Oblomow. Iwan Gontscharow

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Oblomow - Iwan Gontscharow

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sein Herr.

      Andrerseits, wenn es zum Beispiel notwendig gewesen wäre, die ganze Nacht am Bette des Herrn aufzusitzen, ohne ein Auge zu schließen, und davon die Gesundheit oder gar das Leben des Herrn abgehangen hätte, wäre Sachar sicher eingeschlafen.

      Äußerlich bekundete er nicht nur keinen sklavischen Respekt vor seinem Herrn, sondern war sogar im Verkehr mit ihm grob und familiär, wurde über ihn um jeder Kleinigkeit willen ernstlich ärgerlich und verleumdete ihn sogar, wie schon gesagt, am Haustore. Aber dennoch wurde dadurch das echte verwandtschaftliche Gefühl seiner Ergebenheit, nicht gegen Ilja Iljitsch speziell, sondern gegen alles, was den Namen Oblomow trug und ihm deshalb lieb und wert war, nur vorübergehend verdunkelt, aber ganz und gar nicht verringert.

      Vielleicht stand dieses Gefühl sogar im Widerspruch zu Sachars eigener Ansicht über Oblomows Persönlichkeit; vielleicht rief die Kenntnis des Charakters seines Herrn bei Sachar andere Ansichten hervor. Wahrscheinlich würde Sachar, wenn man ihn über den Grad seiner Anhänglichkeit an Ilja Iljitsch belehrt hätte, dies bestritten haben.

      Sachar liebte Oblomowka wie die Katze den Dachboden, wie das Pferd den Stall, wie der Hund die Hütte, in der er geboren und aufgewachsen ist. Innerhalb der Sphäre dieser Anhänglichkeit hatten sich bei ihm besondere persönliche Empfindungen herausgebildet.

      Zum Beispiel liebte er den Oblomowschen Kutscher mehr als den Koch, die Viehmagd Warwara mehr als diese beiden, Ilja Iljitsch aber weniger als diese alle; aber trotzdem stand der Oblomowsche Koch in seinen Augen hoch über allen andern Köchen der Welt und Ilja Iljitsch hoch über allen andern Gutsbesitzern.

      Den Schankwirt Taraska konnte er nicht leiden; aber er hätte diesen Taraska nicht für den besten Menschen in der ganzen Welt hingegeben, nur deswegen, weil Taraska ein Oblomowkaer war.

      Er verkehrte mit Oblomow in familiärem, grobem Tone, gerade wie ein Schamane seinen Götzen grob und familiär behandelt: er fegt ihn ab, läßt ihn hinfallen, schlägt ihn vielleicht sogar mitunter im Ärger; aber in seiner Seele bleibt doch dauernd das Bewußtsein bestehen, daß dieser Götze ein höheres Wesen ist als er selbst.

      Der geringste Anlaß genügte, um dieses Gefühl aus Sachars tiefstem Herzensgrunde ans Licht zu rufen und ihn dazu zu bringen, daß er seinen Herrn mit Ehrfurcht betrachtete und manchmal sogar vor Rührung in Tränen ausbrach. Er war weit davon entfernt, irgendeinen andern Herrn über den seinigen oder auch nur mit diesem auf eine Stufe zu stellen! Und wehe jedem, der sich hätte in den Sinn kommen lassen, dies zu tun!

      Sachar blickte auf alle andern Herren, die Oblomow besuchten, etwas von oben herab und bediente sie, reichte ihnen Tee und so weiter mit einer Art von Herablassung, wie wenn er ihnen zu verstehen geben wollte, welche Ehre sie dadurch genössen, daß sie sich bei seinem Herrn befänden. Er pflegte sie grob abzuweisen: »Der Herr schläft«, sagte er, indem er den Ankömmling hochmütig vom Kopfe bis zu den Füßen musterte.

      Manchmal begann er statt der Klatschereien und Verleumdungen auf einmal in den Kramläden und bei den Zusammenkünften am Haustore Ilja Iljitsch maßlos zu loben und konnte dann in seiner Begeisterung gar kein Ende finden. Er fing plötzlich an, die vortrefflichen Eigenschaften seines Herrn aufzuzählen, seinen Verstand, seine Freundlichkeit, seine Freigiebigkeit und seine Herzensgüte; und wo es seinem Herrn an geeigneten Eigenschaften für einen solchen Panegyrikus mangelte, borgte er sie von anderen und legte ihm Vornehmheit, Reichtum oder außerordentlichen Einfluß bei.

      Wenn er den Hausknecht, den Hausverwalter oder sogar den Hauswirt selbst einschüchtern wollte, tat er dies immer dadurch, daß er seinen Herrn ins Treffen führte: »Warte nur, ich werde es meinem Herrn sagen«, sagte er in drohendem Tone; »dann wirst du's schon kriegen!« Eine höhere Autorität erkannte er auf der ganzen Welt nicht an.

