Die Spinne. Jean-Pierre Kermanchec

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Spinne - Jean-Pierre Kermanchec страница 5

Серия:
Издательство:
Die Spinne - Jean-Pierre Kermanchec

Скачать книгу

Vorbei am Staatsarchiv, folgte er der sogenannten Corniche bis zur Schlossbrücke. Über den Boulevard Victor Thorn gelangte er schließlich auf die Rue Sosthène Weis. Er folgte dieser Straße bis zur Jugendherberge, überquerte die Alzette und bog in die Rue Vauban ein. Dieser Straße folgte er jetzt bis zur angegebenen Stelle, nur etwas mehr als zwei Kilometer von seinem Hotel entfernt. Als er den Ort erreicht hatte, verblieb ihm noch genügend Zeit, sich einen günstigen Standort auszuwählen, bevor Wollmann eintreffen würde.

      Die Spinne ließ die Umgebung nicht aus den Augen. Travers beobachtete jedes Haus und jedes Fenster genau. Er musste wissen, ob sich jemand in der Nähe befand und ihn eventuell sehen könnte. Aber alles war still. Die Straße war um diese Zeit kaum befahren. Nur wenige Fahrzeuge verirrten sich in der Nacht in diesen Stadtteil.

      Travers sah schon von Weitem das Fahrzeug, das sich jetzt näherte. Ein BMW 530. Er erkannte den Wagen sofort. Immerhin hatte er sein Opfer in den letzten Tagen intensiv beobachtet. Wollmann parkte sein Fahrzeug ziemlich genau gegenüber von Travers, schaltete die Beleuchtung aus und stieg aus.

      Auch Wollmann sah sich sorgfältig um. Dann entfernte er sich einige Schritte von seinem Wagen und stellte sich auf der anderen Straßenseite auf den Gehweg. Es war dreiundzwanzig Uhr und fünfzehn Minuten. Wollmann war es gewohnt, zu warten. Informanten waren selten pünktlich.

      Travers hob die Pistole und blickte durch sein Zielfernrohr. Seine Hand war ruhig, und Wollmann stand genau vor ihm. Er brauchte nur wenige Sekunden, um sein Ziel anzuvisieren. Langsam und bedächtig krümmte er seinen rechten Zeigefinger. Der Schuss war, dank des Schalldämpfers, fast nicht zu hören gewesen. Ein leises „blopp“, und Wollmann fiel augenblicklich zu Boden. Travers nahm seine Taschenlampe aus der Sakkotasche und leuchtete den Boden um seinen eigenen Standort ab. Seine Suche galt der Patronenhülse. Er fand sie und ließ sie in seine Sakkotasche gleiten, schaltete die Taschenlampe aus und ging zu Wollmann. Auf dem kurzen Weg zur Leiche von Wollmann, streifte er sich einen Latexhandschuh über. Er blickte sich noch einmal um, beugte sich dann hinunter und fühlte seinen Puls an der Halsschlagader. Wollmann war tot, und die Kugel hatte ihn genau ins Herz getroffen. Travers zog den kleinen post-it Block aus der Tasche, zog ein Blatt mit der aufgestempelten Spinne ab und steckte sie dem Toten in die Sakkotasche.

      Behutsam entfernte er sich wieder von dem Ort. Er folgte der Rue Saint-Mathieu ca. dreißig Meter, bis zur Brücke, die hier über die Alzette führte und ging über die Rue Laurent Ménager, weiter in Richtung der Innenstadt. Nachdem er die Montée de Pfaffenthal wieder erklommen hatte, lag die Schlossbrücke zu seiner linken Seite. Er folgte der Rue Sigefroie, ging am Gebäude des Staatsrats vorbei und bog in die Rue du Curé ein, um zur Groussgaass zu kommen. Über die Rue des Capucins gelangte er schließlich wieder an den Boulevard Royal. Er folgte dann der Avenue de la Porte-Neuve, ging am Altersheim Pescator vorbei und nahm, hier an der Bushaltestelle, den nächsten Bus, in Richtung Kirchberg. Er traf ziemlich genau am Utopolis ein, als der Film zu Ende war. Er nahm ein Taxi und fuhr in sein Hotel zurück. Die Quittungen, sein Alibi für den Mord, verwahrte er sorgfältig in seinem Portemonnaie. Sollte die Polizei ihn widererwarten befragen, und er ein Alibi benötigen, dann wären die Eintrittskarte und die Taxiquittung ein ausreichender Beleg.

      Zurück im Hotel, besuchte er zuerst die Toilette. Er nahm ein Stück Toilettenpapier und wickelte die Patrone, die er noch immer in seinem Jackett trug, in das Papier, warf es in die Toilette und spülte ab. Als er sich vergewissert hatte, dass die Patrone nicht mehr im WC lag, nahm er den Latex-Handschuh, wickelte ihn, in Papier aus dem Papierspender für die Hände, ein und stopfte das Knäuel tief in den Abfalleimer, neben dem Waschbecken. Danach ging er wieder in die Halle und setzte sich in einen Sessel, winkte einen Ober herbei und bestellte sich ein Glas Champagner. Sein Auftraggeber würde über die Presse erfahren, dass der erste Teil erledigt worden ist.

