Allah ist unsichtbar. Martina Dr. Schäfer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Allah ist unsichtbar - Martina Dr. Schäfer страница 5

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Allah ist unsichtbar - Martina Dr. Schäfer

Скачать книгу

brauchen, eine vorstellbare Gestalt zu preisen oder um Gnaden zu bitten. Göttlichkeit zum Anfassen, zur Vorstellung, einen Gott der Phantasie … gleich kommen Heiligenbilder, Prozes­sionen, Statuen von Göttinnen und Göttern, Bilder, die «das Volk» sich machen muss, soll es glauben können – was immer auch das erste Gebot, die zweite Sure befehlen mögen. Weshalb man auch von «affirmativer» Theologie spricht.

      Hier hinein gehört auch die Vorstellung eines persönlichen Gottes, wie es Chris­ten­tum und Judentum pflegen, eine Vorstellung, welcher der Islam, wie ich weiter unten darstellen werde, eher ablehnend gegenüber steht oder die ver­schie­denen Vorstellungen von Offenbarung in den drei monotheistischen Religionen: Als konkrete Gesetzessammlung, als Mensch, als Buch.

      Origenes (185 Alexandria–254 in Caesarea) setzte diese Erkenntnis sehr prag­matisch in seinen Anleitungen zum Gebet um[11] und entwickelte entsprechend verschiedene Arten der Gebetsweisen.[12]

      Positive Theologie ist die Einschränkung des Göttlichen auf ein menschliches Mass – um der Menschen willen – sie ist Pastorale, nicht Philosophie, Impres­sio­nis­mus, lumen de lumine, l'art pour l'art wie die negative, apophatische Theolo­gie.

      Von daher verwendet kataphatisches Sprechen unterschiedliche Methoden des Ausdrucks: Vergleiche, Allegorien, Gleichnisse, weitere analoge Redeweisen, Ver­gleiche und Gleichnisse, Anhäufungen, Metaphern, etc. Kataphatische Texte, beson­ders wenn sie Erzählungen oder Berichte sind, ziehen Deutungen nach sich, brauchen den allegorischen Sinn, um so zu den Ausdeutungen der heiligen Texte zu gelangen.

      Über die Jahrhunderte hinweg entwickelten sich z.B. im Christentum Theorien, Methoden der «geistlichen Sinne», mit deren Hilfe Texte stufenweise gedeutet werden konnten.[13] Da gibt es den reinen «Wortsinn», welcher das Geschriebene wort-wörtlich nimmt, hermeneutisch vorgeht in seiner Interpretation, philolo­gisch den Ableitungen hinterher spürt, Origenes nennt ihn den «historischen Sinn», mit dessen Hilfe das Mythische in Geschichte und Tradition, also letztlich in Identität und Glaube umgewandelt wird. Eine weitere Deutungsmethode ist die «allego­rische», für die eben «eine Rose» nicht unbedingt nur «eine Rose»[14] ist – usw.

      Beginnt man – so RUH in seinem Kapitel zu Dionysius Areopagites – in apopha­tischer Rede von «unten», also bei denjenigen Zuschreibungen, welche «Gott» am fernsten sind, startet kataphatisches Sprechen «oben», bei jenen Eigen­schaften, welche «Gott» am ähnlichsten sind [15]. Und wie sich zwei parallele Gera­den doch im Unendlichen schneiden, geht auch kataphatisches Sprechen und Beten in apophatisches über.

      Wie Dionysius Areopagites diese auf- und absteigende Bewegung als Methode des individuellen Weges darstellt und diesen gleichzeitig in die Ordnung himm­lischer und irdischer Hierarchien hinein stellt, werde ich weiter unten erläutern.

      2 1000 Jahre «apophatische Theologie» in der griechischen Philosophie

      Wie bereits im Abschnitt 1.1. erwähnt, ist meiner Meinung nach apophatisches Denken und Reden eine logische Folge, besser ein zwingendes Ergebnis be­stimm­ter philosophischer und religiöser Entwicklungen in einer Kultur.

