Allah ist unsichtbar. Martina Dr. Schäfer

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Allah ist unsichtbar - Martina Dr. Schäfer

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      Eine wichtige Voraussetzung der späteren christlichen apophatischen Theologie bildete die Verschmelzung der griechischen philosophischen Ansätze mit den Vorstellungen der jüdischen Religion, wie sie sich erstmals bei Philon aus Alexandria findet, der von 20 v.d.Z. bis 50 n.d.Z. lebte.

      Wie liessen sich nun die Geschichten aus der Thora, die Riten und Gesetze des jüdischen Glaubens im Licht der Philosophie erklären und deuten?

      Zuerst verortete Philon Platons Ideenwelt im Geist Gottes selber. Dieser Schritt lag schon seit einigen Generationen in der Luft[28] und war unter anderem auch eine Reaktion auf Aristoteles' Ablehnung der rein geistig irgendwo im Nirgendwo verankerten Ideenwelt.

      Die Welt wird aus dieser göttlichen Vernunft heraus geschaffen. Zwar bleibt Gott das Unerfahrbare, Nicht-zu-Beschreibende aber er offenbart sich eben in dieser zweifachen Weise: Einerseits als real erfahrbare Welt, als das Universum und ande­rerseits als logos, als die überall wirkende, schöpferische und erhaltende Kraft, die auch in der menschlichen Seele zu finden ist und ihr ermöglicht, Gott zu erkennen.

      Sie ist das Abbild des logos, der zwei Gesichter hat: Eines ist der Welt zuge­wandt, das andere Gott und so erhält der Logos eine Vermittlerfunktion zwi­schen Mensch und Gott.

      Nomos ist ein weiterer Begriff aus Philons Philosophie und bedeutet Gottes Gesetz, wie es in einzelnen Menschen, beispielsweise den Propheten, in Abraham oder Mose in Erscheinung tritt. Doch auch, wenn der nomos durch einzelne Menschen oder in bestimmten Ländern, Stämmen wirkt, ist er doch ein allgemei­nes, wenn man so will, Kulturen übergreifendes Gesetz, insofern es die Gesetz­mäs­sigkeiten Gottes in der Welt, ihre Wirkungen, abbildet.

      Während die griechischen Philosophen, wie wir oben bei Platon lesen konnten, selber Geschichten und Gleichnisse entwickelten, um den Lesenden, Zuhörenden oder Mitdiskutierenden ihre Gedanken begreiflich zu machen, konnte Philon ausserdem auf einen vorhandenen Fundus, nämlich auf die Erzählungen aus der Thora, zurück greifen.

      Diese Auslegung der heiligen Schriften, in denen der Logos zu finden ist und auch gefunden werden kann qua Teilhabe der Seele am Logos, kann auf verschie­denen Ebenen oder mit verschiedenen methodischen Ansätzen, wie wir heute sagen würden, mit verschiedenen «Sinnen», vollzogen werden.[29]

      Die Vertreibung aus dem Paradies, beispielsweise, ist für Philon die Allegorie für die Vertreibung der Seele aus ihrem ursprünglichen Zustand. Die Erzählung wird so zur Darstellung eines «inneren Konfliktes in jeder Seele»[30] und sich immer wieder neu abspielt.[31]

      Die «Biografien» grosser Figuren in der Thora wie z.B. des Mose, werden so zu generellen Beschreibungen kontemplativer Wege: Moses Aufstieg auf den Berg Sinai schildert für Philon sowohl die apophatische letztliche Unmöglichkeit des kontemplativen Weges (Gott erscheint nicht direkt sondern in einer Wolke) als auch andererseits die ganz «einfache» Lösung für jeden Menschen, es diesem individuell dargestellten Vorbild nach zu tun.[32]

      Im Unterschied zur platonischen Position, ist die Liebe bei Philon kein automa­tisch in der Seele angelegtes Vermögen zu streben, sondern eine Form der Inspiration – also eher von Aussen durch einen Eindruck oder «Gnade» angeregt.

