Brand und Mord. Die Britannien-Saga. Sven R. Kantelhardt

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Brand und Mord. Die Britannien-Saga - Sven R. Kantelhardt

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Arroganz des Großbauern Caellach gewesen waren. Was hätte sie nun nicht alles gegeben, diesen selbstgerechten Comarchus, wie er sich stolz nannte, wiederzusehen. Widerwillig riss sich Álainn von ihren Gedanken und dem Anblick der grauen See los, die so verlockend die Freiheit versprach. Sie erreichte den niedrigen Eingang der runden Steinhütte gerade, als im Dorf die ersten Hähne krähten.

      II. Neue und Alte Bekanntschaften

      Mündungsgebiet der Wirraha, April 441

      Ceretic

      „Sieht doch ganz einladend aus, das Sachsenland“, behauptete Tavish hoffnungsvoll.

      Sie saßen etwa eine Meile vom Ufer entfernt auf dem Schlick. Das saftige Grün des Landes vor ihnen ließ an Britannien denken. Nur die geradezu ewige Weite des grauen Watts passte nicht ins gewohnte Bild. Die Curach war bei ablaufendem Wasser auf einer der zahlreichen Sandbänke im Mündungsgebiet eines großen Stromes aufgelaufen.

      „Ja, das muss die Wirraha-Mündung sein“, bestätigte Ceretic.

      „Merkwürdige Erhebung da drüben“, warf Malo ein und zeigte auf einen Hügel im sonst flachen Marschland. „Es steigt Rauch von dort auf. Ob in dem Hügel das verborgene Volk lebt?“

      „Ich dachte, das gäbe es nur bei uns in Britannien?“, fragte Tavish erstaunt.

      „Niemand lebt in dem Hügel. Auf dem Hügel leben Sachsen und den Hügel haben sie selbst gegraben, damit sie nicht ersaufen wenn das Wasser mal höher steigt als üblich“, korrigierte Ceretic schmunzelnd.

      Ein Priester in Ruohim erklärte einmal, Gott strafe die Heiden mit hohen Fluten für ihre grausamen Raubzüge. Ceretic hatte sich schon als Kind darüber gewundert, dass sie sich trotz dieser deutlichen Warnung nicht von ihren heidnischen Wegen bekehrten, sondern lieber versuchten, Gottes Züchtigungen auf von Menschenhand errichteten Hügeln zu trotzen. Aber nun, wo er solch einen Hügel erstmals mit eigenen Augen sah, musste er über die schiere Größe des Erdwerkes staunen.

      „Woher weißt du das eigentlich alles?“, unterbrach Malo seine Gedanken.

      „Eine lange Geschichte“, antwortete Ceretic.

      „Aber bis zur Flut haben wir doch noch jede Menge Zeit“, drängte nun auch Tavish.

      „Also gut“, fügte sich Ceretic scheinbar widerstrebend, doch eigentlich redete er gern von sich. „Kennt ihr noch den alten Wulf?“, fragte er.

      „Den alten Heiden?“, wollte Tavish wissen und bekreuzigte sich.

      „Der Priester hat von ihm erzählt“, bestätigte auch Malo.

      „Ja, ein Heide war er wohl, der gute Wulf“, gab Ceretic zu. „Aber er war auch ein Krieger Roms. Ein Sachse, der bei den Auxiliares gedient hat und nach seiner Dienstzeit und dem Abzug der Römer auf Ruohim blieb.“ Einen Augenblick schwieg Ceretic versonnen. Der einsame Veteran hatte ihn damals, als sein Vater auf der See geblieben war, unter seine Fittiche genommen. Aber das brauchten die beiden Jungspunde nicht zu wissen. „Jedenfalls hat er mich seine Muttersprache, das Sächsische, gelehrt“, erklärte er. „Und noch einiges mehr.“

      Stunden später kehrte das Wasser zurück. Zuerst füllten sich die Priele und in den Senken begann der Schlick zu glänzen. Dann, in immer wiederkehrenden Wellen, überspülte das Meer den geriffelten Sand und hob schließlich die gestrandete Curach sanft vom Boden. Der Flutstrom trug sie rasch auf die mächtige Wurt zu.

      „Seht nur, sie warten in Waffen!“, rief Tavish angstvoll.

      Auch Ceretic hatte es gesehen. Inmitten der dunklen Menschenmenge am Strand blitzte es auf. Die tief stehende Abendsonne spiegelte sich in Helmen oder Speerspitzen.