      In den folgenden Abschnitten werde ich deshalb am Beispiel der griechischen Philosophie solche Entwicklungsschritte hin zur Apophasie darstellen.[16]

      Plato lebte von 429 bis 347 v.d.Z. in Athen. Er war Schüler, Begleiter und Bio­graf des grossen, illiterarischen Sokrates, welcher sein Wissen, seine philosophi­schen Methoden und die daraus resultierenden Erkenntnisse ausschliesslich mündlich weiter gegeben hatte.

      Insbesondere in vier Texten hat Platon seine grundsätzlichen Voraussetzungen und Erwägungen zu dem, was man dann als Apophasie bezeichnen könnte, niedergelegt:

      im so genannten «7. Brief»[17]

      mit der «Rede an Diotima» im «Symposion»[18]

      in der «2. Rede an Phaidros»

      und im berühmten «Höhlengleichnis» aus der «Politeia».

      In diesen genannten Texten entfaltet Plato die Voraussetzungen und Zustände einer apophatischen Theologie.

      Ausgelöst wurde dieses Schreiben durch die Ermordung eines Freundes von Pla­ton, der sich gegen die Tyrannenherrschaft in den griechischen Kolonien auf Sizilien gestellt hatte. Mehrmals hatte dieser Dion, welcher der Philosophen­schule Athens nahe stand, Platon nach Syrakus gerufen, damit er dort seine philo­so­phi­sche und politische Ethik dem Tyrannen näher bringe.

      Das Unterfangen scheiterte und die Akademie geriet sogar in den Ruf, mit Um­stürz­lern gemeinsame Sache zu machen.

      All diese Ereignisse warfen die Frage auf, welche Voraussetzungen eine gute Regierungsform brauche und wie die polis dahingehend reformiert werden kön­ne. Damit berührte Platons Fragestellung auch ethische und religiöse Aspekte, denn die Seele, so Platon, sehnt sich nach dem absolut Guten, denn sie ist in der Welt der realen Erscheinungen nur im Exil, ihr nous ein Element dieses Guten, der Welt der Ideen, das dorthin zurück strebt.

      Der Weg zurück führt über Stufen der Erkenntnis – als theoria oder Kontempla­tion bezeichnet. Voraussetzung der Kontemplation ist die katharsis, die Reini­gung oder Askese. Letzteres ein Begriff, welcher im griechischen Kontext immer eine sportliche Konnotation im Sinne eines «Trainierens» dieser Läuterung hat.

      Platon trennt also streng zwischen der Welt der Erscheinung und der Welt der Ideen.[20]

      Den Königsweg zurück in die Welt des absolut Guten beschreibt Platon insbe­sondere im Dialog zwischen Diotima und Sokrates, welcher auch oft «Von der Liebe» übertitelt wird.

      Das absolut Gute ist natürlich auch das wahre Schöne, nach dem die Seele sich sehnt. Der Gegensatz zu dieser Idee der Schönheit ist die Idee der Hässlichkeit, die der Schönheit diametral entgegen gesetzt ist, so weit entfernt, wie die Erde dem Himmel, die Welt der Erscheinungen der Welt der Ideen/Formen, die der blossen Meinungen jener des wirklichen Wissens, der Zeitlichkeit der Unsterb­lichkeit, usf.

      Die Mittlerin zwischen der Welt des Hässlichen und der der Schönheit ist die Liebe/eros, die die Seele sukzessive weiter zieht. Bereits die Liebe zu einem schönen Körper stellt eine Vorstufe dieses Weges dar.

      Liebe bedeutet aber nicht alleine, Schönes besitzen zu wollen, sondern auch, Schönes schaffen zu können.

      Auf den folgenden Stufen wendet sich das Streben abstrakteren Formen der Schönheit zu: Der schönen Seele, Schönheit der Erkenntnis oder ethischer, sozial umgesetzter (politischer) Tugend und Schönheit.

      Schlussendlich – aber auch auf allen anderen Stufen zuvor schon – taucht wie ein plötzlicher Lichtstrahl die Idee des Schönen selber auf: Die liebende Seele kann die göttliche, vollkommene Schönheit sehen, sich wirklich tugendhaft verhalten oder im Angesicht des wahren Schönen Schönes schaffen.

      Man könnte sich darüber streiten, ob man diesen Moment bei Platon als eine Art philosophische Vorstufe zum Gnadenbegriff der christlichen

Скачать книгу