Der letzte Weg des Dr. Dembski. Benedict Dana
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„Ihnen sollte klar sein, wie sehr einen das Wissen um ein solches Material belasten kann. Könnten Sie mir nicht wenigstens irgendjemanden schicken, der mir bei der Bewältigung dieser Wahnsinnsaufgabe hilft?“
„Unmöglich. Mr. O’Brian möchte die Zahl der Mitwisser natürlich so gering wie möglich halten. Wenn Sie wollen, kann ich selber im Labor vorbeikommen und Sie etwas aufmuntern. Zwar kann ich Ihnen keine technische Hilfe leisten, aber vielleicht hilft es Ihnen ja, mit jemandem über alles zu reden.“
Die Aussicht auf Lydias Erscheinen rief höchstes Entzücken in dem exzentrischen und wunderlichen Computerexperten hervor, was jedoch durch seine brummige und scheinbar gleichgültige Antwort keinen Ausdruck nach außen fand.
„Nun, Sie könnten ja vielleicht herkommen, um mir einen guten Kaffee zu kochen und mir zu helfen hier etwas Ordnung zu schaffen. Hier liegt ein Berg Fastfoodverpackungen einer ganzen Woche rum. Wenn Sie unterwegs noch irgendwo eine Coke und was zu Essen für mich aufgabeln könnten, würde das vielleicht einen positiven Einfluss auf den weiteren Verlauf der Arbeit nehmen!“
Lydia zögerte nicht eine Sekunde, ihm die Erfüllung seiner Wünsche zuzusagen. Nachdem sie ihm versprochen hatte, sich sofort auf den Weg zu machen, nutzte Krueger die Unterbrechung durch das Telefongespräch zu einer Pause, in der ihm nach längerem Brüten eine Reihe neuer Ideen kam.
Lydias Bemerkung, das Labor würde samt seiner Einrichtung in wenigen Stunden in den Besitz von LOGO übergehen, veranlasste ihn dazu, sich den Inhalt einiger Schränke genauer anzusehen, um vielleicht auf irgendetwas zu stoßen, was für ihn noch zu verwerten war. Neben einer Reihe alter, noch brauchbarer technischer Geräte und Ersatzteile fand er zufällig auch das letzte Exemplar des seltenen Festplattentyps, der mit dem Rechner kompatibel war, auf dem er gerade arbeitete. Es wäre ihm wie eine große Verschwendung vorgekommen, die wertvolle und schwere Platte im Labor zu lassen, wo sie nach der Abholung des Rechners wahrscheinlich nie wieder jemand gebraucht hätte.
Der Gedanke, wie sehr sie sich dafür eignete ein geheimes Back Up aller Daten herzustellen, trat ihm erst mit aller Deutlichkeit ins Bewusstsein, als er schon wieder rauchend an seinem Schreibtisch saß und über ein bestimmtes, seine Arbeit betreffendes Problem nachsann. Zunächst wehrte er sich gegen den Einfall, da er wahrscheinlich alle möglichen Konflikte nach sich zog, die noch gar nicht abzusehen waren. Als er aber anfing ein Resümee seiner Jahre bei „Independent Internet IT Researches“ zu ziehen, fielen ihm auf einmal all die Demütigungen und großmäuligen Überheblichkeiten seiner Kollegen ein, die er zu erdulden gehabt hatte. Die Art und Weise, in der man ihn in die Rolle eines schrägen und neurotischen Genies gedrängt hatte, hatten einen tiefen Ärger in ihm angestaut, der sich nun vielleicht ein Ventil schaffen konnte. Einem Arbeitgeber, der ihn diesem entwürdigenden Arbeitsumfeld ausgesetzt hatte, fühlte er sich nicht zur Loyalität verpfichtet, und doch schätzte er Leo Abrahams persönlich sehr, dem eine geheime Kopie der Daten ja vielleicht eines Tages sogar nützlich sein könnte, wenn diese aus irgendeinem Grund plötzlich benötigt werden würde. Nicht zuletzt kam auch folgendem Gedanken bei seinem Entschluss einige Bedeutung zu:
Wenn Tosh O’Brian und Leo Abrahams dabei versagen würden, das brisante Material in angemessener Weise an die Öffentlichkeit zu bringen, könnte ihm selber eine herausragende Rolle zufallen, indem er tief in das politische Schicksal seines Landes eingriff und die ehrenvolle Aufgabe übernahm, die ganze Welt über ein paar bedeutende Geheimnisse aufzuklären…
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Als Lydia im Labor eintraf, fand sie Krueger nicht in dem Zustand vor, den sie nach dem Telefongespräch erwartet hatte. Seine Laune schien sich plötzlich stark gebessert zu haben, sodass sie froh war, nicht mehr in die Rolle der Psychologin schlüpfen zu müssen. Nachdem sie ihm etwas zu essen vorgesetzt und ein wenig aufgeräumt hatte, sah sie keinen Grund mehr länger zu bleiben und machte sich auf den Weg zum Independent Internet-Tower, in dem am Abend ein Festbankett anlässlich des Verkaufs der Internetsparte stattfinden sollte.
