Roccos Geist. Silke Naujoks

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Roccos Geist - Silke Naujoks

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      Rocco wurde in der Familiengruft beigesetzt. Nur wenige gaben ihm das letzte Geleit. Außer Franziska schien es keine näheren Verwandten zu geben, und wenn es sie gegeben hätte, wären sie wahrscheinlich nicht erschienen, denn der Verstorbene war nie ein Familienmensch gewesen. Deswegen hatte der ehemalige Playboy in seiner Ehe mit Tina auch keine Kinder haben wollen.

      Zur Beisetzung fanden sich einige Geschäftspartner ein und ein paar enge Freunde aus seiner Junggesellenzeit, darunter auch Sandro, der angebliche Geliebte von Tina. Er wusste jedoch nichts davon, dass er der Auslöser des Ehestreits gewesen war, den Rocco nicht überlebt hatte.

      Tina, die in ihrem schwarzen Kostüm und dem Spitzenschleier über dem blonden Haar blass und zerbrechlich wirkte, saß in der kleinen, kalten Kapelle zwischen ihrer Schwägerin und Denis Keller, ihrer besten Freundin aus Deutschland. Sie war es auch, die mit der jungen Witwe noch am Grab stehen blieb, als die anderen Trauergäste schon auf dem Weg zur Villa waren, wo es Essen und Trinken gab.

      Nachdem die beiden Freundinnen eine Weile schweigend auf den Sarg aus schwarzem Ebenholz hinuntergeblickt hatten, sagte Denis leise: „Ich werde die gesamte Villa ausräuchern. Du weißt ja …“ Sie sah Tina bedeutsam an.

      Ja, Tina wusste, Denis glaubte an Geister, an böse sowie an gute. Einmal in der Woche versammelte sie sich in ihrer kleinen Kunstgalerie, mit ein paar Gleichgesinnten, um Kontakt zu Geistern aufzunehmen. „Es ist wichtig“, flüsterte die Freundin in eindringlichem Ton, „besonders deshalb, weil ihr euch im Streit getrennt habt.“

      Tina teilte nicht unbedingt diese Lebensauffassung, aber es gab schließlich auch keinen Gegenbeweis, für Denis’ unerschütterlichen Glauben an das Übersinnliche. Deshalb nickte sie nur zustimmend. Widerspruch wäre sowieso zwecklos gewesen, denn wenn sich die Freundin etwas in den Kopf gesetzt hatte, führte sie es auch durch. Außerdem fiel Tina in diesem Moment wieder ein, was sie in den letzten Tagen erfolgreich verdrängt hatte: Roccos ausgesprochenen Fluch.

      Kapitel 5

      Tina spürte einen Schauer über ihren Rücken laufen. Fröstelnd sah sie sich in dem mit Marmorplatten verkleideten Mausoleum um. In die Wände waren die Namen und Daten von Roccos Vorfahren eingemeißelt.

      Es kam ihr so vor, als würden Generationen des alten Adelsgeschlecht auf sie herabblicken … und zwar mit hasserfüllten Blicken, so wie Roccos letzter Blick gewesen war, den sie von ihm empfangen hatte.

      „Komm lass uns gehen“, raunte sie Denis mit leiser Stimme zu und ergriff ihren Arm.

      „Das ist eine gute Idee“, murmelte die Freundin zustimmend. Obwohl sie Kontakt zu Geistern suchte, traf sie sich mit ihnen lieber im Hinterzimmer der Galerie bei einem Glas Wein, als hier in diesem feuchtkalten Gewölbe, wo es auch noch nach Moder und Tod roch.

      Als die beiden jungen Frauen wieder draußen in der Mittagssonne standen, atmeten sie tief durch. Für einen kurzen Moment war Tina in Versuchung, ihrer Jugendfreundin von dem Fluch zu erzählen, den ihr Mann über sie verhängt hatte. Doch dann besann sie sich anders. Sie ahnte, dass Denis, wenn sie davon erfuhr, ihr raten würde, diesen Ort sofort zu verlassen, oder zumindest aus der Villa auszuziehen.

