Die Seelenräuberin. Michael Hamberger
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Jetzt kam also auch noch die Angst dazu. Aus eigener, bitterer Erfahrungen wusste Layla, dass Träume nicht immer nur Schäume waren. Auf ihrer Reise nach Mexiko, kurz bevor sie in einen Werwolf verwandelt worden war, da hatte sie ebenfalls ein Alptraum gequält, der sich dann als sehr real herausgestellt hatte.
Layla spürte eine Hand auf ihrer Schulter und drehte sich um. Ana Maria, ihre Halbschwester stand vor ihr und sah sie mit ihren Blick an, mit dem sie Laylas Seele auslesen konnte. Ihre Halbschwester und sie waren durch ein besonders Band miteinander verbunden. Nicht nur, dass die eine immer genau wusste, was die andere fühlte, konnten sie darüber hinaus auch über weite Distanzen telepathisch miteinander kommunizieren.
Auf den ersten Blick sah man den beiden gar nicht an, dass sie Schwestern waren. Während Layla mit blonden Haaren und tiefblauen Augen einen eher mitteleuropäischen Einschlag hatte, war Ana Maria die typisch südländische Schönheit. Sie hatte mittelbraunes Haar in einem herrlich gelbbraunen Farbton. Ihre Hautfarbe war etwas heller, als bei einem Südländer, jedoch nicht so hell, wie bei Layla. Was Ana Maria aber unverwechselbar machte waren ihre Augen. Layla hatte noch nie jemanden gesehen, der solche Augen hatte. Es waren große ausdrucksstarke Augen, die eine Güte ausstrahlte, die Layla noch niemals bei einem Menschen gesehen hatte. Einzigartig war auch der Farbton. Es war ein tiefes Smaragdgrün. Ana Maria wurde deshalb auch oft gefragt, ob sie Kontaktlinsen trug.
Beide Frauen waren sehr klein. Layla war nur 1,60 Meter groß, überragte aber trotzdem Ana Maria um fast 10 Zentimeter.
„Layla, es geht ihm gut. Wäre es nicht so, hätte sich Igor schon sicher gemeldet!“
„Ja, sage dies aber einmal meinem Unterbewusstsein. Das wird das nie akzeptieren!“
Das Problem war, dass Layla nicht einmal so einfach bei Mark anrufen konnte. Im Einsatz hatte er niemals ein Handy dabei, das ihn verraten konnte. Und Igor Dorojewski war als Leiter des Convento ein viel beschäftigter Mann. Was, wenn er einfach noch keine Zeit gefunden hatte, Layla anzurufen? Trotzig stampfte Layla mit dem Fuß auf und sagte mit kratziger, sorgenvoller Stimme:
„Ich rufe Igor an!“
Layla drehte sich um und ging in Richtung Telefon, das genau in diesem Moment zu klingeln begann. Das erste Klingeln war noch nicht verklungen, als Layla auch schon abhob. Sie konnte auf dem Display erkennen, dass sie in diesem Moment tatsächlich Igor Dorojewski anrief. Das Herz wollte ihr stehen bleiben. Ihr Unterbewusstsein zeigte ihr, wie die schlimmsten Befürchtungen wahr wurden. Deshalb sagte sie mit kratziger, sorgenvoller Stimme:
„Igor, was gibt’s!“
„Mann, Layla, an Deine Schnelligkeit gewöhne ich mich wohl nie. Es gibt schlechte Nachrichten. Mark ist verschwunden. Wir konnten ihn schon seit Stunden nicht mehr orten!“
Also doch! Sie hatte es gewusst. Ihr Traum hatte sich schon wieder als wahr herausgestellt. Layla spürte mit jeder Faser ihres Körpers, dass Mark in großen Problemen war und dass er ihre Hilfe benötigte. Sie atmete tief durch um sich zu beruhigen, dann sagte sie:
„Ich fliege nach Brasilien!“