      Die Seele ist für Philon ein Abbild des Logos, weshalb sie in ihrem Streben eher von sich selbst als Seele, absehen muss, sich «nichten», wie Philon es aus­drückt.[33] Diesen, durchaus auch ekstatischen Zustand nennt Philon «nüchterne Trunkenheit», was einer d e r apophatischen Begriffe schlechthin ist, wie wir dann bei Dionysius Areopagites lesen werden.[34]

      2.3.1 Plotin (205–270)

      Plotins Schriften, die sein Schüler Porphyrius in 6 Büchern mit jeweils 9 Ennea­den (Abhandlungen) heraus gab, werden von McGINN als «herausragende Meister­werke der mystischen wie der philosophischen Literatur» bezeichnet[35].

      Augenscheinlich konnte Plotin sogar auf eigene mystische Erfahrungen zurück­greifen und war im Stande die Psychologie solcher Erfahrungen überzeugend dar­zu­stellen.

      Ohne hier detailliert auf seine Vorstellung verschiedener transzendentaler Stufen, Hypostasen (Eines, Geist, Seele) näher eingehen zu wollen, ist es aber doch wichtig für das Thema der vorliegenden Arbeit, seine Idee einer Bewegung des «Ausströmens» der einfachen Hypostasen aus den höheren Emanationen, proo­dos, und der Rückkehr, epistrophe, zu erwähnen: Es ist eine Art über­zeit­liches oder ausserzeitliches «Atmen», in welchem sich die Seele ihrer selbst bewusst werden kann. In einer steten processio und conversio bewegt sich die Seele zwischen Momenten der «Schau» und der Rückkehr zu sich selber[36].

      Dieser stetige (Erkenntnis-)Prozess kann auch als Reise, Aufstieg, leidenschaftli­che Sehnsucht oder in weiteren Metaphern dargestellt werden, welche natürlich eine gewisse Hierarchisierung oder Stufung dieses Prozesses implizieren.

      Wie bei Platon ist die Ineinssetzung der obersten Hypostase des wahren Einen mit dem absolut Schönen auch bei Plotin zu finden, wobei die eigene Anglei­chung eine Voraussetzung dieses fort schreitenden Prozesses ist: «Es werde also zuerst einer ganz gottähnlich und ganz schön, wer Gott und das Schöne schauen will.»[37]

      Ebenso ist es auch bei Plotin wieder der Eros, die Liebe, welche als treibende Kraft dieses Prozesses wirkt.

      Wie es Platon in seiner Schrift «Parmenides» schon vorgemacht hatte und es ab da auch zum stilistischen Kriterium apophatischen Schreibens schlechthin wer­den wird, umkreist auch Plotin die unmögliche Darstellung des «Einen» in dia­lek­ti­scher Ausdrucksweise. «Dabei experimentiert er mit einer neuen Sprache auf der Grund­lage unüblicher und häufig rätselhafter Wendungen und Aus­drücke, die durch­gehend mit der Partikel hoion («quasi» oder «sozusagen») qualifiziert werden.»[38]

      Die von ihm konstatierten drei transzendentalen Hypostasen verortet Plotin sowohl im Menschen als auch ausserhalb, «erwartend», [39] das «Eine» ist in Al­lem, was existiert.

      Die kontemplierende, philosophierende Seele ist in der Lage, die Schau, die Er­kenntnis dieses «Einen», welches bei Plotin nicht personal zu denken ist, zu erreichen.[40]

      Proklos bildet so etwas wie den terminus post quem in Bezug auf das corpus dio­ny­siacum. Die These, dass Dionysius Areopagites Proklos rezipierte und somit auf jeden Fall w ä h r e n d oder n a c h ihm lebte, ist heute allgemein aner­kannt.[41]

      Der etwa 150 Jahre nach Plotin schreibende Philosoph Proklos entwickelte die Idee einer hierarchisch gestuften Welt auf der Basis der drei Hypostasen Plotins weiter, die durch den Wechsel zwischen Verharren in der Quelle, Hervorgang und Rückkehr verlebendigt wird.

      Proklos entwickelte weiterhin die Lehre von den Henaden, einer Art, auch perso­ni­fizierbarer, Form von Ideen, welche sowohl am «Einen» selber teilhaben als auch überall im Vielfältigen der Welt existieren.

      Personifizierbar sind sie insofern, als Proklos sie mit der griechischen Götterwelt identisch sieht. Sie vermitteln zwischen dem Einen und der Vielfalt, haben aber eben auch religiöse Bedeutung und Funktion. Die höchsten Henaden heissen Glaube, Wahrheit und Liebe.

      Ebenso aber, wie man zwischen personalen und nicht personalen Vorstellungen in Bezug

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