      Denis, die von Tinas Gedanken überhaupt nichts ahnte, warf den Kopf in den Nacken und hielt ihr Gesicht in die Sonne. „Endlich frische Luft!“, rief sie aus. Dabei spielte ein erleichtertes Lächeln um ihren breiten Mund, den sie stets passend zu ihrem kinnlangen, exakt abgeschnittenen Haar in einem dunklen Rot schminkte. Dann sah sie Tina an und meinte neidlos: „Weißt du eigentlich, das du jetzt eine reiche Frau bist, Mädel?“

      Tina schüttelte den Kopf und sagte ernst: „Und du weißt hoffentlich, dass ich Rocco nicht seines Geldes wegen geheiratet habe.“

      „Klar, er war ein Vaterersatz für dich. Das habe ich sofort gewusst und dir es auch schonungslos gesagt.“

      Um Tinas Lippen spielte ein amüsiertes Lächeln. Sie kannte keinen Menschen, der direkter und ehrlicher war als ihre beste Freundin. „Ich war anfänglich wirklich in Rocco verliebt“, widersprach sie.

      „Aber dann warst du schon sehr schnell unglücklich. Deshalb war das jetzt die eleganteste Lösung“, stellte Denis ungerührt fest.

      „Denis .....bitte!“, rief Tina entsetzt aus.

      „Stimmt doch“, verteidigte sich ihre Freundin mit unschuldiger Mine. „Hast du schon vergessen, wie er dir das Leben schwer gemacht hat?“

      Nein, das hatte Tina nicht, aber sie hatte ihrem Mann verziehen.

      „Also …“ Denis hakte sich bei Tina unter und zog sie von der Familiengruft fort. „Jetzt beginnt ein neues Leben für dich. Ohne Rocco! Genieße es!“

      Tina sagte nichts dazu. Schweigend machten sie sich Arm in Arm auf den Rückweg zur Villa. Ein neues Leben?, fragte sie sich im Stillen. Hoffentlich behält Denis Recht! Leider hatte sie das unheimliche Gefühl, dass Rocco sie auch über seinen Tod hinaus nicht in Ruhe lassen würde.

      Kapitel 6

      Die nächsten zwei Wochen vergingen für Tina wie im Flug. Es gab vieles zu regeln. Nach einem langen Gespräch mit dem Finanzverwalter ihres verstorbenen Mannes beschloss sie, alles so zu belassen, wie es war. Statt Rocco erhielt sie nun die monatlichen Erträge aus dem Unternehmen und den Liegenschaften. Es handelte sich dabei um so hohe Summen, das ihr schwindlig wurde. Auch an dem Leben in der Villa änderte die junge Frau zunächst wenig. Sie behielt die Haushälterin sowie den Gärtner. Dem Butler jedoch kündigte sie. Sie hatte ihn nie gemocht. Ihr gefiel seine kühle, unnahbare Art nicht.

      Nachdem ihr Leben neu organisiert war, bemerkte sie, wie lang ein Tag sein konnte. Sie hatte ihren Mann stets überallhin begleitet. Das gab es jetzt nicht mehr. Jetzt musste sie selbst dafür sorgen, wie sie ihren Alltag gestaltete. Viel öfter als vorher besuchte sie Denis in der Galerie, ging einkaufen, spielte Tennis, ritt aus oder schwamm im Pool. Die einsamen Abende verbrachte sie mit lesen oder telefonierte mit Franziska, mit der sie sich immer besser verstand und der sie bald zur Seelentrösterin wurde. Ihre Schwägerin tat sich mit der Trennung von ihrem Mann recht schwer, zumal dieser sie, wie sich inzwischen herausgestellt hatte, auch noch mit beträchtlichen Schulden zurückgelassen hatte.

      Kapitel 7

      Das Wetter hatte umgeschlagen und war für den Hochsommer zu kühl. Statt auf der Terrasse sitzen zu bleiben, ging Tina ins Haus und zündete den Kamin an. Sie schloss auch die Fenster, nur die Vorhänge ließ sie offen. Denn sie liebte die funkelnden Lichter der Stadt, die sich an den Fuß des Hügels schmiegte. Sie gaben ihr das Gefühl Leben um sich zuhaben, vertrieben in ihr die Empfindung der Einsamkeit.

      Tina konnte sich nicht auf ihr Buch konzentrieren. Immer wieder sah sie zwischen den Zeilen ein Gesicht, ein attraktives Männergesicht, das dem Fremden gehörte, der sie vor dem Sturz bewahrt hatte.

      Nach der Beerdigung war es ihr für kurze Zeit gelungen, die Erinnerungen an diesen Mann zu vertreiben. Doch inzwischen stellte sie fest, dass sie immer häufiger an ihn denken musste.

      „Schluss jetzt!“, befahl sie sich und zuckte unwillkürlich zusammen, als sie in der Stille des riesigen Wohnzimmers ihre eigene Stimme hörte. Sie klappte das Buch zu und wollte ins Fernsehzimmer gehen.

      Da

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