      Aber das äußerliche Verhältnis Oblomows und Sachars hatte immer gewissermaßen einen feindseligen Charakter. Bei ihrem Zusammenleben waren sie einer des anderen überdrüssig geworden. Wenn zwei Menschen täglich in naher Berührung miteinander sind, so gestaltet sich das Verhältnis nicht ohne das Zutun eines jeden von ihnen gut: es ist von der einen und von der andern Seite viel Lebenserfahrung, korrektes Denken und Herzenswärme erforderlich, um nur die trefflichen Eigenschaften des andern mit Genuß zu empfinden, durch die beiderseitigen Fehler aber weder den andern zu verletzen noch sich verletzen zu lassen.

      Ilja Iljitsch kannte schon Sachars einzige gute Eigenschaft, daß er ihm grenzenlos ergeben war, war an sie gewöhnt und glaubte seinerseits ebenfalls, das könne und dürfe gar nicht anders sein; da er sich nun an diese gute Eigenschaft ein für allemal gewöhnt hatte, so hatte er an ihr keine besondere Freude mehr; dagegen konnte er, trotz seiner Gleichgültigkeit gegen alles, die unzähligen kleinen Fehler Sachars nicht mit Geduld ertragen.

      Wie Sachar trotz der den Dienern der alten Zeit eigenen Ergebenheit, die er in der Tiefe seiner Seele gegen seinen Herrn hegte, sich von diesen durch neuzeitliche Fehler unterschied, so empfand seinerseits auch Ilja Iljitsch, wiewohl er innerlich die Ergebenheit seines Dieners zu schätzen wußte, gegen ihn nicht mehr jene freundschaftliche, fast verwandtschaftliche Zuneigung, welche die Herren in früherer Zeit zu ihren Dienern gehabt hatten. Er erlaubte sich manchmal, sich mit Sachar derb herumzuzanken.

      Sachar war ebenfalls mit seinem Herrn unzufrieden. Nachdem er in seiner Jugend in dem Hause der Herrschaft als Lakai Dienst getan hatte, war er zum Wärter des kleinen Ilja Iljitsch befördert worden und hatte seitdem angefangen, sich nur für einen Luxusgegenstand zu halten, für ein aristokratisches Zubehör des Hauses, dazu bestimmt, die Opulenz der alten Familie zu bekunden, ihren Glanz aufrecht zu erhalten, aber nicht für einen notwendigen Bedarfsgegenstand. Daher kleidete er nur seinen jungen Herrn morgens an und abends aus; während der übrigen Zeit tat er einfach nichts.

      Schon von Natur träge, war er es durch seine Erziehung zum Lakaien noch mehr geworden. Er machte sich unter der Dienerschaft wichtig und gab sich nicht die Mühe, den Samowar aufzustellen oder die Stuben auszufegen. Entweder druselte er im Vorzimmer, oder er ging in die Gesindestube oder in die Küche, um da zu schwatzen; oder er stand auch ganze Stunden lang, die Arme über der Brust verschränkt, am Haustor und blickte mit schläfriger Versonnenheit nach allen Seiten umher.

      Und nach einem solchen Leben wurde ihm nun plötzlich eine so schwere Last aufgebürdet: er sollte den ganzen im Hause nötigen Dienst auf seinen Schultern tragen! Er sollte den Herrn bedienen und ausfegen und reinmachen und auch noch den Laufburschen spielen! Infolge all dieser Anforderungen lagerte sich in seiner Seele eine starke Verdrossenheit ab, und in seinem Wesen äußerte sich Grobheit und Rauhheit; so knurrte er denn jedesmal, wenn der Ruf des Herrn ihn zum Verlassen der Ofenbank zwang.

      Aber trotz dieser äußeren Verdrossenheit und Unfreundlichkeit hatte Sachar ein recht weiches, gutes Herz. Er liebte es sogar, seine Zeit mit kleinen Kindern zu verbringen. Man konnte ihn häufig auf dem Hofe und am Haustore mit einem Haufen von Kindern zusammen sehen. Er stiftete Frieden unter ihnen, neckte sie, arrangierte ihnen Spiele oder saß auch einfach mit ihnen da: eines hatte er auf das eine Knie genommen, ein anderes auf das andere, und von hinten umschlang noch so ein Wildfang seinen Hals mit den Armen oder zupfte ihn am Backenbarte.

      In dieser Lebensweise wurde Sachar von Oblomow dadurch gestört, daß dieser alle Augenblicke seine Dienste und seine Anwesenheit bei ihm verlangte, während doch Sachar durch sein Herz, durch seinen mitteilsamen Charakter, durch seine Liebe zum Nichtstun und durch seine beständige, nie aufhörende Eßlust sich bald zu der Gevatterin, bald nach der Küche, bald nach dem Kramladen, bald nach dem Haustore hingezogen fühlte.

      Sie kannten einander schon lange und lebten schon lange zu zweien beisammen. Sachar hatte den kleinen Oblomow auf den Armen getragen, und Oblomow hatte ihn noch als einen jungen, flinken, gefräßigen, schlauen Burschen in der Erinnerung.

      Das

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