Auch Vampire brauchen Liebe. Heike Möller
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Читать онлайн книгу Auch Vampire brauchen Liebe - Heike Möller страница 8
„Ich muss zugeben, der Kerl sieht gut aus. Aber ich glaube, das weiß er auch. Oder was meinst du, Muckel?“
Der Hund schnaubte verächtlich und winselte dann wieder leise.
Sie folgte dem Mercedes auf einer beidseitig dicht bewaldeten Straße, auf der gerade mal zwei Autos nebeneinander Platz hatten, wenn sie vorsichtig aneinander vorbeifuhren. Nicole wollte sich lieber nicht vorstellen, wie es wäre, wenn ein Lastwagen oder Reisebus entgegenkommen würde.
Plötzlich hörte der Wald auf und auf einer Anhöhe lag die Burg.
Nicole Unterkiefer klappte herunter. „Wow! In Natura ist sie viel schöner als auf den Bildern!“
Massive Mauern umschlossen mehrere Türme und Gebäude. Ein großes offenes Tor mit Zugbrücke, deren Ketten in einwandfreiem Zustand waren, lud zum Näherkommen ein. Teilweise rankten Efeu und Knöterich an der Mauer entlang.
Als Nicole über die Zugbrücke fuhr sah sie, dass der Graben um die Burg herum mit fließendem Gewässer gefüllt war.
„Offensichtlich muss es hier eine Quelle oder so etwas geben“, murmelte sie.
Im Torbogen entfuhr ihr der nächste anerkennende Laut. Die Torwand war so dick, dass ihr Volvo anderthalb mal hintereinander reingepasst hätte.
>Kein Wunder, das die Burg in eintausend Jahren von niemanden erobert wurde!<
Der Mercedes vor ihr fuhr leicht nach links, als sie den Innenhof erreichten, also folgte Nicole ihm.
„Noch mal Wow!“
Der Innenhof war riesig. Modern gepflastert und mit Blumenkübel arrangiert, die ein harmonisches Gesamtbild verströmten. Der Mercedes hielt jetzt vor den ehemaligen Stallungen, die längst zu einer riesigen Garage umgebaut worden waren. Das Tor zu der Garage war offen und Nicole erkannte kurz einen Maybach.
„Wie reich ist der Typ?“, fragte sie und merkte, wie Komplexe in ihr hochstiegen. „Ach, verdammt. Was soll’s? Beim Essen und auf Klo sind alle Menschen gleich!“ Nicole hielt den Volvo einige Meter hinter Jannik Cernýs Wagen an und machte ihn aus.
Pumuckel fing zu knurren an. „Sei still!“ Ihre Stimme war schärfer als sonst und der Wolfshund verstummte. Nicole kurbelte das Fenster hoch und stieg aus. In dem Dämmerlicht war nicht mehr all zu viel zu erkennen, aber das was sie sah, imponierte ihr ungemein.
Die Mauern der Gebäude und die Fenster waren in sehr gutem und gepflegtem Zustand. Gegenüber der Garage am anderen Ende des Innenhofs stand ein alter, großer Brunnen mit einem Holzgiebeldach über dem Gewinde. Dahinter befand sich der größte und dickste Turm des ganzen Komplexes, ein wehrhaftes Bauwerk, dick mit Efeu überwuchert. Die Dächer der Gebäude waren noch nicht alt und leuchteten in der Abendsonne rötlich.
„Und? Wie finden Sie unser bescheidenes Zuhause?“ Jannik war leise hinter sie getreten. Seine leise und warme Stimme verursachte bei Nicole eine kleine Gänsehaut am Rücken.
„Bescheiden, häh? Wie sieht dann dekadent aus?“ Der Satz war raus, bevor sie es verhindern konnte. Rasch schlug sie ihre Hand vor den Mund und blickte den Tschechen erschrocken an.