      Kapitel 4

      Henri Medernach hatte sich mit seinen Kollegen, im Sitzungssaal der police judiciaire, in der Bitburger Straße eingefunden, um alle auf den neuesten Stand der Ermittlungen zu bringen.

      Die kurzfristig einberufene Sonderkommission war beinahe vollständig anwesend, obwohl es ein Samstagnachmittag war. Medernach zählte die Einzelheiten auf, soweit sie bis jetzt bekannt waren. Das Ergebnis der Gerichtsmedizin lag noch nicht vor, dafür war die Zeit nun doch zu kurz gewesen.

      Aber auch so war klar, dass die Todesursache der Schuss mitten ins Herz war. Vielleicht würden sich auch noch Spuren des Täters auf der Leiche finden. Medernach glaubte allerdings nicht wirklich daran. Für ihn stand jetzt bereits fest, dass sie es mit einem Auftragsmord zu tun hatten, mit einem absoluten Profikiller.

      „Konnte die Spurensicherung sonst noch etwas am Tatort finden?“ Die Frage von Medernach richtete sich an alle Anwesenden. Georges Ehlinger, er leitete das Team der Spurensicherung, erhob sich von seinem Platz und sprach in die Runde.

      „Wir haben im Umkreis von vierhundert Metern alles durchsucht. Papierkörbe, Vorgärten, Abfalltonnen usw., aber wir haben nichts Ungewöhnliches gefunden. Etwa dreißig Meter von der Leiche entfernt, konnten wir Fußabdrücke sicherstellen. Allerdings dürften diese sehr wenig ergiebig sein. Es handelt sich um den Abdruck einer glatten Ledersohle, ohne irgendeine Besonderheit. Wir können natürlich auch nicht mit Sicherheit sagen, dass die Abdrücke vom Täter stammen. Wenn es sich um seinen Abdruck handeln sollte, dann suchen wir einen Mann mit der Schuhgröße zweiundvierzig.“

      Georges setzte sich wieder, und Medernach dankte ihm für die Ergebnisse.

      „Gibt es sonst noch etwas?“ Medernach blickte in die Runde.

      „Claude, was hat die Befragung der Taxifahrer und der Hotels ergeben?“

      „Ich habe alle Taxi-Unternehmen gefragt, ob sie gestern Abend einen Fahrgast ins Pfaffenthal gefahren haben. Insgesamt haben wir von sechs Fahrten erfahren. Wir sind gerade dabei, die Fahrgäste zu überprüfen. Bis jetzt haben wir vier Personen überprüft, alle vier wohnen im Pfaffenthal, und alle haben ein Alibi für die Tatzeit. Die Hotels sind dabei, uns eine Übersicht der Gäste zusammenzustellen. Ich schätze, dass wir etwa drei Tausend Namen bekommen werden. Es dürfte unmöglich sein, die alle zu überprüfen. Bekanntlich weilt die Mehrzahl der Gäste nur für eine Nacht in Luxemburg. Damit dürften die meisten das Land schon wieder verlassen haben.“

      „Klar, das stimmt sicherlich“,, meinte Medernach „aber wenn ein Fahrgast, von einem der Hotels aus, ins Pfaffenthal gefahren wurde, sollten wir uns zumindest diesen näher ansehen.“

      Claude meldete sich noch einmal zu Wort.

      „Chef, würden Sie mit einem Taxi zu einem Tatort fahren? Ich glaube, dass wir da nichts finden werden. Interessanter dürfte da das post-it sein. Georges, hast du den schon näher untersuchen lassen?“

      Georges Ehlinger sah Claude an und nickte.

      „Wir haben ihn uns genau angesehen. Diese kleine Spinne ist mit einer Tinte aufgedruckt, die es bei uns nicht mehr geben darf. Sie enthält Beimischungen von Blei, die es nur noch in China gibt. Die Untersuchungen sind aber noch nicht vollständig abgeschlossen.“

      „Soll das heißen, dass wir es vielleicht mit einem Asiaten oder Chinesen zu tun haben könnten?“ Medernach war unsicher, ob diese Schlussfolgerung statthaft war. Eine Möglichkeit wäre es natürlich schon.

      „Nun, möglich, allerdings kann sich jeder China-Tourist so eine Tinte mitgebracht haben. Ein erster Hinweis ist es aber immerhin.“ Georges Ehlinger lehnte sich in seinen Sessel zurück und wippte leicht hin und her.

      „Warum sollte ein Tourist sich Tinte aus China mitbringen? Das erscheint mir doch

Скачать книгу