Goethestraße 8b. Andreas Eichenseher

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Goethestraße 8b - Andreas Eichenseher

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Ulrich atmet tief durch und klickt auf `Speichern`. Er hat die Gedanken, die beim Gehen entstanden sind, gesichert.

      „Fürs ganze Werk vielleicht nicht relevant, aber... Ach, egal.“ Er faltet die Hände auf dem Bauch und lehnt sich zurück. „Es wird niemanden jucken“, sagt Ulrich zu sich selbst, grinst und kratzt sich am Hinterkopf.

      „Ich habe mein Schuhwerk noch nicht abgelegt...“ Ein jeder Schritt fällt leicht, als er zur Ablage geht. Da dringt eine tiefe, angestrengte Männerstimme durchs Türholz. Ein gewisser osteuropäischer Akzent ist nicht zu verkennen und bewegt Ulrich dazu, neugierig ins Treppenhaus zu spähen.

      „Oh nein“, denkt er sich, als er seinem vermeintlich neuen Nachbar in die Augen sieht.

      Der grimmige Blick eines Bullen vor der Schlachtung, die wirre Frisur eines Bernhardiners vor der Reinigung und die lückenhaften Zahnreihen eines Neunjährigen. Ulrich muss ihn auch gar nicht riechen, um zu wissen, dass er nach Fett und Schweiß stinkt. Und einen verrückten Köter hat er, so wie er aussieht, mit Sicherheit auch.

      „Hallo. Ich bin Ulrich“, presst er höflich und laut hervor.

      „Ach ja?“ Etwas verstört von des Mannes herablassender Antwort ringt Ulrich nach Worten der Fassung, da drückt sich eine zweite Ausgabe dieses Typus Mensch über die Stufen. Er schleppt einen Karton und steht seinem Freund bezüglich der Mimik in nichts nach.

      „Hallo“, versucht es Ulrich erneut. Diesmal erhält er eine freundlichere Antwort.

      „Hallo. Sie wollen helfen?“

      „Na ja“, meint Ulrich zögerlich, aber entschließt sich dann schnell dazu, sich den neuen Nachbarn wohlwollend zu präsentieren.

      „Ja. Will ich.“

      „Komm“, meint der Andere, lässt seinen Freund in die Wohnung und begleitet Ulrich nach unten.

      „Und sie sind ein... Ein Paar“, fragt er zaghaft.

      „Ich verstehe nicht.“

      „Egal. Egal. Haben sie einen Hund?“

      „Was?“ In der schlechten Rasur des Mannes kann man die letzten Mahlzeiten lesen.

      „Hund?“ Ulrich kneift seine Augen zusammen. „Wuff! Wuff!“

      Der neue Hausbewohner schüttelt genervt den Kopf.

      „Ja, sehr gut. Kein Hund.“

      Nun, da er ihm so nahe ist, scheint er sich getäuscht zu haben. Der neue Nachbar riecht nicht annähernd so furchtbar, wie es Ulrich erwartet hatte. Er folgt ihm weiter die Stufen hinab und konzentriert sich auf die ausgefransten Hosenenden des Mannes, da reißt ihn ein sympathisch warmes „Hallo“ aus seinen Gedanken und von den Fersen des Mannes.

      Eine grazile Frauenhand streckt sich vor seinen Körper und Ulrich schüttelt sie.

      „Ich glaube wir sind neue Nachbarn. Sie wohnen ja hier, oder?“

      „Sie... Ich.“ Ulrich blickt verdutzt in das Gesicht der Frau.

      „Ja“, sagt er und beginnt zu realisieren. „Wir wohnen sogar im selben Stockwerk.“

      „Sehr schön. Wie heißen sie?“ Ihre Nasenspitze ist so gerade und klein wie der Punkt auf seiner Tastatur. Ihre Augen und ihre Haare so braun wie die Schokolade, die er im Winter so gerne gegessen hat. Und die kleinen Grübchen, die es sich beim Grinsen in ihrem freundlichen Gesicht gemütlich machen, saugen ihn förmlich ein.

      „Ulrich. Ich heiße Ulrich.“

      Das peinlich berührte, stumme Lächeln beginnt. Und es dauert vier Sekunden bis die hübsche Frau gnädigerweise unterbricht.

      „Ich schlepp´ dann mal weiter.“

      „Ja.“

      Und während Ulrich sich langsam fragt, ob er die nette Frau fragen sollte, inwiefern ihr seine Hilfe beim Schleppen gelegen käme, wanderte er schon wieder nach unten.

      „Ich wollte ja dem Mann helfen. Dem... Dem Möbelpacker! Damit helfe ich auch ihr! Klar!“ Erquickt von seiner späten Erkenntnis sprintet er nach unten ins Erdgeschoss. Auf dem schmutzigen Boden dort klingt es häufig so, als würde man auf Sand spazieren.

      „Und? Was sagst jetzt“, klingt Rainers Stimme plötzlich von hinten. Der Hausmeister grinst schief.

      „Warum sagst du mir nicht gleich, dass da eine scharfe Bombe einzieht?“

      „Na weil ich sie explodieren sehen will“, meint Rainer.

      „Sag mir alles was du über sie weißt.“ Ulrich redet schnell.

      „Nicht viel.“

      „Ja was denn?“

      „Sie heißt Maria de Lima. Ist zur Hälfte Brasilianerin.“

      „Maria de Lima“, wiederholt Ulrich. „Zur Hälfte Brasilianerin. Und weiter?“

      „Na ja, ich schätze mal die untere Hälfte, also bei dem zünftigen Arsch.“

      „Mehr weißt du nicht?“

      „Mehr weiß ich nicht“, sagt der Hausmeister mit einem Zwinkern und verdrückt sich wieder.

      „He.“ Ulrich dreht sich zur bekannten Stimme. Der Möbelpacker wankt mit einem Karton in den Händen an ihm vorbei und macht ihn mit einer gezielten, aber unauffälligen Kopfbewegung auf den Kleintransporter an der Straße aufmerksam, dessen Inhalt sie in die Wohnung Marias schleppen.

      „Davaj, davaj“, ruft der Möbelpacker und lacht, während sich Ulrich anschickt das Gebäude zu verlassen. Da stößt jemand die Türe auf und kommt mit arrogantem Tonfall in der Begrüßung hereinspaziert.

      „Hey Hallo“, ruft der Mann in den Raum und Ulrich bremst ab.

      „Guten Tag“, sagt Hieronymus und nickt mit dem Kopf.

      Hieronymus ist 28, also nur wenige Jahre älter und doch erwartet er den Respekt, den man einem uralten, weisen Gelehrten zukommen lassen würde. Er nickt kurz mit dem Kopf und lässt seine schulterlangen Haare prachtvoll wackeln.

      „Wird Zeit dass die Papiertonne wieder ausgeleert wird“, sagt er mit rauchiger Stimme.

      „Ist der Professor noch immer drinnen?“

      Wieder nickt Hieronymus mit dem Kopf und schiebt seinen breiten, muskulösen Körper weiter durch das Foyer des Hauses. Er trägt nicht, wie meist, seine Sporttasche mit sich, er kommt sehr wahrscheinlich von der Seniorenresidenz, in der seine Großmutter untergebracht ist.

      Der zweite Möbelpacker erscheint und nimmt Ulrich mit nach draußen zum Lieferwagen, der neben der gekippten Papiertonne und dem Professor parkt.

      „Hey.“ Rainer spricht zu Hieronymus.

      „Wieder ein Neuer?“, fragt Hieronymus.

      „Ja.

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