Die Geschichte des Institutes für Ur- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln. Martina Dr. Schäfer

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Die Geschichte des Institutes für Ur- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln - Martina Dr. Schäfer

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waren. (BUTTLER 1930, 2)

      Damit steht Werner Buttler in der Tradition einer «Siedlungsarchäologie», die mit Namen wie Carl Schuchhardt und Ernst Wahle verbunden waren, welche eine deutliche Gegenposition zu Gustav Kossinnas Vorstellungen von «Siedlungsarchäologie» vertraten.

      Für Kossinna und seine Schüler war der Begriff «Siedlungsarchäologie» also etwa gleichbedeutend mit Stammeskunde oder mit der Erforschung des Ursprungs von Völkern...Heute begreift man unter Siedlungsarchäologie eine Forschungsrichtung, die sich bemüht, auf der Grundlage archäologisch erfassbaren und deutbaren Quellenmaterials Siedlungsprobleme und diese zunächst ohne Berücksichtigung stammeskundlicher oder ethnischer Aspekte zu studieren. (JANKUHN 1977, 4f.)

      Auch 1924 war diese Art wissenschaftlicher Fragestellung durchaus schon vorhanden und allgemein zugänglich, beispielsweise im «Reallexikon der Vorgeschichte»: A n t h r o p o g e o g r a p h i e ... Die Erörterung der in der Kultur liegenden Voraussetzungen, d.h. der Wirtschaft, des Siedlungswesens, der Stellung der Menschen zu Urwald und offenem Land, der Frage der Auswahl bestimmter Böden für den Anbau u.a., welche das Verhältnis des Menschen zur Natur bestimmt, vereinfacht wesentlich die Darstellung der natürlichen Grundlagen der Besiedelung, ist also zweckmässig vorauszusenden. (EBERT 1924, 190, Bd.1)

      S i e d l u n g s a r c h ä o l o g i e ... Es war also klar, dass bei der Erforschung der vorgesch. Siedlungen die natürlichen Grundlagen, Bodengestaltung und Grundwasserverhältnisse, eine Hauptrolle spielten, dass also die geologischen Vorbedingungen einer Landschaft massgebend sein mussten für die Verteilung der Wohnplätze. (EBERT 1924, 108, Bd.12)

      WAHLE wird ebenfalls in diesem Zusammenhang zitiert, der fordert, die geologischen Verhältnisse und die klimatischen Bedingungen mit in die siedlungsarchäologischen Fragestellungen hereinzunehmen.

      Schon vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten hatten die beiden Forschungsrichtungen mit ihren Hauptvertretern Gustav Kossinna und Carl Schuchhardt, der allgemein als «Erfinder des Pfostenloches» bezeichnet wurde, miteinander konkurrenziert, was zur Gründung verschiedener Institute und Publikationsorganen führte. Umso erstaunlicher also muss, angesichts seiner 1923 im Reallexikon zitierten wissenschaftlichen Auffassungen, beispielsweise Ernst Wahles Verriss von Werner Buttlers Habilitationsschrift zehn Jahre später erscheinen, sowie seine Postulierung einer wohl doch eher mystischen «Lebenskraft» in der Arbeit von 1939.

      Ernst Wahle muss in diesen Jahren eine sehr grundsätzliche Änderung seiner Arbeitsschwerpunkte vorgenommen haben.

      Man muss wohl diesen auffälligen Positionswechsel mit den äusseren politischen Verhältnissen in Verbindung zu bringen. Eine diesbezügliche wissenschaftsbiografische Arbeit zu Ernst Wahle als einem weiteren wichtigen Protagonisten innerhalb der deutschen Ur- und Frühgeschichtsforschung von 1925 bis 1945 dürfte ein interessantes Licht auf diese Forscherpersönlichkeit werfen.

      So stimmt auch Ernst Wahles Aussage, Werner Buttler hätte nicht genügend Arbeiten zur Pollenanalyse studiert, nicht, zitiert Werner Buttler doch bereits auf der zweiten Seite seiner Dissertation den Pollenanalytiker Bertsch mit einer kürzlich erschienenen Arbeit (BUTTLER 1930, 2)

      Auch der Vorwurf Ernst Wahles, Werner Buttler plädiere einseitig für die Vorstellung von Wanderung lässt sich, was die Dissertation betrifft, nicht nachvollziehen, schreibt Werner Buttler doch am Ende des ersten Kapitels: Sie sind daher die Wege, auf denen sich Kulturen durch Wanderung oder b l o ss e n K u l t u r a u s t a u s c h (Hervorhebung durch d. Verf.in) am leichtesten verbreiten konnten. (BUTTLER 1930, 10)

      Das zweite Kapitel beginnt Werner Buttler mit einer eindeutigen Absetzung gegen die Ursprungsfrage der Indogermanen, denn Die Versuche, die Anfänge der Kultur (der bandkeramischen, Anmerkung durch d. Verf.in) nach Mitteldeutschland zu verlegen lassen sich mit stilistischen und Verbreitungstatsachen nicht in Einklang bringen, ... (BUTTLER 1930, 10, Fussnote 11)

      Funddichte nicht einfach als Beweis für Siedlungsdichte zu nehmen sondern zu bemerken, dass diese natürlich auch in der lebhaften archäologischen Tätigkeit begründet liegt (BUTTLER 1930, 10) ist eine im Fach Ur- und Frühgeschichte gängige Argumentationsweise.

