Feinde der Ashari. Lina-Marie Lang

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Feinde der Ashari - Lina-Marie Lang Die Ashara-Chroniken

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      Nadira konnte sich an ihre Eltern nicht mehr erinnern. Sie kannte nicht einmal ihre Namen und wusste auch nicht, wo sie lebten, oder ob sie überhaupt noch lebten. Manchmal dachte sie darüber nach, aber meistens nicht. Sie war schon früh zu den Dynari gekommen, wie fast alle Novizen und sie kannte es nicht anders.

      „Natürlich bekommen wir oft solche Hinweise", sagte Dyn Arthos. „Aber wir müssen ihnen auch nachgehen."

      „Und was soll ich tun?"

      „Du wirst zu dieser Familie reisen und das Kind prüfen." Reisen? Wo lebte diese Familie denn? Sollte das Nadrias erste Reise werden? Ein aufregender Gedanke, aber auch ein beunruhigender. Wenn sie auf eine Reise gehen musste, dann würde sie nicht hier sein, wenn Darec zurückkam.

      „Wo lebt diese Familie?"

      „In Seraint, es ist nicht weit. Die Aufgabe sollte dich nicht mehr als ein paar Stunden beschäftigen." Also doch keine Reise. Nadira war sowohl erleichtert als auch enttäuscht. „Ich denke, es sollte dir leicht fallen, diese Aufgabe zu erfüllen", sagte Dyn Arthos. „Du musst ja keine komplizierten Tests machen, sondern das Kind nur ansehen."

      Nadira nickte. „Und wenn es über Ashara verfügt, soll ich es dann mitbringen?"

      „Nein. Wir geben ihnen ein paar Tage Zeit, sich zu verabschieden. Wenn es über Ashara verfügt, sag der Mutter, dass du es in drei Tagen abholen wirst."

      „Gut", sagte Nadira. „Und wenn es über kein Ashara verfügt?"

      „Dann sagst du der Mutter, dass ihr Kind kein Ashari ist", sagte Dyn Arthos. Er wollte sich gerade zum Gehen umwenden, dann fügte er jedoch hinzu: "Wenn du wieder zurück bist, erstattest du mir Bericht."

      ***

      Nadira lies sich von Aurel zurecht machen. Als Dynari musste sie immer gepflegt aussehen. Das bedeutete vor allem: langwieriges Zurechtmachen der Haare. Ohne Aurel wäre Nadira schon lange verzweifelt. Zum Glück aber hatte sie Aurel und so war es zwar immer noch nervig, aber immerhin nicht zum verzweifeln.

      Als ihre Haar saßen, und sie in ihrem Kleid steckte, griff Nadira nach ihrem Diadem und setzte es auf. Der Fokusstein verband sich sofort mit ihrem Geist. Inzwischen war das Gefühl für Nadira vertraut und sie kämpfte nicht mehr dagegen an.

      Nadira ging auf die Türe zu und sagte zu Aurel: „Ich bin in einigen Stunden wieder zurück."

      „Hast du nicht etwas vergessen?"

      Nadira sah an sich herab. Kontrollierte ihre Kleidung, dann ihr Diadem. Alles war da. Aurel schmunzelte. „So etwas meinte ich nicht."

      „Was meinst du denn?"

      „Eine Dynari verlässt doch nie ohne Hüter das Haus." Ein Hüter. Aurel hatte natürlich recht. Ein Hüter war eine Art persönliche Wache für die Dynari. Die Wache selbst war für die ganze Stadt zuständig. Sie schützen die Dynari, die normalen Leute, eben alles. Ein Hüter hingegen war für einen bestimmten Dynari zuständig. Jeder Dynari erwählte einen Hüter. Es war ein sehr großer Vertrauensbeweis, zum Hüter erwählt zu werden. Aber Nadira hatte noch keinen erwählt.

      „Ich habe keinen Hüter", sagte Nadira.

      „Ich weiß. Dann musst du jemand von der Wache mitnehmen."

      Nadira seufzte. Sie hatte keine besondere Lust, jetzt nach einer Wache zu suchen.

      „Weißt du überhaupt, wohin du gehen musst?", fragte Aurel. „Ich meine, kennst du den Weg?"

      „Ähm", machte Nadira. Aurel hatte recht. Die Begeisterung und Aufregung über ihren ersten Auftrag hatte Nadira komplett vergessen lassen, dass sie nicht wusste, wo diese Familie eigentlich wohnte. Ohne Aurel wäre sie einfach los spaziert, ohne zu wissen, wohin sie eigentlich gehen sollte. Wahrscheinlich wäre ihr erst in der Stadt klargeworden, dass sie gar kein Ziel hatte. Eine ziemlich peinliche Situation.

