Die Erfüllung aller Wünsche. Orison Swett Marden
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Der Mensch, der zu sein du fähig bist, nicht der Mensch, der du bist, das ist das Wichtigste für dich. Diesen ungeheuren Schatz ungenützt bis zum Grab mit dir zu schleppen, das kannst du dir nicht leisten. Als Geschäftsmann würde es dir nicht einfallen, ein großes Kapital in der Schublade liegen, es nicht arbeiten, nicht Zinsen tragen zu lassen. Machst du dir denn nicht klar, dass dies genau das ist, was du mit dir selbst tust? Du trägst einen Schatz in dir, der viel kostbarer ist als Geld. „Warum lässt du dein Kapital nicht arbeiten?“ würdest du einen Geschäftsmann fragen, der sich quält in steter Sorge, er könne seinen Verpflichtungen nicht nachkommen, seine Schulden nicht bezahlen, während er doch ein großes Kapital ungenützt liegen hat. Einen solchen Mann würdest du für sehr töricht halten. Du bist noch viel törichter als er, denn du lässt ein unsterbliches Kapital ungenützt. Warum quälst du dich so armselig durchs Leben, wenn du doch solche Schätze zur Verfügung hast?
So mache doch den Versuch, den möglichen Menschen in dir herauszubringen. Du weißt recht wohl, dass du dies noch niemals bis zu den äußersten Grenzen getan hast. Warum nimmst du dir nicht vor, diesen riesigen Rückhalt, diese mächtige Hilfsquelle, diese gefesselten Fähigkeiten, die du noch niemals freigelassen hast, ins Spiel zu bringen? Du weißt, dass sie da sind, du fühlst sie unbewusst in dir. Du ahnst, deine innere Stimme, dein Ehrgeiz sagen dir, dass ein viel größerer Mensch in dir steckt, als du bisher je hast in Tätigkeit kommen lassen. Warum weckst du ihn nicht, warum rüttelst du ihn nicht auf? Warum steckst du die Lunte nicht an und lässt diese Riesenmine sprengen?
Das Auffinden der größeren Möglichkeiten im Menschen, des Ungenützten, des Unentdeckten, das ist die Aufgabe des „Neuen Denkens“. Vielleicht liegt dieses Ungenützte, Unentdeckte unter allerlei Schutt begraben – Zweifel, Mangel an Selbstvertrauen, Zaghaftigkeit, Furcht, Sorgen, Unsicherheit, Angst, Hass, Eifersucht, Rachsucht, Neid, Selbstsucht. Aber dies alles wird durch das richtige Denken ausgeglichen und unwirksam gemacht.
Wie oft ist es schon geschehen, dass Leute, die für unbrauchbar, für „Taugenichtse“, gehalten wurden, sich, wie mit einem Zauberstab berührt, plötzlich änderten und Männer von Gewicht, geistige Führer, Helfer der andern wurden. Irgendetwas hatte ihren Geist in raschere Schwingung versetzt und sie aus ihrem Nichts zu wertvollen Stützen der Gesellschaft gemacht. Irgendetwas hatte ihr Innerstes berührt, den Gott in ihnen geweckt, und sie wandten ihr Gesicht von der Finsternis ab zum Licht, von der Niedrigkeit zur Höhe, und vollbrachten Großes. Vielleicht war es ein erweckendes Buch, ein Vortrag oder ein Funke göttlicher Erleuchtung, der ihnen ihr eigenen wahres Selbst zeigte; aber was es auch gewesen sein mag, es führte sie auf den rechten Pfad, weg von der Hässlichkeit zur Schönheit, vom Unrechten zum Rechten, machte sie aus Feinden der menschlichen Gesellschaft zu deren Wohltätern.
Die Verwandlung von Saulus, dem Verfolger, in Paulus, den großen Apostel der Heiden, ist eines der gewaltigsten Beispiele von Selbstoffenbarung durch einen Funken göttlicher Erleuchtung.
Welche Umwälzung würde mit dem ganzen Menschengeschlecht vor sich gehen, wenn dieses Etwas, das Saulus auf seinem Weg nach Damaskus berührte, als ihn plötzlich „ein Licht vom Himmel umleuchtete“, alle Menschen, die irre gehen, ergriffe, alle die Nullen, die Untauglichen, die Gescheiterten, die Verzagten, die Verzweifelten, die am Wege Liegengebliebenen! Welch weiten Sprung dem Tausendjährigen Reich entgegen würde das Menschengeschlecht tun, wenn all diese toten Seelen erweckt und erneut werden könnten durch jenes geheimnisvolle Etwas, das den racheschnaubenden Verfolger der Christen zum größten Apostel des Christentums machte. Wenn dieser göttliche Funke, der ein neues Feuer im Menschenherzen entzündet, aus Tieren Menschen und gute Bürger aus Taugenichtsen, Trunkenbolden und Verbrechern macht, in uns allen entzündet werden könnte, dann verschwänden Elend und Verzweiflung mit einem Schlag von der Erde. Wer einmal ein Stück dieses verhüllten göttlichen Vorbildes in sich entdeckt und enthüllt hat, wem der göttliche Entwurf, den seine Natur erkennen lässt, ins richtige Licht gerückt ist, der wird weder ruhen noch rasten, bis das ganze Vorbild enthüllt ist; und enthüllen kann es niemand, der ein gemeines, niedriges, sinnliches Leben führt. Solch ein Leben wirft eine Decke auf die Hochgedanken und verdunkelt das geistige Sehen.
