In Mexiko Bd. 1. Gerstäcker Friedrich

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In Mexiko Bd. 1 - Gerstäcker Friedrich

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nicht allein überrascht, sondern auch wirklich in Verlegenheit gebracht. Sie kannten den neuen Kaiser ja noch gar nicht, ob er es wirklich gut mit dem Lande meine, oder ob ihn nur die Lust zu Abenteuern hier in das ferne Reich getrieben: ein Versuch, eine Krone zu gewinnen, der er, wenn sich Alles ungünstig gestaltete, auch eben so leicht wieder entsagen konnte. Sie aber blieben dann mit ihrem Vermögen und Eigenthum festgebannt im Reich, und wenn die Regierung bald einmal wieder wechselte und sie sich jetzt zu großartigen Demonstrationen verleiten ließen, so durften sie sich auch darauf verlassen, daß sie später dafür büßen mußten. Und außerdem - war nicht Oesterreich selber ein streng ultramontaner Staat, mit einem damals noch durch nichts gebrochenen Concordat, das der Regierung, einer übermüthigen Hierarchie gegenüber, Hände und Füße zusammengeschnürt hielt? Und was wußte man mehr von dem Bruder des österreichischen Kaisers, als daß er ein intelligenter und braver, ja, wie das Gerücht ging, auch ziemlich freisinniger Mann sei - aber blieb er das auch, sobald er eine Krone trug? - Wie oft haben wir in Europa schon die Erfahrung gemacht, daß man - mit der Regierung eines Fürsten nicht zufrieden - die größten Hoffnungen auf den Kronprinzen oder Erbfolger setzte, bis dieser dann die Regierung an- und nach einer kleinen Weile genau in die Fußstapfcn seines Vorgängers eintrat.

      Hätten sie gewußt, welches warme, treue Herz Maximilian dem Lande entgegenbrachte, - auf ihren Händen würden sie ihn in die Stadt getragen haben.

      Außerdem konnte aber der neue Kaiser auch zu keiner un-/26/günstigeren Zeit in Vera-Cruz eintreffen, als gerade jetzt, wo das gelbe Fieber wirklich mit außergewöhnlicher Schärfe sein Reich begonnen. Wer überhaupt die Stadt verlassen konnte, entzog sich dem grimmen Feind durch die Flucht, und das eigentliche Volk, das zurückgeblieben? Lieber Gott, das war, wie schon gesagt, daran gewöhnt, seine Herrscher zu wechseln. Es sah in dem Erscheinen eines neuen nicht das geringste Außergewöhnliche und mochte sich am allerwenigsten dafür begeistern. Wer wußte denn überhaupt, wie lange er blieb, und das Resultat durften sie deshalb ruhig abwarten.

      Der Empfang war trotzdem im Ganzen nicht unfreundlich, und man hätte ihn unter anderen Umständen sogar einen herzlichen nennen können, aber er wirkte dennoch erkältend auf das Herrscherpaar. Wie Maximilian sich nach dem Lande gesehnt, von dem er glaubte, daß es ihn fast einstimmig zum Kaiser ausgerufen, so schien er auch gehofft zu haben, daß er von dem mexikanischen Volke empfangen würde, und darin fand er sich denn allerdings getäuscht. Es war sein erstes Betreten des neuen Reiches: die Schwelle, auf der er stand, um seine künftige Heimath zu überschauen; und wenn auch die Begrüßung von Einzelnen stattfand, in seinem Herzen mochte er mehr erwartet haben.

      Mit solchen Empfindungen, und durch den Gesundheitszustand der Stadt, der natürlich noch viel übertrieben wurde, ebenfalls beunruhigt, ja geängstigt, war es kein Wunder, daß das Kaiserpaar Vera-Cruz nur als flüchtige Station betrachtete und rasch hindurchfuhr, um den Bahnhof zu erreichen. Dort bestiegen der Kaiser und die Kaiserin einen besondern Salonwagen, von den europäischen dadurch unterschieden, daß der vordere Theil desselben vollkommen offen war, während der Nachtzeit, mit hellgrauem Tuch beschlagen, durch Glasfenster geschlossen werden konnte. Die Begleitung nahm die gewöhnlichen, mit Rohrsitzcn versehenen Salonwagen ein, und fort ging der Zug, die kurze Strecke Eisenbahn durch die tierra caliente benutzend, die von den Franzosen angelegt worden, um ihre Truppen so rasch als möglich durch das „heiße Land" zu bringen.

      Eine andere, wenn auch nur geringe Enttäuschung beach-/27/teten sie kaum, denn der Kaiser sowohl als die Kaiserin hatten erwartet, den für sie bestimmten hiesigen Hofstaat schon in Vera-Cruz vorzufinden. Aber das gelbe Fieber langte vor ihnen an und scheuchte mit seiner drohenden Todtenhand den Schmuck und Glanz des Hofes zurück auf seiner Bahn. Die Cavaliere und Damen des Hofes hatten es vorgezogen, die Majestäten in Mexiko selber zu erwarten.

