Achteinhalb Wochen. Ute Christoph
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Hallo? Was war denn das jetzt für ein „Angebot“?! Darauf antwortete ich nicht. Das ging mir doch entschieden zu weit – schlimme Erlebnisse hin, schlimme Erlebnisse her.
27. Juli 2016
13:34 Uhr
Koray: Gruß aus dem Schatten einer urigen Platane … du darfst ruhig in meine Papiertüte greifen … 500 g „Frauensteiner Kirschen“ … hmmmm, köstlich!
Diese SMS war wieder eine Basis, auf der wir weiterschreiben konnten.
13:52 Uhr
Ich: Als Nachtisch das Wahre.
Ich erhielt keine Antwort. Abends fehlte mir plötzlich der Kontakt zu ihm.
20:33 Uhr
Ich: Machen dir die Kirschen auch ein klein wenig Magengrummeln?
20:48 Uhr
Koray: Grummeln habe ich … ja … aber nicht durch die Kirschen! Es sind die Raupen in meinem Bauch, die sich in Schmetterlinge verwandeln.
20:52 Uhr
Ich: Du SMS-Romantiker. Wo bleibt dein wahres romantisches Leben? Die Handlung sollte spannender sein als die Ankündigung der Handlung.
21:01 Uhr
Koray: Es ist die Zeit, die unserem Leben Wege bereitet … wer weiß, welche Überraschungen auf diesem Weg verborgen sind … ich gehe meinen einfach.
Mhmm, das klang ein wenig verletzt. Ich sollte etwas verständnisvoller mit ihm umgehen! Der Mann hatte Schlimmes erlebt. Was war ich für eine Freundin?
21:06 Uhr
Ich: Das ist gut. Allerdings kann das wahre Leben auch viel Schönes schenken, nicht nur Schmerz. Ich schicke dir eine Umarmung.
21:09 Uhr
Ich: Sei mir nicht böse. Wir können unterschiedlicher Meinung sein und trotzdem bist du mir in den anderthalb Wochen wichtig geworden.
21:13 Uhr
Koray: Böse? Im Gegenteil … mein Herz erblüht und wärmt sich wohlig, wenn ich mit dir über so schöne Dinge schreibe … gemäß meiner obersten Direktive und meinem Motto: Omnia vincit amor (Liebe besiegt alles)
21:18 Uhr
Koray: … und gerade heute, da mein letzter Arbeitstag war :-) :-) :-) Bis ich am 7. fliege, entspanne ich hier im Ländle … Fahrradtour mit den Kids, Besuch im Allgäu usw. :-)
Wow – in dieser SMS steckte eine gehörige Portion Föhlichkeit. Und die richtige Richtung war es auch! Jetzt durfte ich auch mal wieder was Nettes schreiben.
21:19 Uhr
Ich: Du schreibst sehr schön. Machst du auch beruflich etwas mit Sprache? Aber du antwortest ja nicht gern auf Fragen. Ich habe auch sehr gern mit dir telefoniert und hoffe, das eine Mal war nicht das erste und letzte Mal.
21:28 Uhr
Koray: Hab‘ ich etwas überlesen? Was war deine Frage? Ich mache nichts mit Sprache. Habe einen technischen Beruf. Wind-, Wasser- und Solarenergie. Die deutsche Sprache hat mir mein Vater „eingetrichtert“. Möchte sogar sehr gern mit dir telefonieren … ohne Stress und mit viel Zeit! Am Wochenende zum Beispiel?
21:43 Uhr
Ich: Das hat dein Papa gut gemacht. Hatte mal gefragt, ob du mit einer Deutschen verheiratet warst, weil du Alkohol trinkst. Wochenende ist prima. Sonntag? Samstag habe ich Programm.
21:45 Uhr
Koray: Sorry! Nein, meine Frau ist auch Türkin, die hier aufgewachsen ist. Habe eine moderne und weit offene Weltanschauung. Da gibt es auch Platz für ein gutes Glas Wein … gerne am Sonntag!
21:48 Uhr
Ich: Du bist noch verheiratet? Hofft ihr, noch einmal zusammenzukommen? Falls nicht, lasst euch scheiden. So ein Schlussstrich ist wichtig. Ich kenne das …
21:50 Uhr
Ich: Oh je, war nicht als Einmischung gedacht, nur als lieb gemeinter Tipp.
21:53 Uhr
Koray: Kein Ding. Wir sind seit vier Jahren nur noch auf dem Papier verheiratet … demnächst wollen wir uns scheiden lassen!
22:08 Uhr
Ich: Mein Exmann und ich haben nach unserer Trennung auch noch eine Weile mit der Scheidung gewartet. Aber als wir dann endlich geschieden waren, fühlten wir uns erst wirklich frei. Warum das so war – keine Ahnung.
Du hältst mich wach ;o) – Träum süße Träume von den Lagerfeuern auf Zypern!
22:17 Uhr
Koray: Deine Erfahrung spricht für sich … ich verrate dir nicht, was ich träumen möchte :-) gute Nacht … du Engel …
28. Juli 2016
Dieser Mann berührte etwas in mir. Ich stellte fest, wie oft ich an ihn dachte. Sicherlich, nach fast zwei Wochen intensiver SMS-Kommunikation kein Wunder. Unser Kontakt, auf den ich nicht mehr verzichten wollte, gehörte inzwischen zu meinem Alltag.
Aber da war ganz plötzlich noch etwas anderes, wenn ich an ihn dachte. Was genau das war, wusste ich noch nicht.
Ich erinnerte mich an unser Telefonat. Ein türkischer Mann, der mit einer Fremden über seine Impotenz sprach? Ein Mann, der mit einer Fremden über die schrecklichen Ursachen für diese Impotenz und über innere Orgasmen redete? Ein sinnesorientierter, feinfühliger Mann mit Humor. Das war es, was mich berührte.
08:45 Uhr
Ich: Guten Morgen. Hoffe, du hattest eine gute Nacht mit süßen Träumen. Vielleicht liegst du noch im Bett, an das ich dir jetzt gedanklich eine Tasse frischen Kaffee stelle. Falls du schon heute was mit deinen Kids unternimmst – ganz viel Spaß und Lachen. Einen wunderschönen Tag!!!
09:57 Uhr
Koray: Ich war ganz früh im Wald spazieren … wie süß du bist … ja, wie fahren ins Allgäu! Ich umarme dich ganz fest.
19:40 Uhr
Ich: Ganz früh im Wald – herrlich. Und dann mit den Kids ins Allgäu. Ich hoffe, du hattest einen schönen Tag mit deinen Kindern. Falls ihr noch zusammen seid – macht euch eine genussvolle Zeit. Ich gehe heute Abend früh ins Bett. Nicht, weil ich morgen ganz früh in den Wald will, sondern weil ich morgen ganz früh in Düsseldorf sein muss …
29. Juli 2016