Nach Amerika! Bd. 1. Gerstäcker Friedrich

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Nach Amerika! Bd. 1 - Gerstäcker Friedrich

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«Drüben, wo?»

       «Nun, in Amerika.»

       «Hm, ja», sagte der Mann, sich nachdenkend das Kinn streichend und einen leichten Seufzer unterdrückend. «Gedacht hab’ ich auch schon ein paarmal daran, aber – das geht nicht gut und – es ist auch so eine unsichere Sache mit da drüben. Hier weiß ich einmal, was ich habe und daß ich auskomme, und wie mir’s da drüben geht, weiß ich n i c h t.»

       «Aber, Freund», rief Herr Weigel verwundert, «ein Mann, der fleißig arbeitet, bringt es dort immer zu ‘was. Wetter noch einmal, Meister, Amerika ist gerade der Platz für Euch, wo Ihr Euch rühren und ausbreiten könntet – wenn Ihr dort wäret, ein geschickter Arbeiter, wie Ihr! In fünf Jahren hättet Ihr zwanzig Gesellen.»

       Meister Leupold nickte langsam mit dem Kopf und sah ein paar Sekunden still vor sich nieder, als ob das Bild mit der großen Werkstätte und dem regen Treiben sich vor seinem inneren Geist eben auszubreiten beginne, dann aber sagte er, jetzt herzhaft aufseufzend:

       «Und es geht doch nicht, Herr Weigel – ich habe die alte Mutter zu Hause, die ich unmöglich hier allein zurücklassen könnte… »

       «Hierlassen? Das fehlte auch noch!» rief der Agent. «Die nehmt Ihr mit, Mann – könnt Ihr der denn eine größere Freude machen, als wenn sie noch vor ihrem Ende sähe, wie gut es Euch geht auf der Welt und wie sich Euer Zustand mit jeder Woche, mit jedem Tag fast bessert ? – Muß sie hier nicht in Sorge und Kummer leben, daß Ihr einmal krank werdet und nichts verdienen könnt, und wie sieht’s dann aus?»

       «Wenn ich aber nun dort d r ü b e n krank werde?» sagte der Meister leise.

       «Wenn das nur nicht gleich die ersten Monate geschieht, und für ein Unglück kann niemand», war dagegen Herr Weigel ein, «so könnt Ihr Euch auch schon so viel gespart haben, das eine Weile ruhig mit anzusehen; und wenn Ihr n i c h t krank werdet, seid Ihr in ein paar Jahren ein wohlhabender Mann.»

       «Es ist eine verwünschte Geschichte mit dem Amerika», seufzte der Mann wieder, sich hinter dem Ohr kratzend. «Man hört so viel davon, und sieht eine solche Menge Menschen hinüberziehen, die alle voller Hoffnung sind, daß es ihnen gut geht – und möchte am Ende ebenfalls gern mit – wenn man nur erst so einmal hinübergucken könnte, wie es eigentlich aussieht.»

       «Dazu ist es ein bißchen zu weit», meinte Herr Weigel.

       «Ja nun eben», sagte der Tischler, «und so auf’s Geratewohl… »

       «Das könnt Ihr aber nicht auf’s Geratewohl nennen, wo wir alle Tage Briefe von drüben herüber bekommen, von denen einer immer besser lautet als der andere. Da – hier liegt gleich einer, der letzte, den ich bekommen habe, wo ein Deutscher, den ich selber hinüber befördert, und dem es jetzt ausgezeichnet gut geht, an mich schreibt, und einen oder zwei gute gelernte Schafknechte haben will, lesen Sie einmal den Brief.»

       Leupold legte seine Mütze wieder hin, nahm den Brief und las ihn aufmerksam durch, er nickte dabei mehrmals mit dem Kopf und sah dann wieder zu dem Agenten auf, der ihn indessen mit einem triumphierenden Lächeln betrachtet hatte.

       «Nun?» frug der Letztere, als jener das Schreiben beendet und wieder zusammenfaltete. «Wie klingt das?»

       « S e h r gut», sagte Leupold leise, «aber – es hilft mir doch nichts. Wenn ich jetzt mein kleines Häuschen, das ich mir mit Mühe und Not zusammengespart und aufgebaut, auch verkaufen wollte, fände ich erstlich keinen Käufer, und dann bekäm’ ich auch das nicht dafür wieder, was es mich selber gekostet. Wie gesagt, der Sperling in der Hand ist doch wohl besser, wie die Taube auf dem Dache.»