Jannik sah verblüfft zu Nicole, dann fing er an zu lachen. „Sie sagen wohl immer, was Sie denken, oder?“
„Tut mir leid, Herr Cerný“, sagte sie zerknirscht. „Ich kann meine Zunge manchmal nicht im Zaum halten. Es war nicht so gemeint, wie es vielleicht geklungen hat. Entschuldigung.“
Er lachte noch immer. „Ich finde Ihre Offenheit erfrischend. Die meisten überlegen sich erstmal minutenlang was sie sagen sollen. Was dann heraus kommt, ist bestenfalls geschmeichelt, aber selten die Wahrheit. Wahrheit wiederum kann unbequem sein. Deswegen vermeiden die meisten Menschen die Konfrontation und verstecken sich hinter Höflichkeiten.“
Nicole hätte von dem jungen Mann nicht erwartet, dass er eine philosophische Weisheit besitzt und sie auch noch äußert.
„Ich bin beeindruckt“, sagte sie und lächelte Jannik an.
„Vielen Dank.“ Er lächelte charmant zurück.
Pumuckel knurrte wieder im Auto. „Ich möchte wirklich wissen, was in ihm gefahren ist. Ich werde nachher erstmal mit ihm eine Runde um die Burg machen.“
„Tun Sie das, Nicole. Aber warten Sie, bis Adolar sein Mojo angewendet hat, um Pumuckel willkommen zu heißen.“
Nicole starrte Jannik an. „Sein was?“
„Sein Mojo! Sie wissen schon. So eine Gabe, die ihn befähigt, Einfluss zu haben auf einfache Gemüter wie bei Hunden und Katzen.“
Um Nicoles Mundwinkel zuckte es, aber sie beherrschte sich. „Mojo!“
„Ja.“
„Sie meinen also, Graf Cerný hat telepathische oder empathische Fähigkeiten, die Anderen in gewisser Weise seinen Willen aufzwingen?“
Jannik wurde plötzlich nervös. Die Frau war wirklich klug. Er musste zukünftig aufpassen, was er in ihrer Gegenwart sagte. „Ja.“
„Und Sie nennen das Mojo?“ Die Mundwinkel zuckten wieder und erste Lachfältchen bildeten sich neben ihren Augen.
„Ja“, sagte er jetzt zögernd. „Warum?“
Nicole kicherte jetzt. „Weil Mojo eine ganz andere Bedeutung hat.“
Verzweifelt sah Jannik die Frau an. „Welche?“, fragte er dummerweise.
Lachend brach Nicole zusammen. Sie hielt sich mit einer Hand am Dach des Volvos fest, die andere Hand hatte sie auf ihren Bauch gelegt. „Es tut mir leid!“ Sie konnte kaum sprechen vor Lachen, und das zutiefst erschütterte Gesicht Jannik Cernýs trug kaum zur Beruhigung ihres Lachanfalls bei. „Wirklich! Es tut mir sehr leid. Aber ….“
„Nicole, bitte!“
In diesem Moment trat Adolar Cerný aus dem Portal in den Innenhof. Das Lachen der Frau verwunderte ihn, aber das zutiefst betroffene Gesicht von Jannik verblüffte ihn geradezu. Das Gesicht der Frau konnte Adolar nicht sehen, da sie mit dem Rücken zu ihm stand. Das Lachen klang herzhaft, nicht künstlich und mädchenhaft. Eine leichte Heiserkeit schwang mit, was er sehr anziehend fand.
„Nicole, würden Sie mich jetzt bitte aufklären!“ Janniks Stimme klang verzweifelt.
>Ich glaube, ich werde mir den Tag rot im Kalender markieren. Eine Frau, die es schafft, dich durcheinander zu bringen.< Adolar musste diesen Gedanken einfach an seinen Blutsverwandten weitergeben und schmunzelte.
>Halt die Klappe!<, antwortete der Jüngere.
Adolar grinste breit. Er war jetzt bei Jannik und der jungen Frau. Rasch nahm er ihre Rückenpartie in Augenschein und zuckte kurz anerkennend mit der Augenbraue. „Darf ich mitlachen?“, fragte er. Jannik war jetzt hochrot und sah noch verzweifelter aus.
Nicole holte ein paar Mal tief Luft.