Die Welt hat das Recht, von denen, die, wenn auch nur teilweise, sich selbst gefunden haben, die sich ihrer Göttlichkeit bewusst geworden sind, zu erwarten, dass sie ihr Haupt erheben, dass sie ihr Werk etwas besser machen, dass es ihnen ein wenig ernster ist, dass sie nach höheren Gedanken leben, dass sie ein besseres Beispiel geben als die, die ihre verborgene Kraft noch nicht geschmeckt haben. Die Menschheit braucht Männer, die ihr Begeisterung einzuflößen vermögen, viel notwendiger als große Gesetzeskundige, Ärzte, Priester oder Staatsmänner, einen Sokrates, einen Goethe notwendiger als Eisenbahn- oder Stahlkönige und große Börsenbarone.
Wer einmal die Macht, die in ihm ruht, die riesigen Möglichkeiten, die noch nie in Wirksamkeit gesetzt wurden, über allen Zweifel hinaus erprobt hat, dem wäre es unmöglich, sich je wieder mit dem halben Leben, das er seither geführt hat, zu begnügen, seine ganze neuentdeckte Natur würde sich dagegen sträuben, zu dem niedrigeren Lebensplan zurückzukehren, nach dem sein schwächeres, geringeres Selbst gelebt hatte.
Du bist vielleicht unter Bedingungen aufgewachsen, die dir die Möglichkeiten in dir verhüllten, bis durch irgendetwas ein neues Licht auf deine wahre Natur geworfen wurde. Dabei hast du entdeckt, dass du nicht das zahme, zaghafte Geschöpf bist, wofür du dich gehalten hattest, bis das Eine geschah, das den Löwen in dir erweckte.
Du magst vielleicht die Stimme gehört haben, die auf dein inneres Sehnen Antwort gab beim Lesen eines erhebenden Buches oder beim Lauschen eines Gespräches über das Neue Denken, das dir neue Seiten deiner Natur erschloss.
Einerlei, woher auch dieser Ruf an dich erschallen möge, ob durch einen neuen Gedanken, ob durch ein Gespräch über das Neue Denken oder durch das Lesen eines erhebenden Buches oder in irgendeiner ganz andern Weise, wenn du ihn hörst, wird ein Etwas in dir diesem Rufe antworten, und du wirst erkennen, dass du zu etwas Höherem, Feinerem berufen bist.
Das Neue Denken wendet sich ganz besonders an dieses Unentdeckte, an diese verborgen ruhenden Kräfte in uns, die wir bis jetzt nicht zu fassen vermochten.
Mit andern Worten, sie wendet sich an unsre bis jetzt ungehobenen Schätze, an unser Mehr, unsern Überschuss an Lebenskapital. Man findet etwas in Menschen, die sich den Lehren der Neuen Gedanken geweiht haben und sie verstehen, das man in andern Menschen nicht findet.
Das Neue Denken wirkt wie der Sauerteig in der Natur, gibt dem Einzelnen neues Leben, neue Kraft, neue Bedeutung. Kurz, sie wirkt einen neuen Menschen in dem alten. Sie macht unwirksam, zerstört, was ihn erniedrigen könnte, alles, was gegen sein wahres Bestes ankämpft, und entwickelt neue Kräfte, erschließt neue Hilfsquellen, ihn freier und größer zu machen.
Während der letzten hundert Jahre ist keine einzige neue Eigenschaft und kein neuer Grundgedanke zu den chemischen Gesetzen hinzugefügt worden, kein Tüpfelchen hat sich an den physikalischen Gesetzen geändert, und doch, welche Wunder haben die Gelehrten und Erfinder aus diesen gleichen Eigenschaften und Gesetzen während der letzten hundert Jahre herausgeholt!
Für Newton gab es dieselben Stoffe, dieselben chemischen und physikalischen Gesetze haben ihm zur Verfügung gestanden, mit denen Edison arbeitete, aber Edison hat hunderte von Erfindungen gegen Newtons eine Entdeckung zu setzen.
Die menschliche Natur ist, wie das Naturgesetz, heute dieselbe wie vor Jahrhunderten, aber von welch wunderbarer Entwicklung der menschlichen Kräfte sind wir heute Zeugen! Wie erstaunlich ist die Entwicklung der menschlichen Fähigkeiten gewesen! Welch wunderbare Fortschritte in Erkenntnis, Leistungsfähigkeit und Erschließung seiner natürlichen Hilfsquellen