Die Geschichte des Institutes für Ur- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln. Martina Dr. Schäfer

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Die Geschichte des Institutes für Ur- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln - Martina Dr. Schäfer

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aufgemachte Heft verfolgte augenscheinlich das Ziel, der Bevölkerung Sinn und Aufgaben einer Bodendenkmalpflege nahezubringen. Beschwörend werden den Lesern die richtigen Verhaltensweisen, falls sie unvermittelt auf einen Bodenfund stossen nahegebracht oder wie auch Laien, falls Bauarbeiten beispielsweise fortgeführt werden müssen, eine Art Erste Hilfe bei der Bergung von Funden leisten können. Fachausdrücke, wissenschaftliche Verfahren, Bodenverfärbungen oder Pfostenlöcher, Hortfunde oder Grabkammern und weitere, für Ur- und Frühgeschichtler wichtige Befunde, Verfahrensweisen und Merkmale werden, reichlich fotografisch dokumentiert, mit wenigen und einfachen Worten in sehr übersichtlicher Art und Weise dargestellt.

      Werner Buttler beschreibt im Vorwort die beiden Aufgaben einer Bodendenkmalpflege: Sie will die h e u t e n o c h s i c h t b a r e n D e n k m a l e aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit, die überall im Lande zerstreut sind, hegen und ihren Bestand wahren. Wo wehrhafter Sinn eine Wallburg erstehen liess, wo frommer Totenglaube aus Findlingsblöcken mächtige «Hünengräber» türmte, ...da sollen diese Denkmale erhalten bleiben, damit sie auch unsere Enkel an die Vergangenheit und ihr Ahnenerbe mahnen können. (BUTTLER 1937, 1) Die andere Aufgabe der Bodendenkmalpflege besteht in der B e r g u n g d e r i m E r d b o d e n v e r b o r g e n e n, z u f ä l l i g o d e r z w a n g s l ä u f i g a n s T a g e s l i c h t k o m m e n d e n A l t e r t ü m e r. (BUTTLER 1937, 2) Der Stil populärwissenschaftlicher Arbeiten ist meistens gefühlsbetont, denn ihre Intention ist eine andere als die wissenschaftlicher Abhandlungen. Sie richten sich an Laien, bei denen Interesse und Verständnis für die Belange und Inhalte der dargestellten Wissenschaft geweckt werden sollen. Im vorliegenden Fall populärwissenschaftlichen Schrifttums zur Vorgeschichte werden nun genau jene Emotionen geweckt, die auch sonst im Mittelpunkt des demagogischen Interesses der Nationalsozialisten stehen: Lust an Aggressionen (wehrhafter Sinn) und Interesse an mystischen Dingen (fromer Totenglaube). Dazu der gewissermassen familiäre Appell an die eigene Ingroup und deren Wurzeln (Enkel und Ahnenerbe). Wobei man sicher annehmen kann, dass das letzte Wort Ahnenerbe in der Art einer Schleichwerbung in den Text gesetzt wurde. Viele Menschen sehen sich gerne als Mitglied eines herausragenden Kulturvolkes, man schmeichelt so der individuellen Eitelkeit. Niemand will so barbarisch sein, Bodendenkmäler zu zerstören, zumal es ja eine Ehre ist, solche auf seinem Grundstück zu erhalten.

      Appell an unterdrückte Triebe und spirituell-mystische Bedürfnisse, Benennung der Ingroup, Zuordnung des Lesers zu einer positiv besetzten Gruppe, falls er sich richtig, im Sinne des Demagogen/Autors/Redners verhält, Spiel mit falsch verstandenen Idealen und persönlichen Eitelkeiten sind typische Anzeichen eines autoritären oder manipulativen Textes. Die Frage ist, manipulierte Werner Buttler die Leser gewissermassen für einen guten Zweck, nämlich den Schutz archäologischer Bauwerke oder steckte hinter diesem Bestreben noch eine andere, weniger auffällige Intention?

      Wir suchen die ewigen Gesetze des Werdens und Vergehens, denen die Völker unterworfen sind, wir wollen Rasse und Kultur unserer Vorfahren feststellen; wollen wissen, wie bei ihnen Kunst und Gewerbe ausgesehen haben, wie sie gebaut und gewohnt haben, wie die Gesellschaftsordnung, die Lebens- und Wirtschaftsweise war und welche kultischen Anschauungen das Leben und Sterben der Menschen bestimmten. (BUTTLER 1937, 1) Kunst, Gewerbe, Bau- und Wirtschaftsweise oder Gesellschaftsordnungen sind bis heute legitime Forschungsinteressen, «ewige Gesetze des Werdens und Vergehens» erinnern an die poetische Sprechweise von Johann Wolfgang von Goethes, der solche Formulierungen im Rahmen seiner Naturbeschreibungen verwendete. Der Zusammenhang mit dem Begriff «Volk», schafft hier allerdings einen scheinbar naturgesetzlichen Zusammenhang, die Unterstellung, dass das Volk schon immer (ewig!) nachweisbar gewesen sei, sein Vorhandensein eine Naturtatsache wie das Vorkommen von Bäumen.