      Systematisch referiert Werner Buttler dann von Osten nach Westen die Funde, Einzel- und Lesefunde sowie noch wenigen systematischen Grabungen, um dann die Verbreitung der Bandkeramik klar abzugrenzen, wobei er Unsicherheiten am westlichen Rand des Verbreitungsgebietes konstatiert.

      Auch dieser Gestus, dort Ungewissheit zu formulieren, wo eben das vorhandene Material keine genauen Auskünfte zu geben vermag, entspricht einer wissenschaftlich einwandfreien Haltung. Eine autoritäre Schreibweise (ADORNO 1999) ideologisch beeinflusster Menschen würde solche Unsicherheiten niemals zugestehen.

      Allerdings interpretierte Werner Buttler die Gruben in neolithischen Siedlungen falsch. Er deutete sie als in den Boden eingetiefte, ovale Hausgruben, die dann nur von leichten Holzkonstruktionen bedeckt waren und unregelmässige Haufendörfer (BUTTLER 1930, 22) bildeten.

      Wenn Werner Buttler also, nach heutigem Wissensstand, zu falschen Ergebnissen kam, so steht doch die Form seiner Abhandlung in einer Tradition wissenschaftlichen Arbeitens, welche unter der Herrschaft der Nationalsozialisten, da ihren ideologischen Zielen nicht dienlich, disqualifiziert wurde. Betrachtet man beispielsweise Ernst Wahles unterschiedliche Positionen, so lässt sich aus dem Beispiel der Schluss ziehen, dass es durchaus auch Wissenschaftler gab, die zwar anfänglich ähnliche wissenschaftliche Positionen vertraten wie Werner Buttler, diese aber dann zugunsten einer mystifizierenden Schreibweise aufgaben, die sie sogar in der Nachkriegszeit weiter veröffentlichten.

      Nichts könnte gegensätzlicher sein, als diese beiden Sätze:

      Der archäologische Stoff zeigt demgemäss nicht das Volkstum selbst, sondern seine Lebenskraft. (WAHLE 1952, 132)

      Es kann ja auch nicht anders sein, als dass in Gebieten, in denen sich der Rohstoff reichlich findet, die Industrie sich am stärksten entwickelt. (BUTTLER 1930, 28)

      Aus der typologischen Darstellung der Keramik leitet Buttler dann seine Chronologie des Neolithikums ab. Eingeleitet wird die chronologische Auswertung wieder mit einem Hinweis, der nicht ex cathedra meint, alles wissen zu können: Die chronologische Auswertung des Materials aus dem hier behandelten Gebiet ist sehr schwierig. Es ist, namentlich in der östlichen Gruppe, sehr wenig Material aus Grabungen vorhanden, sodass nicht genügend sichere Fundkomplexe zur Verfügung stehen. Man ist daher teilweise vor Fragen gestellt, die sich nicht mit Sicherheit beantworten lassen. Es bleibt nichts übrig als die Tatsachen, ...miteinander zu vergleichen. (BUTTLER 1930, 48) Ein Satz, der wissenschaftliche Redlichkeit vermuten lässt. So kann Werner Buttler zwar eine relative Chronologie einzelner bandkeramischer Stufen erstellen, doch er kommt am Ende seiner Dissertation zu dem Schluss: Über chronologische Fragen konnte nur wenig Sicheres ausgesagt werden, da bei dem Mangel an systematischen Grabungen nicht genügend einwandfreie Unterlagen dafür vorhanden sind. (BUTTLER 1930, 53)

      Im Gegensatz zu Ernst Wahle oder auch Herbert Kühn gehörte Werner Buttler zu den jungen Männern, die im Weltkrieg «verheizt» wurden. Insofern ist es müssig, darüber zu spekulieren, wie er wohl im Laufe seiner weiteren Karriere unter den Nationalsozialisten geforscht und geschrieben hätte. Immerhin war er ja, als Referent für Bodenaltertümer im Reichsministerium, doch den politisch Mächtigen sehr nahe.

      Eine Vorstellung davon könnte die etwa sechs Jahre später verfasste, populärwissenschaftliche Schrift: «Merkheft zum Schutz der Bodenaltertümer» geben. (BUTTLER 1937)

      Das Heft wurde ab 1937 vom Reichs- und Preussischen Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung herausgegeben. Für Wort und Bilderzusammenstellung war Werner Buttler zuständig.

      Das

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