
Seine Geduld wurde auf eine neue harte Probe gestellt. Die Frauen waren nicht in Eile und auch Rowena tratschte eifrig mit ihren Kameradinnen und sah sich nicht einmal nach ihm um. Ceretics Gefühle schwankten zwischen wilder Freude und tiefer Niedergeschlagenheit, aber ihm blieb nichts anderes übrig, als reglos und still in seinem Versteck auszuharren. Nach einer Weile kamen die ersten Wäscherinnen durch einen schmalen Hohlweg auf die Lichtung in Ceretics Rücken. Wie erwartet breiteten sie die fertige Wäsche auf dem saftigen Grün zum Bleichen aus. Wieder und wieder frage er sich, wie Rowena es nur anstellen wollte, hier unbemerkt mit ihm Kontakt aufzunehmen. Doch ihm fiel keine Lösung ein und so gewann die Niedergeschlagenheit in seinen Gedanken an Raum. Er wagte es kaum, die Äste weit genug auseinander zu biegen, um sie zu betrachten, geschweige denn ihr ein Zeichen zu geben.
Als die Sonne bereits tief im Westen stand und den Himmel in leuchtendes Orange tauchte, begannen die Frauen ihre Sachen einzusammeln. Schließlich zogen sie allesamt, weiterhin munter plaudernd, mit Körben voll frisch gewaschener Wäsche über die Furt. Rowena ging mit ihnen. Ceretic wurde schmerzhaft bewusst, dass die fremde Magd, oder gar Rowena selbst, ihn zum Narren gehalten hatte! Er schalt sich einen Dummkopf. Wie hatte er glauben können, dass sich die hochmütige Tochter Hengists dazu herabließ, ihn zu treffen? In aller Heimlichkeit, ohne dass der Vater etwas merkte! Pah, was für ein Narr er war.
Gerade wollte er seinen Platz räumen, um zu seinem Pferd zu schleichen, da sah er aus dem Augenwinkel, dass die Mädchen auf der anderen Seite des Fleetes angehalten hatten. Rowena setzte plötzlich ihren Korb ab und wühlte in der frischen Wäsche. Aufgeregt redete sie auf ihre Gefährtinnen ein. Ceretic beschloss, dass es wohl sicherer wäre noch abzuwarten, bis sie gänzlich verschwunden wären. Sonst würde man ihn entdecken und dann würde er endgültig zum Gespött der Sachsen!
Rowena drehte um und trat entschlossen in die Furt, zurück auf seine Seite. Und diesmal begleitete sie nur die kleine rothaarige Magd! Ceretic konnte sein Glück kaum fassen. Hastig trat er aus dem Gebüsch auf die Lichtung und strich Kleider und Haar glatt. Da kam Rowena auch schon durch den Hohlweg gelaufen. Ein wenig außer Atem und eine sanfte Röte auf den Wangen. Wahrscheinlich vom Laufen, überlegte Ceretic. Mit klopfendem Herzen schritt er auf sie zu und streckte ihr beide Hände entgegen. Zu seiner Enttäuschung warf sie sich aber nicht in seine Arme, sondern ergriff die dargebotenen Hände.
„Rowena“, flüsterte er und blickte in die blauen Augen, die ihm in den letzten Wochen den Schlaf geraubt hatten. „Ich ergebe mich dir, du hältst mich in deiner Hand. Ich habe mich in den letzten Wochen nach dir verzehrt!“
Ihr standen Tränen in den Augen. „Einen Mann wie dich habe ich noch nie getroffen. So …“ Ihr schienen die rechten Worte zu fehlen. „So ganz anders als die lärmenden Krieger in der Halle meines Vaters und doch bringt deine Stimme sie alle zum Schweigen. Ach Ceretic, wenn diese Prophezeiung nicht wäre, könnte ich denken …“ Schon wieder brach sie ab. Und viel sprachen sie nicht mehr, zu stark waren ihrer beider Gefühle.
Nach einem Augenblick, so schien es Ceretic, wandte sich das Mädchen wieder zum Gehen. Er bewunderte ihren schlanken Körper, wie sie sich in das Gebüsch duckte, um ein scheinbar vergessenes Kleidungsstück hervorzuziehen, dann drehte sie sich ihm noch einmal zu ihm um und drückte einen leichten Kuss auf seine Wange.
