Allah ist unsichtbar. Martina Dr. Schäfer

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Allah ist unsichtbar - Martina Dr. Schäfer

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(statt z.B. Ordnung) impliziert automa­tisch die Definition eines «wie geartet», einer Qualität, nämlich Schön. Diese geheiligte Ordnung ist das durchgängige Abbild des Einen – Guten.[127]

      Hier stehen der gesamte Platonismus, insbesondere Plotin und Proklos Pate, weshalb man vermutlich davon ausgehen kann, dass die Vorstellung einer Art «Hierarchie» bereits Mainstreamwissen, zumindest bei den Intellektuellen zu Dionysius Areopagites Zeiten, darstellte, wenngleich Dionysius Areopagites diesen Begriff nachweislich erfunden hat[128].

      Der Dreischritt (Triade) ist das bestimmende Gliederungselement himmlischer aber auch irdischer Hierarchien, wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden, insofern dieser logisch aus dem Prozess eines «In-sich-Ruhens» – «Verströ­mens» und «Zurück-Kehrens» besteht oder auch in der Trinität von Sein – Leben – Geist, usf.

      Die gesamte, Himmel und Erde umfassende Hierarchie bildet eine Dreierstruktur ab, neun Ebenen, welche in sich wieder in dreimal drei gegliedert sind.[129]

      Es ist eine geisteswissenschaftliche Systematik, die von Stund an als Methode, ja, nicht nur die christliche Theologie und den Aufbau einer entsprechenden Kirchen­struktur bestimmte, sondern an vielen geistigen Orten als Muster von Erkenntnis­wegen generell – von Bonaventura[130] bis Rudolf Steiner – auch ausserhalb christlichen Nachsinnens über geistige Vervollkommnung des Menschen rezipiert wurde und wird. Meistens wird sie auch, gut neuplatonisch, dialektisch aufge­fasst: Als (greifbare) statische, vorher bestimmte Struktur einerseits und als Prozess andererseits.[131]

      Diese Dialektik erstarrt eigentlich immer erst dann, wenn das Offene, Prozess–hafte hinter dem Aufbau der Struktur zurückbleibt und Menschen oder unauto–risierte Mächte ihrem jeweiligen Machtstreben folgen. Das zeigen z.B. sowohl die Problematik der stark hierarchisch strukturierten katholischen Kirche in der Gegen­­wart als auch beispielsweise die Machtstrukturen modernen Managements des internationalen Bankenwesens.

      Kritiker von Dionysius Areopagites übersehen oft, wie sehr er selber davon aus­ging, dass die jeweilige Nähe oder Ferne zum absolut Guten eben auch ein ethi­sches Qualitätsmerkmal ist. Nach der neuplatonischen Prämisse, dass alles Geschaffene am Guten Teil hat (und selbst das Böse nur unvollkommenes Gutes ist), ist selbst auf der «untersten Seinsebene» der Menschen noch Gutes vor­handen, bei jener der Steine und Pflanzen sowieso.

      Aus dieser Logik heraus bedarf es auch keiner asketisch-individuellen Anstren­gungen, wie z.B. Evagrios Pontikos sie als Kampf gegen die verführerischen Logismoi aller Art beschrieb. Das wäre gewissermassen die unterste, operative Ebene, um auf meinen Vergleich vom Beginn des Abschnittes zurückzukom­men. DIONYSIUS aber schreibt auf der strategischen Ebene dessen, was man heute Strukturentwicklung oder Masterplan nennen würde.[132]

      Die drei himmlischen Triaden gliedern sich wie folgt:

      Erste, unmittelbare Triade, «die immer um Gott steht und direkt an ihn an­schlies­send und vor den anderen ohne Vermittlung mit ihm eins geworden:»[133] Throne (= jeder Herabminderung entzogen), Cherubim (= Fülle der Erkennt­nis)[134] und Seraphim (= Entflammer).[135]

      Die zweite Triade besteht aus den Mächten, Herrschaften und Gewalten. Die Bezeichnungen bedeuten, dass die Mächte, Herrschaften und Gewalten von keiner Seite her bedrängt oder gezwungen werden können.[136]

      Die Dritte Triade – schon im Übergang und engerem Kontakt mit den Menschen enthält dann die Engel, Erzengel und Prinzipien.[137] In der dritten Triade der himmlischen Hierarchien bilden die Erzengel eine Art Vermittlerfunktion zwi­schen den noch vollkommenen, «nach oben» hin, auf das Urprinzip bezogenen Prinzipien und den «nach unten» vermittelnden Engeln, welche dann «Einge­bun­gen» an die Menschen vermitteln.[138]

      Die ganze dritte Triade steht den auf sie folgenden Menschen vor und die gesamte Himmlische Hierarchie aber dann auch die irdisch-kirchliche, wie wir sehen werden, ist letztlich durch «Weihen», also Weitergabe, in Bewegung gesetzt.[139] Diese Engel könnte man auch «Boten» nennen, so Dionysius Areopagites, weil eben ihre Information (=Teilhabe an und Weitergabe des gött­lichen Lichtes) im Grossen und Ganzen doch eher in eine Richtung, nämlich vom Einen weg die Vielfalt der Hierarchienleiter hinab geschieht. Dionysius Areopagites zählt einige Beispiele solcher engelhaften Botengänge und Begeg­nungen aus der Bibel auf.