      „Natürlich tragen sie Waffen“, antwortete Ceretic harscher als er beabsichtigt hatte. Aber die Jungen sollten nichts von seinen eigenen Bedenken merken. „Was würdet ihr denn tun, wenn sich plötzlich ein fremdes Boot näherte?“ Sorgenvoll zupfte er an seinem Schnurrbart.

      „Da sind auch Frauen und Kinder dabei!“, rief Malo plötzlich erleichtert.

      Ceretic atmete auf. „Na, was habe ich euch gesagt?“, fragte er und versuchte so gleichgültig wie möglich zu klingen.

      Bald waren sie auf Rufweite heran, doch die Sachsen blieben stumm. Ceretic setzte das Boot vor ihnen auf den Strand und sprang ins Wasser.

      „Seid gegrüßt, edle Männer“, rief er laut und streckte die Arme mit den Handflächen nach oben aus, um zu zeigen, dass er unbewaffnet war.

      „Seid gegrüßt, Fremde“, antwortete ein leicht gebeugter, aber noch immer großer Mann mit grauem Haar. „Ich bin Wago, der Häuptling unseres Geschlechts“, fügte er hinzu und machte eine einladende Geste in Richtung der Höfe auf dem grünen Hügel hinter sich.

      Tavish und Malo blickten Ceretic fragend an. Sie hatten nichts verstanden und auch Ceretic selbst war verwirrt. Wieso luden ihn diese fremden Piraten so freundlich ein, obwohl er doch noch gar kein Geschenk überreicht hatte?

      „Mein Sohn Eppo wird sich um euer Boot kümmern. Folgt mir“, drängte der Alte, als er das Zögern der Britannier bemerkte.

      Gehorsam setzte sich Ceretic in Bewegung. „Der Alte lädt uns in seine Halle ein. Wenn er Böses im Schilde führt, sind wir ihm ohnehin ausgeliefert, also folgen wir am besten seiner Einladung“, erklärte er seinen Begleitern.

      Sie folgten dem grauhaarigen Sippenoberhaupt einen schmalen Pfad den Hügel hinauf. Von Nahem sah Ceretic, dass das, was er zuvor für Palisaden gehalten hatte, eigentlich Pfahlreihen waren, die mit Weide umflochten wurden und das Erdreich der Wurt gegen das Meer sicherten. Erst ganz oben wurden die Höfe von einer schwachen Palisade, eher einem hohen Zaun, umgeben. Ihr alter Führer durchquerte eine Pforte und ging zielstrebig an mehreren kleineren Katen vorüber zu einem lang gestreckten Gebäude im Zentrum der Siedlung. Ceretic und seine Gefährten folgten ihm gebückt unter einem niedrigen Türsturz hindurch in die große Halle. Es war warm und die Luft abgestanden. Der Qualm eines offenen Feuers brannte Ceretic in den Augen, bevor er sich unter dem Dach sammelte und schließlich durch ein Windauge am Giebel abzog.

      „Willkommen in meiner Halle!“ Der Gruß des Alten lenkte Ceretic von der Betrachtung seiner Umgebung ab. Schon winkte der Häuptling eine junge Frau heran, die ihm ein riesiges Trinkhorn reichte. Er nahm einen tiefen Zug und gab das Horn an Ceretic weiter. Eine klebrige Masse schwappte auf Ceretics Finger und der süßliche Geruch von Met mischte sich mit dem üblen Atem des alten Mannes. Ceretic ließ sich nichts anmerken und tat wie ihm geheißen. Immer mehr Männer strömten in die Halle.

      Ob sie uns betrunken machen wollen, um uns auszurauben?, ging es Ceretic durch den Kopf. Doch da nahm ihm Wago das Horn wieder ab.

      „So“, begann er zufrieden, „nun verratet uns eure Namen und das Ziel eurer Reise!“ Zu Ceretics Beruhigung sah ihn der alte Wago gespannt, aber durchaus freundlich an.

      „Hochkönig Vortigern von Britannien entsendet euch seinen Gruß. Ich bin Ceretic, sein Bote.“

      Ein erstauntes Raunen ging durch die Reihen der mittlerweile versammelten Sachsen.

      „Die Tapferkeit der Sachsen hat sich bis nach Britannien herumgesprochen.“ Hier unterbrachen eine generelle Unruhe und gedämpftes Gelächter seinen Vortrag. Hochmütige Barbaren, dachte Ceretic, fuhr aber

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