„Bis bald“, hauchte sie und war schon verschwunden. Er hörte, wie die rothaarige Magd sie mit einem verdrießlichen „endlich“ auf der anderen Seite des Gebüsches empfing. Dann herrschte wieder Stille. Erst jetzt bemerkte Ceretic, dass sich der Himmel bereits tiefrot verfärbt hatte. Während sie Hand in Hand gestanden hatten, musste die Zeit nur so geflogen sein. Ceretic löste sich aus seiner Erstarrung und machte sich beschwingt auf, um sein wartendes Pferd zu suchen. Die einsetzende Dämmerung und das nun wieder steigende Wasser bereiteten ihm einige Schwierigkeiten, doch das tat seiner Hochstimmung keinen Abbruch. Schließlich fand er die Baumgruppe mit dem ihm erleichtert zuwiehernden Ross.
Dithmarschen, Mai 441
Ordulf
Swæn und Agill übten sich nun täglich im Umgang mit den Waffen. Ständig schleuderten sie Speere und Äxte oder liefen mit Schild, Schwert und Sax über den Hof und das Vorland. Ordulf musste einen umso größeren Teil der Hofarbeit verrichten. Nur wenn sie den Kampf Mann gegen Mann übten, mit Schilden, Holzknüppeln und Stangen, durfte er als Gegner herhalten. Abends blieb ihm zu alledem noch der Spott der aufgeregten Brüder. Innerlich kochte Ordulf über diese Ungerechtigkeit. Eine Woche vor dem geplanten Aufbruch rief Agill ihn wieder zu solch einem Übungsgefecht.
„Du hast genug mit den Lämmern gespielt, Kleiner. Komm und spiel einmal einen Britannier!“
„Einen Pikten“, verbesserte ihn Swæn grinsend.
Ordulf kam wütend aus dem Schafspferch geschossen. Agill stand breitbeinig auf dem Hof, Schild und Knüppel drohend erhoben. Als sich Ordulf bückte, um seine Waffen vom Boden aufzuheben, schlug ihm sein Bruder zum Spaß auf den Kopf, aber der Hieb traf fester, als Agill geplant hatte, denn Ordulf richtete sich gerade im selben Moment auf. Der Knüppel traf Ordulf an der Augenbraue. Erstaunt und etwas benommen sah der sein eigenes Blut auf den eisernen Beschlag des Schildes tropfen. Plötzlich sah er auch mit dem anderen Auge rot. Er stieß den Rand seines Schilds dem überraschten Bruder unter dessen Schildrand hindurch in den Unterleib. Als Agill sich vor Schmerz zusammenkrümmte, sprang Ordulf auf und holte mit aller Kraft zum Schlag aus. Eigentlich wollte er in blinder Wut den Kopf des Bruders zerschmettern, aber der wandte sich noch in letzter Sekunde zur Seite und so traf Ordulf seine rechte Schulter. Man hörte ein trockenes Knacken und Agill sprang mit einem Schmerzensschrei zurück.
Ordulfs Blick wurde wieder klar.
„Bist du verrückt?“, schrie Swæn und lief zu dem verletzten Agill. Der blickte mit hängender rechter Schulter erschrocken auf Ordulf. Im Verlauf des Schlüsselbeins zeichnete sich eine scharfe Kante ab, die vorher nicht dort gewesen war. Swæn betastete den verletzten Bereich und es gab ein hässliches reibendes Geräusch.
„Aua, verdammt“, stöhnte Agill.
„Was sollte das?“, rief Swæn mit einem finsteren Blick auf seinen jüngsten Bruder.
Da trat Vater Swæn aus dem Schatten des Langhauses. Langsam schritt er zu seinem Sohn herüber und besah sich die Verletzung.
„Tja, das Schlüsselbein ist gebrochen“, stellte er trocken fest. „Du hättest deinen Bruder nicht so sehr reizen dürfen, du weißt doch, wie heiß das swænsche Blut ist! Mit einem Kriegszug wird es dieses Jahr jedenfalls nichts mehr.“
Agill ließ erschrocken und enttäuscht auch die andere Schulter hängen. Ordulf überkam eine Welle der Reue und des Mitleids. Was hatte er nur getan? Seinen eigenen Bruder kampfunfähig schlagen! Da richtete Vater Swæn seinen