Brand und Mord. Die Britannien-Saga. Sven R. Kantelhardt

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Brand und Mord. Die Britannien-Saga - Sven R. Kantelhardt

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und über die Täler des Meeres ziehen. In Haduloha habe ich zwei feste Kiele liegen und ein weiteres Schiff wird aus Keydingen zu uns stoßen. Wir fahren einen Mond vor dem Sonnenwendfest. Wenn es in Dithmarschen tapfere Männer gibt, schließt euch mir und meinem Bruder Horsa an! Ich nehme Krieger auf, solange es noch Platz im Bauche meiner Schiffe gibt. Aber kommt nicht zu spät, denn auch die tapfersten unter den Hadulohern und Keydingern drängen darauf, nach Britannien zu ziehen.“

      Nachdem Hengist seine Rede beendet hatte, zogen die Männer angeregt debattierend ab. Ordulf war wie benommen von den Möglichkeiten, die der Held gerade heraufbeschworen hatte. Da sein Vater kein eigenes Seeschiff besaß und es auf dem Hof immer genug zu tun gab, war er noch nie übers Meer gefahren, aber wie alle jungen Sachsen träumte er von solchen Abenteuern. Doch er hätte wohl besser nicht träumen sollen, denn plötzlich stolperte er und bekam noch einen Stoß in die Rippen, sodass er vornüber in den Dreck fiel.

      „Seht nur, dort suhlt sich ein Swæn im Mist!“, hörte er eine höhnende Stimme. Er lag tatsächlich im Mist – mit der neuen Hose! Aus einem Loch am rechten Knie rann ein dünner Faden dunklen Blutes in den zerrissenen Stoff. Ordulf blickte auf. Hinter ihm standen zwei junge Männer, von denen ihn einer angerempelt, während der andere ihm ein Bein gestellt hatte. Wutentbrannt griff er eine Handvoll Mist und warf sie in Richtung seiner Gegner. Aber der junge Mann wich dem Geschoß aus.

      „Seht nur, das Swæn suhlt sich, dass der Dreck nur so spritzt!“, wiederholte er nun so laut, dass es alle hören konnten. Dabei betonte er Ordulfs Geschlechternamen so, dass er wie „Swien“ oder „Schwein“ klang. Ordulf wollte sich auf die Fremden stürzen, aber sein Bruder Swæn ahnte wohl, was sich da anbahnte und packte ihn an der Schulter. Unter dem harten Griff wurde Ordulfs Blick wieder klar. Hinter den beiden grinsenden Kerlen standen noch drei Männer. Hoger war unter ihnen und so fiel es Ordulf nicht schwer zu erraten, dass es sich bei allen Fünfen um Ebbingemannen handelte. Er zerrte mit neuer Wut am Griff seines Bruders, aber inzwischen war auch Agill heran und hielt seinen anderen Arm.

      „Sie wollen doch nur, dass du auf Wolderichs Hof den Frieden brichst“, zischte ihm Swæn ins Ohr.

      Nur widerwillig ließ sich Ordulf von seinen Brüdern wegziehen. Weit im Westen über der See rollte ferner Donner heran. Es würde bald ein Gewitter geben.

      „Wenn wir im Trocknen unseren Hof erreichen wollen, sollten wir uns sputen“, bedeutete Agill. Ordulf schaute noch einmal finster zu den Ebbingemannen hinüber und ballte die Fäuste.

      „Bei Thunær, der dort im Westen seinen Wagen über den Himmel rumpeln lässt, das werdet ihr büßen!“, schwor er. Mit dem Gedanken an zukünftige Rache wendete er sich abrupt ab und ließ sich von Agill und Swæn von der Wurt hinabführen.

      III. Gewitterwolken am Horizont

      Regulbium, Mai 441

      Tallanus

      Tallanus fuhr herum. Waren es die gerufenen Sachsen? Tatsächlich zeigten sich draußen auf dem Meer mehrere graue Schatten. Wie hungrige Wölfe, dachte er schaudernd. Er konnte aber noch nicht klar erkennen, wen er da vor sich hatte. Waren es Sachsen oder Pikten? Er beschattete seine Augen mit der flachen Hand und blickte angestrengt auf die sich langsam nähernden Boote.

      „Wir müssen die Leute im Dorf warnen“, drängte Álainn.

      Tallanus starrte weiter auf die See, er konnte sich zu keiner Entscheidung durchringen. Waren es die frisch geworbenen Auxiliares oder doch Piraten? Álainn fasste seine Hand und zog heftig daran. Das tat sie sonst nie, die ungewohnte Berührung riss ihn aus seinen Gedanken.