       «Bah, Taube», sagte Herr Weigel mürrisch, «wenn die Taube auf dem Dach eben so fest und sicher sitzen bleibt, bis man sie holen kann, wie Amerika ruhig liegt und auf die wartet, die hinüberkommen, so ist sie mir lieber wie ein erbärmlicher Sperling, zum Sterben zuviel und zum Leben zu wenig, aber – überlegt’s Euch – ah, da kommt der Briefträger – was für mich?»

       «Nun, guten Morgen, Herr Weigel», sagte der Tischler und wollte sich eben entfernen, während der Briefträger dem Agenten mehrere für ihn gekommene Briefe überreichte.

       «Siebzehn Silbergroschen, drei Pfennige», sagte er dabei.

       «Siebzehn Silbergroschen?» rief Herr Weigel verwundert. «Aha, da ist ein Amerikaner dabei – halt, wartet noch einmal einen Augenblick, Leupold – da ist vielleicht gleich noch was für uns, und was ganz Neues – wollen gleich einmal sehen, was die Leute schreiben. Wahrscheinlich wieder von jemand, den ich hinüber befördert habe und der sich jetzt bedankt – das kostet aber viel Geld… »

       «Apropos, Neues», sagte Leupold, während der Agent den Briefträger bezahlt hatte und seine Papierschere vom Tisch nahm, den amerikanischen Brief aufzuschneiden. «Haben Sie schon gehört, daß gestern Nachmittag bei Herrn Dollinger eingebrochen und für siebentausend Taler Gold und Juwelen gestohlen sind?»

       «Alle Wetter», rief Herr Weigel, mit der zum Schnitt ausgehaltenen Schere in der Hand, «gestern Nachmittag?»

       «Am hellen Tag», bestätigte Leupold.

       «Und weiß man nicht, wer der Täter ist?»

       «Sie haben den einen Komptoirdiener in Verdacht und auch schon eingezogen», sagte der Tischler.

       «Gewiß den Loßenwerder», rief Weigel.

       «Ich glaube, so heißt er – er ist ein wenig verwachsen…. »

       «Und schielt – derselbe, ich habe den Burschen von jeher nicht leiden können, hat mir auch schon ein paarmal Kunden abspenstig gemacht aus reinem Brotneid, ich wüßte wenigstens sonst nicht weshalb, und habe ihn dabei stark in Verdacht, daß er selber damit umgeht, eine Agentur für Auswanderer zu errichten. Da könnte jeder hergelaufen kommen, ohne Briefe, ohne Connexionen und ohne Kenntnis vom Land – schickte nachher die Leute ins Blaue hinein, daß sie dort säßen und nicht wüßten, wo aus noch ein. Na, nun wird ihm das Handwerk wohl gelegt werden, ich gönne nicht gern einem Menschen etwas Übles, aber bei dem freut mich’s, daß sie’s wenigstens herausbekommen haben und er seine Schurkerei nicht mehr heimlich forttreiben darf. Ist denn das Geld schon wieder gefunden?»

       «Soviel ich weiß, nicht, einige hundert Taler ausgenommen, von denen aber der Mann beteuert, daß er sie sich gespart hätte, es ist übrigens manches dabei zusammengekommen, was ihn verdächtig macht, das Nähere weiß ich freilich nicht.»

       «Hm, hm, hm», sagte Herr Weigel kopfschüttelnd, den Brief, den er noch immer in der Hand hielt, aufschneidend, «böse Geschichten – böse Geschichten, was man nicht alles hört auf der Welt. – Nun wollen wir also einmal sehen, was der Herr da aus Amerika schreibt – hm – Washington County, Tennesse de 7. Januar 18 – alle Wetter, der Brief ist lange unterwegs gewesen, Herrn F.G. Weigel in Heilingen, Hauptagent der Central-Auswanderungs- und Colonisations-Gesellschaft in Deutschland – ahem – Sie nichtsw – hm – Sie haben – hm – vor allen Dingen – hm – hm – hm – hm… » Herrn Weigels Gesicht verlängerte sich immer mehr, je weiter er in seiner, wie es schien, nicht eben angenehmen Lektüre vorrückte, aber er bracht mit dem Lautlesen des Inhalts, dessen Einleitung unerwarteter Weise höchst derber Art war, schon gleich nach den ersten Silben ab und murmelte das Ganze nur flüchtig überfliegend, bloß einzelne unzusammenhängende Worte, aus denen Leupold nichts herausfinden konnte, vor sich hin.

       «Nun, was schreiben sie?» sagte dieser endlich lächelnd, er wäre schon lange

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