      Werner Buttler bewegte sich hier also eindeutig im Rahmen der nationalsozialistischen Terminologie, wozu er wohl auch als Angestellter des Ministeriums verpflichtet war. Heinrich Himmler hatte die Ziele der deutschen Vorgeschichtsforschung in ähnlichen Worten vorgegeben: Ebenso wie ein Baum verdorren muss, wenn man ihm die Wurzeln nimmt, geht ein Volk zugrunde, das nicht seine Ahnen ehrt. Es gilt, den deutschen Menschen wieder hineinzustellen in den ewigen Kreislauf von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, von Vergehen, Sein und Werden, von Ahnen, Lebenden und Enkeln. (zitiert nach KATER1997, 18)

      Nimmt man die Sorge um den Erhalt der Bodendenkmäler als die vordergründigste, sodann die völkisch-nationale Intention als die nächste Bedeutungsschicht, so lagert sich, als unterste, noch eine Dritte, politische ab: Daneben verfolgen wir das Ziel, mit Hilfe der Bodenfunde in grossen Zügen das völkisch-politische Geschehen der Urzeit zu erschliessen (siehe Seite 36). (BUTTLER 1937, 1) Folgt man dem Querverweis, so findet man, wie üblich in diesem Heft schön übersichtlich angeordnet, mit nicht allzu viel Text versehen, drei Karten gezeichnet und dazwischen dick gedruckt die Frage: Weshalb betreiben wir Bodendenkmalpflege? Das Bestreben der Wissenschaft, alle vorgeschichtlichen Funde so vollständig wie möglich zu sammeln, ist nicht durch den Wunsch bedingt, immer neue Altertümer in den Museen aufzustapeln, sondern eine nationale Notwendigkeit. Denn die Bodenfunde sind für die frühesten Abschnitte unserer völkischen Entwicklung die einzigen Geschichtsquellen, aus denen wir unsere Kenntnis vom Werden der Kultur, aber auch der geschichtlichen Entwicklung schöpfen. Mit Hilfe einer Methode, deren Ausbau an den Namen des Altmeisters der deutschen Vorgeschichte, Prof. Gustav Kossinnas, geknüpft ist, wurde es möglich, aus den Hinterlassenschaften der Vorzeit, aus Waffen, Urnen und Geräten, V o l k s w a n d e r u n g e n (Hervorhebung durch d. Verf.in) zu erschliessen. Ein Beispiel aus der germanischen Vorgeschichte Schlesiens geben die Kartendarstellungen dieser Seite. (BUTTLER 1937, 36)

      Die erste Karte in der linken, oberen Ecke der Heftseite, zeigt ein umgrenztes, schraffiertes Gebiet, etwa von der Kurischen Nehrung bis zur Mündung der Ems, dass im grossen Halbkreis Gebiete von etwa 200–250 km von den Küsten der Nord- und Ostsee entfernt umfasst sowie Schleswig Holstein, Dänemark und zumindestens Götland, denn der Südzipfel Schwedens schaut auch noch ins Bild. Neun schwarze Pfeile weisen aus diesem Halbkreis heraus in alle Himmelsrichtungen: Westlich nach den Niederlanden, südlich nach Süddeutschland, Bayern, Tschechien, Schlesien und östlich nach Polen hinein. Die Bildlegende dazu lautet: Der germanische Lebensraum um 1000 vor unserer Zeitrechnung (nach den Bodenfunden). (BUTTLER 1937, 36)

      Bild 4: Stumme Karte 1

      Die zweite Karte in der rechten oberen Ecke zeigt sodann, nicht mehr in einem Kästchen gefangen, eine stumme Umrisskarte Schlesiens mit dem Oderverlauf von etwa Frankfurt an der Oder im Norden bis etwa Ostrau im Süden. Die nord-östliche Begrenzug des Gebietes bildet die polnische Grenze von 1937, süd-westlich die tschechische und slowakische. Es sind viele Pünktchen am Nordrand des Gebietes eingezeichnet, eine halbkreisförmige, aber nun durchbrochene Linie, die etwa von Liegnitz süd-westlich der Oder bis zu einem Punkt an der polnischen Grenze nord-östlich verläuft und etwa das Gebiet um Breslau einfasst sowie zwei schwarze Pfeile, die über diese Linie hinaus Richtung Süden und Süd-Osten weisen. Bildlegende dazu: Von der etwa vor 3000 Jahren einsetzenden Südwanderung germanischer Stämme wird auch Schlesien erfasst. Jeder Punkt auf der Karte bedeutet eine Fundstelle frühgermanischer Kulturreste um 500 vor unserer Zeitrechnung. (BUTTLER 1937, 36)

      Bild 5: Stumme Karte 2

      Und in der linken, unteren Ecke der Seite, auf die zuerst der Blick einer umblätternden Person fällt, findet sich dann die stumme Karte Schlesiens, dicht, beinahe schwarz übersäht mit Pünktchen sowie die Bildlegende: Die Bauernzüge der Germanen gehen weiter nach Süden. Um die Zeitwende ist bereits ganz Schlesien, darüber hinaus auch e i n g r o ss e r T e i l d e s h e u t i g e n P o l e n (Hervorhebung durch d. Verf.in) von dem germanischen Volk der Vandalen besetzt. Diesen wichtigen geschichtlichen Vorgang hat man allein aus dem Sammeln und Kartieren der Bodenfunde erschlossen. Hätte man diese nicht beachtet, so wüssten wir von der germanischen Wanderung gar nichts. (BUTTLER 1937, 36)

      Hier wird

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