Nach Amerika! Bd. 2. Gerstäcker Friedrich

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Nach Amerika! Bd. 2 - Gerstäcker Friedrich

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die Worte:

      E x p e d i t i o n d e r N e w – O r l e a n s – B i e n e

      trug. An der Tür unten war noch ein kleines, deutsches Schild angebracht, das die ,Office’ des ,Editors’ oder Redakteurs als eine Treppe hochliegend, und die Stunden von zehn bis zwölf Vormittags, wie von drei bis fünf Uhr Nachmittags als die passendsten bezeichnete, ihn zu sprechen.

       Es war etwa halb vier Uhr Nachmittags, Anfang November jenes Jahres, als ein junger Mann, sehr anständig gekleidet, in schwarzem Frack, dunklen Beinkleidern und Handschuhen, seinen Hut vielleicht der Wärme wegen in der Hand, das Haus erreichte, das kleine Schild unten durchlas, sein Haar dabei etwas ordnete, und dann die ziemlich steile, noch ganz neue Treppe langsam hinanstieg. Er trug ein fest eingeschlagenes Paket, das möglicherweise Manuskripte enthielt, unter dem linken Arm und klopfte leise an die mit einem entsprechenden Schild bezeichnete Tür.

       «Walk in!60»

       «Habe ich das Vergnügen, mit Herrn Doktor Rosengarten zu sprechen?»

       «Bitte – ich bin kein Doktor – aber mein Name ist Rosengarten; mit wem habe ich die Ehre?»

       «Theobald – Fridolin Theobald – lyrischer Dichter und Schriftsteller im Allgemeinen, aus Deutschland», stellte sich unser Freund dem kleinen, etwas schwärzlich aussehenden Mann selber vor, indem er ihm eine gewissenhaft an der Ecke eingedrückte Visitenkarte überreichte.

       «Und womit kann ich Ihnen dienen?» sagte Herr Rosengarten, einen etwas mißtrauischen Blick nach dem Paket werfend, das jener unter dem Arm trug. «Wohl erst ganz kürzlich von Deutschland gekommen, wenn man fragen darf?»

       «Seit etwa drei Wochen», sagte Herr Theobald, indem er anfing, sein Paket aus einem großen Bogen Makulatur herauszuwickeln, «und wollte mir nur die Freiheit nehmen, Ihnen hier einiges für Ihr sehr geschätztes Blatt anzubieten.»

       «Ah, Sie sind sehr freundlich», sagte Herr Rosengarten etwas verlegen, indem er nach seiner Brille auf dem neben ihm stehenden Schreibtisch herumfühlte, die gefundene aufsetzte, und beide Hände dann, als ob er nicht voreilig damit zu sein wünschte, in seine Rocktaschen schob.

       «Ich habe hier zweierlei», sagte Herr Theobald mit einer leichten Verbeugung, «was beides, wie ich kaum zweifle, und wovon Sie sich auch wohl bald überzeugen werden, nicht geringes Furore beim Publikum machen wird. Ich will und möchte nicht gern unbescheiden sein, aber ich weiß, daß der Erfolg nicht fehlen kann. Sie haben doch vollständige Pressfreiheit hier in Amerika?»

       «Vollständige», versicherte Herr Rosengarten, mit einem sehr entschiedenen Kopfnicken.

       «Ihre Constitution61 garantiert es Ihnen wenigstens… »

       «Ah, und wir wissen es aufrecht zu erhalten», beteuerte Herr Rosengarten, «der Präsident in seinem Weißen Haus ist nicht sicher, angegriffen und seiner verborgensten Fehler wegen öffentlich an den Pranger gestellt zu werden.»

       «Schön – sehr schön», rief Herr Theobald, «Gott sei ewig gedankt, daß ich endlich einmal diesen Engelsgruß, wenn ich mich so ausdrücken darf, von geweihten Lippen aussprechen hören kann. – Sie sind auch Schriftsteller, nicht wahr?»

       «Hm – ja», sagte Herr Rosengarten mit einem bescheidenen Blick nach dem breiten, halbgeöffneten Glasfenster, das ihn von der Druckerei trennte. «Eigentlich Buchdrucker – die Ausstattung unserer Sachen läßt nichts zu wünschen übrig, aber die leichten Sachen, die Leitartikel vorn im Blatt und die Angriffe auf die Gegenpartei schreib’ ich gewöhnlich selber.»

       «Ihr Blatt ist rein demokratisch?»

       «Diamant», sagte Herr Rosengarten, «das heißt», setzte er rasch hinzu, «Sie werden mich wohl verstehen, was man damit sagen will – Demokrat den Grundsätzen, aber nicht immer den Prinzipien nach.»