      „Ja, wir sollten sie warnen“, stimmte er ihr zu.

      Besser die Menschen brachten sich einmal zu oft in Sicherheit, als einmal zu wenig. Wieso hatte er nur so lange gezögert? Bei einem Überfall entschied die Schnelligkeit über Leben und Tod, jeder Augenblick war kostbar. Sie hasteten den Hügel hinunter zum Dorf.

      „Schiffe am Horizont! Bringt euch in Sicherheit!“, rief er schon von weitem. Einige Menschen blieben wie betäubt stehen, zu erschrocken zum Handeln. Andere griffen den Ruf auf und trugen ihn weiter. Schließlich fanden sie Caellach, den Comarchus.

      „Wie viele Schiffe? Von wo kommen sie? Wann werden sie da sein? Sachsen? Pikten? W…“

      „Noch zu weit weg, habe sie nicht erkennen können“, unterbrach Tallanus atemlos den Schwall von Fragen.

      „Morgan, Ninian!“, rief Caellach zwei Halbwüchsigen zu, die mit offenen Mündern dabei standen. „Ihr lauft auf die Höhe und beobachtet die Fremden. Wenn ihr erkennen könnt, wie viele es sind und wohin sie sich wenden, dann kommt einer von euch unverzüglich zurück und berichtet mir!“

      Tallanus stürzte weiter, um seine wenigen Habseligkeiten zu retten. „Packt alle Wertsachen zusammen – wir müssen in den Wald!“, rief er, als er die niedrige Kate seines Onkels, des letzten in Regulbium lebenden Verwandten, betrat.

      Da gellte der Ruf „Pikten“ von draußen herein. Tallanus bekreuzigte sich. Warum hatte er nur gezögert? Wenn Álainn nicht gewesen wäre … Bald lief er mit seinem alten Onkel und dessen einziger Milchkuh im Schlepptau auf den nahen Waldrand zu. Die vorsichtigsten und schnellsten Dorfbewohner verschwanden gerade vor ihnen zwischen den Bäumen. Tallanus blickte zurück. Die Boote konnte man nun bereits klar erkennen, aber noch immer waren nicht alle Menschen aus dem Dorf geflohen. Einige waren zu alt und krank, andere zu geizig und konnten sich nicht von ihrem Besitz trennen. Wo war nur Álainn? Hoffentlich hatte sie bereits die Sicherheit des Waldes erreicht.

      Regulbium, Mai 441

      Álainn

      Wo blieb nur ihre Mutter? Sie selbst hatte hastig einen Beutel mit Essen und einige Decken zusammengerafft, aber die alte Frau tauchte einfach nicht auf. Verzweifelt lief Álainn zurück in ihre Hütte. Dort stand ihre Mutter vor der offenen Truhe und blickte scheinbar orientierungslos auf ihre Sachen.

      „Mutter komm! Die Pikten sind da!“

      Ihre Mutter sah sie verständnislos an. „Welche Pikten? Ich weiß noch gar nicht, was ich zur Hochzeit anziehen soll.“

      Schon seit einigen Jahren vergaß ihre Mutter immer wieder Dinge und in den letzten Monaten war es immer schlimmer geworden, aber sie konnte doch unmöglich die Pikten vergessen haben.

      „Welche Hochzeit denn?“, fragte Álainn verwirrt.

      „Na die von Coira und Gail natürlich.“

      Die war nun schon vier Jahre her. Oder waren es fünf? Verzweifelt griff Álainn nach der Hand ihrer Mutter und zerrte sie unter lautem Protest aus der Hütte. Im Dorf waren noch einige Leute und weitere rannten vor ihnen in Richtung Wald. Sie waren nicht die Letzten. Doch irgendetwas stimmte nicht in dem Bild. Sie blickte noch einmal zurück und der Schreck schnürte ihr die Kehle zu.

      Am Strand unter dem alten Kastell lag eine Reihe von Booten, die dort nicht hingehörten. Lederbespannte Curachs! Und da erhob sich auch schon Kampfgeschrei und das Klirren von Waffen und zerbrechendem Geschirr mischte sich mit den Hilferufen derer, die zu spät geflohen waren. Wie sie selbst.

      Plötzlich tauchten zwei Fremde hinter der nächsten Hütte auf. Sie waren fast nackt und mit wilden blauen Mustern bemalt. Álainn schrie auf, drückte ihre Mutter an die Hauswand und stellte sich schützend vor sie. Der Schnurrbart des ersten Angreifers bog sich zu einem Grinsen. Er hob seine Axt. Instinktiv streckte sie die Hände zur Abwehr hoch, doch der Schlag

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