Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel. Michael Schenk
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ausgezogen. An seinem Ende zeigte er das Wappen des Reiches Alnoa, drei
weiße Bäume auf grauem Grund. In der Mitte des Schiffes stand der
Hauptmast, der an seinem Ende mit der Querstange für das Hauptsegel und
der Ausguckplattform versehen war. Ein zweiter, wesentlich kleinerer Mast
ragte vor der Brücke am Heck auf. Masten und Segel wirkten für ein
Segelschiff ausgesprochen bescheiden und schienen kaum in der Lage, der
»Shanvaar« Geschwindigkeit zu verleihen. Doch sie waren auch nur für den
Notfall gedacht, denn das Kampfschiff wurde von einem Brennsteinantrieb
bewegt.
Ungefähr in der Mitte des Rumpfes war unter Deck die wuchtige
Konstruktion des Brennsteinkessels verborgen, in dem aus Wasser Dampf
gebildet wurde, welcher das Schiff antrieb und zugleich seine gefährlichste
Waffe bildete. Von der Brennsteinmaschine liefen rechts und links je eine
armdicke Metallwelle zur jeweiligen Seite des Schiffes, um dort in einer
großen metallenen Scheibe zu enden. An einem Außenpunkt der Scheibe war
jeweils eine lange Stange befestigt, die zu den Gegenstücken der Scheiben am
Heck der »Shanvaar« führten. Dort, unter der hinten überstehenden Brücke,
drehte sich das gewaltige Schaufelrad, welches das Wasser des Flusses mahlte
und dabei das Schiff vorwärtsschob.
Der Dampfantrieb durch Brennstein war neu, und nicht jeder Seemann in
Alnoa war davon angetan, denn die Maschine im Bauch des Schiffes stampfte
und dröhnte, strahlte Hitze in den Rumpf und musste stets mit Wasser und
Brennstein versorgt werden.
Auch Halblar, der Erste Offizier der »Shanvaar«, hatte sich mit dem
lärmenden Antrieb noch nicht anfreunden können. Nur seine Freundschaft zu
dem adligen Kapitän hatte ihn bewogen, mit an Bord zu gehen. Als er nun
neben seinen Freund trat und die Hände automatisch auf die Reling der
Brücke legte, stieß er einen halblauten Fluch aus und zog die Finger hastig
zurück. »Verfluchte Hitze. Hier oben ist es auch nicht viel besser als unten im
Rumpf. Dabei dachte ich, die Maschine sei nicht zu überbieten. Ich frage
mich, wie unsere Brennsteinmänner es da unten aushalten.«
»Sie sind es gewöhnt.« Gort ta Mergon nahm den Helm mit den beiden
Federn eines Großkapitäns vom Kopf und wischte sich den Schweiß von der
Stirn. »Und die es nicht gewöhnt sind, werden es bald sein.«
»Wie kann man sich an solchen Lärm und solche Hitze gewöhnen?«
Halblar schüttelte verächtlich den Kopf. »Ich sage dir, Gort, mein Freund, ich
vermisse den erfrischenden Druck des Windes in den Segeln, das leise
Flappen der Leinwand und das Knarren des Tauwerks.«
»Auch wir haben knarrendes Tauwerk«, brummte ta Mergon schmunzelnd
vor sich hin.
»Ja. Aber ansonsten hört man nur dieses Stampfen und Zischen.« Halblar
wies hinter sich zum Heck. »Und das Klatschen des Schaufelrades. Ich kann
nachts ja nicht mehr schlafen.«
»Auch du wirst dich an den Lärm gewöhnen.« Der Großkapitän sah seinen
Freund lächelnd an. »Immerhin macht uns die Brennsteinmaschine
unabhängig vom Wind, mein Freund. Während der Feind fahrtlos in den
Wellen liegt und auf Wind hofft, können wir manövrieren und ihn
vernichten.«
Halblar spuckte ins Wasser. »Doch wenn er Wind hat, fährt er uns davon.«
Er schlug seufzend auf die Reling und verzog erneut das Gesicht. »Jeder wird
uns davonfahren, mein Kapitän. Gegen einen fahrenden Segler kommen wir
nicht an.«
»Wir fahren nur mit halber Kraft«, tröstete ta Mergon. »Warte, bis wir den
Kessel ordentlich geheizt haben, dann wirst du sehen, dass die ›Shanvaar‹ wie
ein elfisches Pfeilschiff über die Wellen fliegt.«
Halblar sah sich kurz nach eventuellen Zuhörern um und gab dann einen
obszönen Laut von sich. »Ich weiß, Gort, du liebst dieses Schiff und hast um
das Kommando gekämpft, aber du hättest einen der schnellen Kampfsegler
wählen sollen. Mit diesem Brennsteinkessel unter unseren Füßen werden wir
den Feind nicht einholen können, und wenn es eng wird, können wir ihm auch
nicht davonfahren.« Er lachte freudlos. »Außer vielleicht bei Windstille.«
Die Worte seines Freundes begannen Gort zu ärgern. »Du verschließt dich
der neuen Zeit, Halblar. Der Brennstein verleiht unserem Schiff besondere
Kraft.« Er wies nach vorne in Richtung Bug. Dort, vor dem vorderen Mast,
stand der runde Turm für die Hauptwaffe des Schiffes. »Und unserer
Dampfkanone vermag kein feindliches Schiff standzuhalten.«
»Wenn sie denn trifft und der Feind lange genug stillhält.«
»Halblar.« Gorts Stimme verriet seinen Unmut und ermahnte den Freund,
nun besser einzulenken. Der Großkapitän wies über den Fluss. »Mit einem
Kampfsegler