       «Das verstehe ich allerdings n i c h t », sagte Theobald erstaunt.

       «Nun, ich meine», versicherte der Editor der New-Orleans-Biene, «daß wir grundsätzlich reine Demokraten sind und die demokratischen Prinzipien auch in unserem Blatt, gerade im demokratischen Sinn aber auch die allgemeinen Menschenrechte vertreten, zu denen die Whigs62 als unsere Brüder ebensogut gehören. Solcherart suchen wir denn eine Verschmelzung der beiden Parteien zu vermitteln. Wissen Sie», fuhr er fort, als ihn der Fremde immer noch nicht zu begreifen schien, «die Demokraten sind gewöhnlich ungemein enthusiasmiert für ihre Sache, aber – nur ein sehr geringer Teil von ihnen befindet sich in hinlänglich günstigen pekuniären Verhältnissen, um nicht allein eine Zeitung zu lesen, sondern sie auch zu halten und – was die Hauptsache ist, auch zu bezahlen, während die Whigs, besonders zeitweise, auf höchst liberale Weise auch die kleinste Vergünstigung anerkennen. – Ich weiß nicht, ob ich mich deutlich genug ausgedrückt habe.»

       «Ich muß allerdings gestehen, daß ich das noch nicht ganz vollkommen begreife», sagte Herr Theobald.

       «Es ist unser Prinzip, im echt demokratischen Sinne», sagte Herr Rosengarten, « b e i d e n Teilen g e r e c h t zu werden, wir stehen, um Ihnen gewissermaßen durch ein Beispiel unser Ziel anschaulich zu machen, in Fechterstellung, bei zurückgeworfenem Körper mit dem linken Fuß auf der Demokratie, mit dem rechten den Whiggismus nur allerdings leicht berührend, nur danach fühlend, aber jeden Augenblick bereit, uns im Angriff momentan ganz darauf zu werfen, und dann nur wieder zum Schutz auf den linken Fuß zurückzufallen.»

       «Aber gegen w e n kämpfen Sie dann?» fragte Herr Theobald in sehr natürlicher Frage, durch diese Erklärung wirklich selber konfus gemacht.

       «Gegen jeden, der uns angreift», sagte Herr Rosengarten schnell, «die Biene kann auch stechen, mein verehrter Herr», er warf einen raschen Blick auf die vor ihm liegende Karte, «mein verehrter Herr Theobald; die Biene kann auch stechen, trotz ihrem Fleiß, mit dem sie Wachs für ihre Zellen, Honig für ihre Leser einträgt. Wir haben uns dabei mit den besten Kräften Amerikas verbunden», setzte er mit einigem Selbstgefühl hinzu, «und wissen, daß wir dem Publikum etwas Gediegenes, Solides bieten können.»

       «Sie bringen aber, wie ich gesehen habe, a u ß e r der Politik auch Erzählungen, Novellen und Lyrik?» sagte Herr Theobald.

       «Gewiß, oh sicher», beteuerte Herr Rosengarten, «nur durch Mannigfaltigkeit kann sich ein Blatt in Amerika halten.»

       «Und verschmähen dabei gewiß nicht Artikel, welche auf die Verbesserung der Kultur, der Zustände hinarbeiten, und diese, wo sie unzweckmäßig oder faul sind, rügen.»

       «Gewiß nicht», sagte Herr Rosengarten rasch und erfreut, «wir suchen sogar etwas darin, mit sämtlichen Zuständen unzufrieden zu sein, und, indem wir viel, s e h r viel verlangen, wenigstens e t w a s dadurch zu erreichen. Wenn Sie Amerika näher kennenlernen, werden Sie uns ganz Recht geben.»

       «Ich habe schon jetzt einige Erfahrungen gemacht», versicherte ihm Herr Theobald, «die mich veranlassen, Ihnen in mancher Hinsicht beizustimmen, und die Zeit, die ich in Amerika zubringe, nicht allein benutzt, um frische Eindrücke zu sammeln und Beobachtungen und Vergleiche anzustellen, sondern auch diese Beobachtungen und Resultate niederzuschreiben. Nun muß ich Ihnen aufrichtig gestehen, daß ich bis jetzt der Tagespresse nicht solche Macht zutraute, um auf die öffentliche Meinung zu wirken, indem ein Journal, ob es nun täglich oder wöchentlich erscheint, mit der nächsten Nummer schon gewissermaßen beiseite geschoben wird und veraltet ist. Der amerikanische Buchhandel63 steht dagegen auf einer von jedem anderen Land unerreichten Stufe, und die Exemplare populär gewordener oder in die Zeitumstände

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