Das letzte Schuljahr. Wilfried Baumannn

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Das letzte Schuljahr - Wilfried Baumannn страница 5

Автор:
Серия:
Издательство:
Das letzte Schuljahr - Wilfried Baumannn

Скачать книгу

öffnete Ungarn im Juli die Grenzen zu Österreich. Viele DDR-Bürger wollten nun über Ungarn in den Westen. Botschaften der Bundesrepublik in Budapest und Prag wurden von Tausenden DDR-Bürgern besetzt. Ungarn ließ gegen den Protest der DDR-Regierung die Flüchtlinge nach Österreich ausreisen.

      Am 4. September begannen in Leipzig die Montagsdemonstrationen.

      Am 7. Oktober 1989, dem letzten und 40. Jahrestag der DDR, fand wieder die große Militärparade an der Tribüne der Partei- und Staatsführung vorbei auf der Karl-Marx-Allee in Berlin, der Hauptstadt der DDR, statt. Am gleichen Tage formierte sich auf dem Alexanderplatz eine Protestwelle. Kurz vorher hatte Honecker noch verkündet, dass die Mauer noch hundert Jahre stehen würde und den aus der DDR geflüchteten Menschen werde er keine Träne nachweinen.

      Einige Wochen zuvor hatte die chinesische Parteiführung in Peking die Oppositionsbewegung mit Armee und Panzern niedergewalzt, was besonders von einem führenden Mann der SED namens Egon Krenz begrüßt wurde. Völlig unverständlich war auch, dass einem der damals schlimmsten kommunistischen Diktatoren in Rumänien, Ceaucescu, der Karl-Marx-Orden verliehen wurde, die höchste Auszeichnung der DDR. Die Wut der Menschen war verständlich.

      Vom Alexanderplatz gingen sie zum Palast der Republik, wo die Feiern zum 40. Jahrestag stattfanden und riefen: „Demokratie, jetzt oder nie!“ und „Keine Gewalt“.

      Die Tage von Erich Honecker waren gezählt und Egon Krenz wurde Parteichef.

      Am 4. November forderten die DDR-Bürger auf dem Alexanderplatz bei der ersten genehmigten freien Demonstration den Rücktritt der Regierung und die Annullierung des Alleinvertretungsanspruches auf die Führung des Staates durch die SED in der Verfassung.

      Der Zerfall der DDR war nun nicht mehr aufzuhalten. Die Offiziere der Nationalen Volksarmee und auch die sowjetischen Truppen weigerten sich, die chinesische Version durchzuführen.

      Am 9. November fiel wie durch ein Wunder die Mauer.

      Am 3. Oktober 1990 wurde die DDR Bestandteil der Bundesrepublik Deutschland und nannte sich jetzt „die neuen Länder“.

      Vier Tage fehlten noch, um das 40. Jahr der DDR zu vollenden.

      Der Zusammenbruch des real existierenden sozialistischen DDR-Systems erfolgte durch eine friedliche Revolution ohne Blutvergießen und Gewaltexzesse. Das war einmalig in der Geschichte der Menschheit.

      Die Menschen in der DDR litten keine wirtschaftliche Not trotz Mangelwirtschaft. Sie hatten in der Mehrzahl einen gesicherten Arbeitsplatz. Das Gesundheitswesen sorgte für regelmäßige Gesundheitsvorsorge z.B. durch Aufforderungen zu Schutzimpfungen und Röntgenuntersuchungen zur Bekämpfung von Lungenkrankheiten. Es gab ein großes Netz von Ambulatorien und Polykliniken.

      Die Eltern konnten ihre Kinder in Kitas und Kindergärten unterbringen. Es gab Pionierhäuser. Kulturhäuser, Klubs, zahlreiche Möglichkeiten für sportliche Betätigungen oder Theater- und Ballettkurse.

      Die Wohnungsmieten waren nicht hoch und oft nur im zweistelligen Bereich.

      Was die Menschen nervte, war die ideologische Verbohrtheit der Partei, die Mauer, welche die Bürger unverdient einsperrte und das ihnen entgegengebrachte Misstrauen. Hinzu kamen die vielen offensichtlichen Lügen, Zwänge und die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung, obwohl sie in der Verfassung verankert war. 1989 hatten die Menschen die Nase von der ewigen Bevormundung und Verdummung voll. Sie wollten endlich auch mehr von der Welt sehen und selbst die SED-Märchen überprüfen, die sie über den Westen erzählten.