      Im letzten, XV. Kapitel der CH beschreib Dionysius Areopagites schlussendlich all jene Allegorien, mit deren Hilfe (da eben auf sinnlicher Wahrnehmung basie­rende Vergleiche) diese Hierarchien, besser hierarchischen Prozesse gegenseiti­ger Rückbezüglichkeit in Philosophie und Bibel dargestellt wurden:

      Das Feuer, das anderes verbrennt oder erwärmt, sich selber jedoch nie, die fünf Sinne mit ihren dem Geist analogen Fähigkeiten am Gottesprinzip teilzuhaben, der Körper und seine Gliedmassen, Gewänder und Gerätschaften, Werkzeuge, Mineralien und Himmelserscheinungen, mythische Tiere, … usw. Nichts ist letzt­lich zu unwürdig, um nicht durch den Grundsatz der ungleichartigen Gleichartig­keiten[140] für die Darstellung des Einen/Guten sowie der dorthin führenden Hierarchiestufen zu dienen. Das Hohe Lied auf die symbolische Theologie, eine Variante der positiven/kataphatischen Theologie.

      So, wie die himmlischen Hierarchien, McGINN zieht die Bezeichnung «Thear­chia» vor[141], was übersetzt eben «Gottesprinzip» heissen würde, eine in meinen Augen etwas sperrige Übersetzung, wie sie auch Günter HELD in den CH ver­wen­det;[142] Stu­fen der Annäherung abbilden, bildet auch die irdische/kirchliche Hierarchie Stu­fen der Reinigung – Erleuchtung – Vollkommenheit ab.[143]

      Der Begriff «Thearchia» hat sich allgemein nicht durchgesetzt, im Gegensatz zu «Hierarchia», der – heutzutage eher negativ besetzt – gegliederte Ordnungen ganz allgemein bezeichnet, wobei diese Gliederung im Sinne von Kompetenz­rän­gen, Entscheidungsbefugnissen und Abhängigkeiten in gewisser Weise immer als qualitativ von «oben» nach «unten» gedacht wird.[144]

      Nach dem einführenden Kapitel, in welchem Dionysius Areopagites die Verbin­dung zwischen den himmlischen und den kirchlichen Hierarchien erläutert und ihre aufeinander bezogenen Funktionen erklärt, entfaltet Dionysius Areopagites – in übrigens wesentlich umfangreicherer und geordneterer Weise als in den CH – die drei Triaden der Kirchlichen Hierarchien; jedes diesbezügliche Kapitel im­mer noch einmal unterteilt in eine Beschreibung des Rituals und (ganz im Sinne der oben erwähnten symbolischen Theologie) und seiner tieferen Bedeu­tung.

      Wie oben bereits im Bild der operativen und strategischen Funktionen in einer Unternehmensstruktur dargestellt, unterscheiden sich die himmlischen und die kirchlichen Hierarchien in etwa auf die gleiche Art.[145]

      Diese praktisch-operative Hinführung braucht symbolische Vergleiche, Sinnlich­keit, eben konkrete Bilderwelten, um die Menschen nach Massgabe ihrer spiri­tuellen Fähigkeiten und Kompetenzen weiter zu führen.[146] Die kirchliche Hierarchie ist der Ort, an dem all diese symbolischen Akte stattfinden.[147] Hierarch ist derjenige, in dessen Verantwortung und spirituell-theologische Kom­pe­tenz sie durchgeführt werden.[148]

      Kapitel II beginnt nun mit dem Ritus, der Taufe, dem «Initiationssakrament». Im dargestellten Fall handelt es sich aber um die Erwachsenentaufe und gleich­zeitigen Erwachsenenfirmung, also um den bewussten Eintritt eines Menschen in diese kirchliche Hierarchie zum Zwecke der «Erkenntnis der Wahrheit».[149]

      Vier kirchliche Stände sind an diesem Prozess beteiligt: Ein «Eingeweihter» (also Gemeindemitglied) als Pate, der Hierarch, welcher

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