Die Pferdelords 08 - Das Volk der Lederschwingen. Michael Schenk

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Die Pferdelords 08 - Das Volk der Lederschwingen - Michael Schenk Die Pferdelords

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Schalen öffnen konnten. Sie mussten ihre Körpermuskeln anspannen

      und die Schwingen ausbreiten, um das Ei zu zersprengen. Die Natur hatte es

      so eingerichtet, damit das Wesen bereit war, sofort nach der Geburt zu

      fliegen.

      Erneut strich das Muttertier um den Geburtsfelsen, und dieses Mal stieß es

      einen leisen Schrei aus, der die Männer zur Eile mahnte. Hastig kletterten sie

      den Pfad hinauf, bis sie endlich auf dem winzigen Gipfelplateau des

      Geburtsfelsens standen. Sie achteten nicht auf die Höhe, in der sie sich

      befanden. Sie waren es gewohnt, in die Tiefe hinabzusehen. Sei es vom

      Boden ihres Hortes aus oder vom Rücken einer Lederschwinge.

      Das Plateau maß keine zehn Längen im Durchmesser und war nahezu

      kreisrund. Der Boden war von den Lederschwingen sorgfältig geglättet und

      anschließend gebrannt worden, damit kein spitzer Stein die Hülle eines Eis

      beschädigen konnte. Eine kräftige Bö hätte die beiden Männer einfach vom

      Felsen heruntergewischt, aber der Wind ging gleichmäßig, als Anschudar mit

      einem langen Schritt an das Ei herantrat, während Mordeschdar am Ende des

      Pfades verharrte. Es mochte an die fünf Längen hoch sein und deren zwei im

      Durchmesser haben. Anschudar zog die gefütterten Handschuhe aus und legte

      die klamm werdenden Hände an die Schale des Eis. Sie fühlte sich warm an

      und vibrierte leicht. Es konnte nur noch Augenblicke dauern, bis es so weit

      war.

      »Es ist groß«, murmelte Anschudar.

      »Ja, das ist es. Wenn du Glück hast, wirst du auf einer außergewöhnlichen

      Schwinge reiten können. Doch beeile dich. Du musst nun ihren Namen

      denken«, mahnte der Schwingenführer. »Rasch, bevor sie schlüpft.«

      Gedanken waren intensiver, wenn man sie in Worten formulierte. Das

      hatte sich Anschudar gut eingeprägt. »Flieg, Showaa, meine Lederschwinge.

      Flieg.«

      »Showaa?« Mordeschdar nickte beifällig. »Ein guter Name. Wollen wir

      hoffen, dass …«

      Es knackte hörbar, und Anschudar trat instinktiv zurück. Andächtig

      starrten die beiden Männer auf das Ei. Die Linien des grauen Netzes

      verbreiterten sich rasend schnell, Spalten entstanden. Auch das Muttertier

      hatte diesen entscheidenden Augenblick erfasst. Elegant schwang es herum

      und glitt sachte heran. Ihre muskulösen Beine berührten die Männer fast, als

      sie dicht über ihre Kapuzen hinwegstrichen und dann mit wohldosierter Kraft

      gegen die zerbrechende Schale stießen.

      Vom Schwung des Muttertieres getroffen, zerbarst das Ei endgültig und

      wurde dabei vom Plateau geschleudert. Instinktiv presste Anschudar die Hand

      vor seinen Mund, als er es in die Tiefe stürzen sah. Er trat hastig an den Rand,

      um besser sehen zu können. Zwischen den Schalen war ein Schemen zu

      erkennen. Ein gedrungener Leib, der sich aber zu entfalten schien, während er

      zusammen mit den Schalen in die Tiefe wirbelte.

      »Flieg, Showaa, flieg«, flüsterte Anschudar.

      Es war eine brutale Auslese, die nur den kräftigsten Jungtieren eine

      Überlebenschance gab. Viele stürzten in den Tod und wurden dann betrauert.

      Doch nicht Showaa.

      Sie flog.

      Instinktiv breitete sie ihre noch feuchten Flugschwingen und Steuerhäute

      aus, die im Sturzflug trockneten und offenbar fest genug waren, um den

      Luftmassen Widerstand zu bieten. Aus dem Sturz wurde eine flache Kurve.

      Dicht über dem Boden zog Showaa steil an, und Anschudar stieß einen

      heiseren Jubelschrei aus. »Sie fliegt! Showaa fliegt!«

      »Was sollte sie auch sonst tun?«, brummte Mordeschdar, um seine

      Rührung zu verbergen. »Schließlich ist sie eine Lederschwinge.« Er räusperte

      sich. »Bereite dich jetzt vor. Sie muss dich erkennen und als ihren

      Schwingenreiter akzeptieren.«

      Das Muttertier zog weite Kreise um den Geburtsfelsen und beobachtete

      mit seinem Doppelpupillenauge aufmerksam sein geschlüpftes Junges. Ihre

      Bauchseite hatte sich intensiv rot verfärbt, was ihre Aufregung zeigte.

      Showaa flog, doch nun kam es darauf an, ob sie ihren Reiter auch anerkannte.

      Anschudar nahm den Schwingensattel und trat an den Rand des

      Geburtsfelsens. Showaa gewann an Höhe und kam näher. Obwohl noch ein

      Jungtier, war sie schon jetzt ungewöhnlich groß. Von den beiden kurzen

      Maultentakeln bis zur Schwanzspitze maß ein ausgewachsenes Exemplar gute

      zehn Längen, ein Maß, das von der Spannweite ihrer Schwingen noch

      übertroffen wurde. Der Rumpf einer Lederschwinge war schlank und leicht,

      und die beiden muskulösen Beine wurden im Flug nach hinten an den Leib

      gelegt. Der flache Schädel glich einem stumpfen Dreieck, in dessen breiter

      Vorderseite sich das Auge befand. Es hatte eine elliptische Form und zwei

      schlitzartige Pupillen.

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