      Die DDR-Menschen freuten sich euphorisch über den Fall der Mauer und des Systems, aber nun erging es ihnen wie einem entlassenen Strafgefangenen, der sich in der Freiheit nicht mehr zurechtfand, weil sich draußen alles weiterentwickelt hatte, er nicht mehr reglementiert wurde und nun selbst sein Leben ohne Anordnungen gestalten musste.

      Die Volkseigenen Betriebe wurden abgewickelt, privatisiert oder ganz stillgelegt, weil sie nicht konkurrenzfähig waren. Die wirtschaftlichen Bindungen an die anderen Ostblockstaaten durch den RGW brachen zusammen. Die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) wurden aufgelöst und der Boden oft ehemaligen Besitzern aus dem Westen zugesprochen. Die 1990 gebildete Abwicklungsinstitution namens „Treuhand“ half da kräftig mit. Viele Menschen wurden arbeitslos. Was der SED-Führung in allen Jahren nicht gelungen war, gelang der Bundesrepublik:

      Jetzt erst fühlten sich die ehemaligen DDR-Bürger wirklich als DDR-Bürger.

      Als die Kirchensteuer vom Westen eingeführt wurde, traten viele Menschen aus der Kirche aus. Das jahrelang verstreute Gift der Antireligionserziehung zeigte seine Wirkung.

      Auch hier schaffte der Westen das, was der DDR-Führung in 40 Jahren nicht gelang.

      Viele fielen in eine Art ideologisches Vakuum. Sie glaubten an gar nichts mehr.

      Viele hofften auf westliche Hilfe für die Brüder und Schwestern im Osten. Sie vertrauten so manchen Spekulanten und verloren alles, oder hatten jahrelange teure Gerichtsverfahren am Hals.

      Es gab nicht wenige, die sich aus Verzweiflung das Leben nahmen, weil sie mit den neuen Verhältnissen nicht klarkamen.

      Der größte Teil der ehemaligen DDR-Bevölkerung musste eine hohe Intelligenzleistung vollbringen. Er musste sich Wissen aneignen über Lebensverhältnisse, die er nur aus dem Geschichtsbuch in oft verzerrter Weise erlernt hatte. Der Wille war aber da, sich zurechtzufinden, und die Mehrheit packte diese Anforderungen.

      Wer aber kümmerte sich um die Zurückgebliebenen, am Leben Gescheiterten, die sich selbst nicht helfen konnten?

      Ein vollkommen ideales gesellschaftliches System, wo alle Menschen zufrieden sind, wird es wohl nie geben. Vielleicht wäre das sicherlich auch total langweilig.

      Vorwort - Die Schule in der DDR

      Das Schulsystem in der DDR war sinnvoll strukturiert. Bis zum 3. Lebensjahr konnten die Kinder in einer Kinderkrippe untergebracht werden und lernten dort die ersten sozialen Kontakte kennen. Den Müttern wurde es dadurch ermöglicht, wieder am Berufsleben teilzunehmen. Der Aufenthalt der Kinder dort konnte einen ganzen Tag beansprucht werden.

      Vom 4. Lebensjahr bis 6. Lebensjahr kamen sie in den Kindergarten, der sie auf die Schule vorbereitete. Die Erzieher und Erzieherinnen mussten dafür ein sinnvolles Beschäftigungsprogramm ausarbeiten.

      Mit 6 Jahren wurden die Kinder eingeschult. Schulbeginn war immer Anfang September.

      Die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule (POS) war für alle Kinder obligatorisch. Sie gliederte sich in drei Stufen: Unterstufe (1. bis 3. Klasse - 6. bis 10. Lebensjahr), Mittelstufe (4. bis 6. Klasse - 10. bis 12. Lebensjahr) und Oberstufe (7. bis 10. Klasse - 12. bis 16. Lebensjahr).

      Nach dem Abschluss der 10. Klasse eröffneten sich mehrere Möglichkeiten der Weiterbildung. Ein großer Teil der Schüler begann seine Berufsausbildung in einem Lehrbetrieb, der sie nach dem Abschluss auch meist übernahm. Den theoretischen Teil der Lehrzeit übernahmen die Berufsschulen. Mit 18 Jahren begann dann ihr Berufsleben. Auch hier gab es zahlreiche Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung.

      Es gab nach der 10. Klasse auch den Weg, gleichzeitig eine Berufsausbildung mit dem Abschluss durch das Abitur zu beschreiten

Скачать книгу