„Genau darum wollte ich Dich bitten. Weißt Du in welcher Angelegenheit Mark in Brasilien war?“
„Ja, so in etwa. Es geht um Entführung, Gehirnwäsche und Persönlichkeitswechsel bei einem Mann! Hast Du genauere Informationen!“
„Leider nein. Mark konnte bei seinem letzten Telefonat nicht genauer ins Detail gehen. Ich weiß nur, dass er in Floreanapolis an irgendetwas dran war!“
„Dann fliege ich nach Floreanapolis!“
„Layla, ich würde vorschlagen, Du siehst Dich erst in Sao Paulo um. Mark hat dort drei Tage lang recherchiert, bevor er nach Floreanapolis geflogen ist. Wir haben dort einen Kontaktmann, der Dir helfen kann! Er hat auch Mark unterstützt und weiß sicher mehr“
„Gut, mach ich. Ich informiere nur kurz Peter!“
„Das brauchst Du nicht. Mit Peter ist schon alles ausgemacht. Als offiziellen Auftrag schreibst Du die Geschichte über diesen Mann mit dem Persönlichkeitswechsel für die Basler Woche!“
„Wann geht mein Flug!“
„Schaffst Du es, in drei Stunden am Flughafen in Zürich zu sein!“
„Ich bin schon dort!“
„Am SWISS Schalter ist ein Ticket für Dich hinterlegt. Du fliegst direkt von Zürich nach Sao Paulo. Ein Anschlussflug mit offenem Datum nach Floreanapolis liegt auch dabei!“
„Business Klasse?“
„Und von was träumst Du in der Nacht? Ein abgebrochener Riese, wie Du hat in der Economie Klasse genug Platz!“
Ohne weitere Worte legte Igor auf. Er war schon ein Wunder der Effektivität und des Zeitmanagements. Dass er dabei auch oft sehr hart und unfreundlich wirkte, störte ihn nicht weiter. Der Satz „Zeit ist Geld“ hätte von ihm selbst stammen können. Aber letztendlich war er ein herzensguter Mensch, der voll und ganz hinter seine Agenten stand und ihnen half, wo er nur konnte. Unter seiner Führung war das Convento Santo José zu der effizienten internationalen Spezialeinheit geworden, die sie jetzt war. Eigentlich war das Convento direkt der katholischen Kirche angegliedert und somit der Papst der oberste Boss, aber eigentlich konnte Igor Schalten und Walten wie er wollte. Seit Jahre rekrutierte er Menschen wie Layla und Mark, die irgendwie in den Kampf mit den bösen Mächten hineingezogen worden waren und sich dabei bewährt hatten, wobei „bewähren“ oftmals einfach bedeutete: Sie hatten überlebt. In Laylas, Ana Marias und Marks Fall war dies der Kampf gegen eine Organisation von Werwölfen gewesen, die unter der Führung von Sergio Alcazar in Mexiko ihr Unwesen getrieben hatte. Dabei war Layla dann selbst in einen Werwolf verwandelt worden.
Layla lächelte, aber dieses Lächeln geht nicht auf ihre Augen über. Sie wirkte wild entschlossen. Sie würde alles tun, um Mark dort zur Seite zu stehen. Sie drehte sich um und wollte zum Schlafzimmer gehen.
Ana Maria wusste offensichtlich schon Bescheid, denn sie hatte den Koffer, der immer gepackt vor Laylas Schrank stand schon in der Hand. Auch Iztel und Balam ihre beiden Adoptivkinder und ebenfalls Opfer von Sergio Alcazar, der ihre Familie ausgelöscht hatte, sowie „Moctezuma“, ihr Golden Retriever schienen etwas gespürt zu haben, denn sie kamen genau in diesem Moment neugierig aus ihren Zimmern. Die vier waren es gewohnt, dass sowohl Mark, als auch Layla öfters einmal überstürzt auf eine Reise gehen mussten. Iztel umarmte Layla und küsste sie auf die Stirn. Layla spürte die Liebe,