Die Bedingungen für die letzte feierliche Unterschrift, durch die dieses Geschäft unmittelbar vor dem Bankett endgültig an LOGO fallen sollte, waren bereits einen Tag, nachdem Dembski mit Abrahams im Harriman Countryclubs zusammengekommen war, erfolgreich zu Ende verhandelt worden, wobei tatsächlich der allseits prophezeite Preis von 7 Milliarden US-Dollar fixiert worden war. Von den Absprachen und heißen Tipps hinter den Kulissen war offiziell natürlich nichts bekannt geworden und so hatte Abrahams nur in kleiner Runde abends in der Bar lobend das Glas auf seinen „Glücksbringer“ Dembski erhoben, der sich zu diesem Zeitpunkt bereits mit Lydia Abramovitch und den beiden Juristen in einer Limousine auf dem Rückweg nach New York befunden hatte.
Als Lydia am frühen Abend auf der Strecke zwischen Labor und Tower mit ihrem Sportwagen auf der Fifth Avenue im Stau stecken blieb, ging sie ein weiteres Mal im Kopf die Aufgaben durch, die man ihr für den reibungslosen Ablauf des großen Ereignisses aufgetragen hatte. Einige Personen auf der langen und illustren Gästeliste erforderten besondere Sicherheitsmaßnahmen, was sehr viel Arbeit bedeutete. Eric Young beispielsweise, der Vorstandsvorsitzende von LOGO, der sich derzeit auf einer Wirtschaftskonferenz in Boston aufhielt, würde mit dem Helikopter anreisen, weshalb einige Sicherheitsleute für den Heliport abgestellt werden mussten. Sie selber sollte zusammen mit Akuma He, Walter Silverman und anderen Kollegen den Festsaal unter Beobachtung halten, damit es nicht zu irgendwelchen unvorhergesehenen Zwischenfällen kam. Im Grunde genommen waren die Gäste dieses Banketts Feinde, weswegen die ganze Veranstaltung von Anfang bis Ende von dem kaum zu verhehlenden Sentiment einer heuchlerischen Freundlichkeit durchzogen sein würde, unter deren Oberfläche heiß der Hass brodelte. Wenn sich an diesem Abend Leo Abrahams und Eric Young zu dem endgültigen Abschluss eines 7-Milliarden-Deals lächelnd die Hände reichen würden, hätte man genauso gut vergiftete Pfeile aufeinander abschießen können, was natürlich niemandem von den geladenen Damen und Herren auf diese offene Art angenehm gewesen wäre.
Nachdem Lydia die Tiefgarage des Towers erreicht hatte, fuhr sie mit dem schnellsten Aufzug in die 98. Etage hinauf, wo sie Luke Sawyer, dem Chef der Sicherheitsabteilung, treffen wollte, um mit ihm noch einmal die Aufgaben für den Abend durchzugehen. Als sie ihn jedoch nicht am verabredeten Ort vorfand und auf dem Korridor zufällig Tosh O’Brian begegnete, nahm sie die Gelegenheit wahr, diesen auf ein paar eklatante Sicherheitsmängel hinzuweisen.
„Ich fühle mich verpflichtet, Sie über zwei außergewöhnliche Risiken zu informieren, die das Firmenwohl bedrohen, Sir. Die Verantwortung dafür liegt danach ganz und gar bei Ihnen. Ich möchte mir den Vorwurf ersparen, ich hätte sie Ihnen nicht mitgeteilt.“
Tosh und Lydia kannten sich bereits seit Jahren, weshalb sie sich nicht mehr allzu formell begegnen mussten und das Gespräch ohne großes Getue zwischen Tür und Angel führen konnten.
„Nur zu, Lydia. Ich schätze es, wie Sie sich engagieren und nicht nur Ihr Gehalt kassieren und alles andere einfach unter den Teppich kehren.“
„Nun, da wäre zunächst das Thema Oswald Krueger. Er ist ein wirklich vorzüglicher Experte, aber das Innenleben von Genies ist schwer zu ergründen und sollte in wichtigen Fällen unter einer besonderen Beobachtung stehen. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass er bald für LOGO arbeitet und sein geheimes Wissen dorthin mit sich nimmt. Halten Sie es für klug, einen solchen Mann allein in dem Labor zu lassen, vor allem wenn man bedenkt, was mit Dr. Dembski im Maison Rouge geschehen ist? Die Sicherheitslage in dem Labor ist mangelhaft, außer einem Eintrittscode und einer verstärkten Tür gibt es keine besonderen Vorkehrungen. Meiner Ansicht nach müssten dort bis zur Abholung des Rechners mindestens zwei Leute Tag und Nacht Wache stehen.“
Sie hatte ihre Beschwerde vollkommen ruhig vorgebracht, aber tief im Inneren erregte sie diese himmelschreiende Unprofessionalität und ging ihrem Perfektionsstreben