      Dyn Arthos hatte ihr zwar gesagt, wie die Frau hieß, aber nicht wo genau sie wohnte. Nadira kam sich gerade ziemlich dumm vor. Wieso hatte sie ihn nicht gefragt?

      „Ich geh einen Wächter holen", sagte Aurel. Und ehe Nadira etwas erwidern konnte, war Aurel schon durch die Türe verschwunden. Während Nadira darauf wartete, dass Aurel zurückkam, ging sie vor ihrem Bett auf und ab. Ihre Nervosität wuchs mit jedem Schritt. Erst jetzt wurde ihr klar, dass Dyn Arthos ihr einen wichtigen Auftrag gegeben hatte. Ihr wurde erst jetzt die Verantwortung klar, die hinter diesem Auftrag stand. Ein Ashari, der nicht ausgebildet wurde, konnte eine große Gefahr werden. Ashara zu kontrollieren brauchte eine Menge Wissen und Können. Viele Ashari, die keine Ausbildung bekamen, verloren die Kontrolle über ihr Ashara. Das konnte für sie selbst und für andere in ihre Nähe sehr unangenehme Folgen haben.

      Aurel riss Nadira aus ihren Gedanken, als sie deren Gemächer wieder betrat.

      „Ich hab eine Wache für dich", sagte sie. „Er kennt sich in der Stadt aus und kann dir den Weg zeigen."

      „Danke", sagte Nadira und verließ ihre Gemächer. Im Gang stand ein junger Mann, vermutlich nur ein oder zwei Jahre älter als Nadira. Er war also noch nicht lange bei der Wache. Als er Nadira sah, verbeugte er sich und grüßte sie.„Dyna."

      ***

      Nadira kam sich ein wenig albern vor, als sie mit der Wache durch den Innenhof ging, auf das Tor des Hauses zu. Der Innenhof war zwar nicht mehr so voll wie bei der Feier, aber wie immer, war er durchaus belebt. Nadira hatte das Gefühl von allen beobachtet zu werden. Vermutlich bildete sie sich das nur ein. Durch die ungewohnte Situation und auch wegen der Aufgabe und der damit verbundenen Verantwortung, war sie nervös. Aber das Gefühl blieb, und sie fühlte sich zunehmend unwohl.

      Der Wächter am Tor verneigten sich vor ihr, was Nadira dazu veranlasste kurz stehen zu bleiben und ihn verwirrt anzusehen. Bainus, der Wachmann der sie begleitete, war vorausgegangen und hatte davon nichts mitbekommen. Nadira musste sich beeilen, um wieder zu ihm aufzuschließen.

      Das Haus von Dyn Arthos lag mitten in der Stadt, auf einem kleinen Berg. Es hieß das Haus stamme noch aus der Zeit der Aiudir und war noch von diesen erbaut worden. Aber Nadira hatte diese Geschichte nie so wirklich geglaubt. Das Haus machte nicht den Eindruck schon so alt zu sein. Vielleicht hatten wirklich Aiudir auf diesem Berg als Erste ein Haus gebaut, aber die Häuser, die heute dort standen, waren sicher nicht von den Aiudir errichtet worden.

      Um vom Haus von Dyn Arthos in die Stadt zu kommen, musste man einer Straße folgen, die sich in einer Rechtskurve um den Berg wand. Die Straße war auf diese Art angelegt worden, damit sie nicht so steil war, dafür war sie so um einiges länger geworden.

      Das Tor zum Haus der Dynari lag nicht am äußeren Rand, sondern war ein Stück nach innen versetzt. Links und rechts war es von Häusern gesäumt, sodass man den Eindruck hatte, durch eine kurze Schlucht zu gehen, ehe man das Tor erreichte. Diese Stelle war ziemlich eng und sollte Angreifer behindern, die dort nicht die ganze Stärke ihrer Truppen einsetzen konnten. Die Häuser links und rechts des Tores hatten flache Dächer, von dort aus konnte man Angreifer mit Pfeil und Bogen und anderen Gemeinheiten eindecken. Das Tor war außerdem massiv und schwer und konnte mit einem riesigen Riegel verschlossen werden. Es war nur schwer vorzustellen, dass Angreifer durch das Tor in das Haus vordringen konnten, außer sie hatten Unterstützung durch Ashari.

      Als Nadira diese „Schlucht" hinter sich gelassen hatte, öffnete sich der Ausblick und ganz (naja, genau gesagt,

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