      Der Zug brauste durch den weiten Wald; in dem Wagen saß der Kaiser mit der Kaiserin, und draußen schien die Sonne Mexicos auf das wilde, weite, aber von üppiger Vegetation strotzende Land, auf Palmenwipfel und blühende Lianen nieder, zwischen denen freilich die faulen Wasser der Vera-Cruz umgebenden Sümpfe liegen. Kein Wort wurde aber auf der ganzen Fahrt bis Soledad zwischen Beiden gewechselt, denn wie ein drückendes Gewicht lag es auf Beider Seele: dieser trübe, erste Empfang im neuen Reich, diese Flucht fast aus der kaum erreichten Hafenstadt.

      Und wenn sie so ihre Hauptstadt betreten mußten? - kalt und herzlos von dem Volk empfangen, dem der junge Fürst sein ganzes Leben geopfert und in seiner Stellung daheim, moralisch ebenso wie Cortez, die Schiffe hinter sich verbrannt hatte? - War denn das Alles Täuschung, Lug und Trug gewesen, was man ihm daheim von der Stimmung dieses Landes gesagt? Galt er dem Volke hier, das ihn ja doch aus „freier Wahl" zu seinem Kaiser erhoben, nur als ein anfgezwungener Gast, den man wohl unter ein paar Triumphbogen durchziehen ließ, aber dann auch glaubte, sich bis auf Weiteres mit ihm abgefunden zu haben?

      Wie schön und sonnig lag die Scenerie um sie her - den Sumpf hatten sie verlassen, und kleine, von Indianern bewohnte Hütten wurden zwischen dem Grün der Bäume sichtbar. Die Menschen darin sprangen auch in die Thür, aber nur in stumpfer Neugierde starrten sie dem vorüberbrausenden Zug nach, in dem ihre neuen Herrscher saßen.

      Und was Alles zog in dieser kurzen Stunde gezwungener Unthätigkeit durch die Seele des Kaisers? Der erste ungeschliffene Empfang des französischen Admirals, das unangenehme Gefühl der, vielleicht nothwendigen, aber nur zu /28/ deutlich ausgesprochenen und überall zur Schau getragenen französischen Oberherrschaft. Die Zurückhaltung der Mexikaner, dabei mit dem Eindruck, den hier das noch wilde, fast unbenutzte sumpfige Land auf ihn machen mußte. - War er wirklich ein Opfer französischer Diplomatie geworden? ein Vorschiebsel, um Napoleon den Dritten aus einer ihm über den Kopf gewachsenen Verlegenheit zu ziehen? - Aber des Kaisers Lippen preßten sich fest zusammen. Wollten sie ihn wirklich hier nur zu einem Werkzeug machen, um das schöne Reich in Zwang und unter französischem Befehl zu halten, so hatten sie sich jedenfalls in der Person geirrt. Das Volk mußte ihn allerdings erst kennen lernen, ihn und die Absichten, die er mit dem Lande hatte und die nur aus reiner, edler Seele entsprungen. Stand es ihm dann aber so treu zur Seite, wie er entschlossen war bei ihm und mit ihm auszuhalten, so war es ein Leichtes, französische Hintergedanken zu kreuzen und den Thron fest gegen jede äußere Macht zu stellen.

      Eine Wolke zog über die Sonne; düster lag der wilde, dicht verwachsene Wald an beiden Seiten, und häßliche Geier, die neben der Bahn an einem gefallenen Stück Vieh ihr ekles Mahl gehalten, strichen mit lautem Flügelschlag erschreckt zur Seite.

      In dem Augenblick gellte der grelle Pfiff der Locomotive durch den Wald; sie näherten sich einer zum Halteplatz bestimmten Station, und wie der Zug einbremste und die Sonne wieder voll und fröhlich aus den flüchtigen Schleiern heraustrat, da grüßten die Klänge fröhlicher Musik das Ohr des Kaisers. Eine Menge geputzter Menschen war dort versammelt, eine kleine, mit Blumen und Kränzen geschmückte Halle zeigte sich dem Blick, mit lauter Jubel drang daraus dem Herrscherpaar entgegen.

      Unwillkürlich suchte Maximilian's Auge das der Gattin, das er bis jetzt in seinem düstern Brüten gemieden; eine Thräne glänzte darin. War sie erst jetzt durch diesen ersten Lichtblick ihres neuen Lebens hervorgepreßt, oder hing sie noch an den Wimpern der hohen Frau, als Zeuge ähnlicher Ahnungen, wie sie auch kurz vorher des Gatten Herz bewegt? /29/

      Es blieb ihm keine Zeit, auch nur eine Frage an sie zu richten, denn das Volk drängte herbei; Indianer mit Blumen und Früchten, Weiße und Mischlinge in ihrer Sonntagstracht, und da war nichts Gemachtes, keine auf Befehl in Scene gesetzte Demonstration. So einfach die Begrüßung war, so sicher kam sie von Herzen, und besonders die Indianer dort schaarten sich um den Kaiser, während ein nur halblaut und fast wie scheu ausgesprochenes Wort flüsternd durch ihre Reihen lief.

      Von da an schien der Bann gebrochen, der auf Maximilian's Eintritt in sein fremdes Reich gelegen. Der erste Bote, der seine Ankunft in Mexikos Hauptstadt gemeldet, hatte die Kunde auch durch das Land getragen. Friede sollte von jetzt an herrschen. Der neue Kaiser kam, den eine alte indianische Sage schon seit Jahrhunderten

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