GEN CRASH. Peter Schmidt

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GEN CRASH - Peter Schmidt

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würde ihn etwas vom Hitchhiking abhalten."

      "Ihr und euer Hitchhiking."

      "Sei bitte nicht ungerecht", sagte ich beschwörend. "Wir haben oft genug darüber gesprochen, dass ich seine Ausflüge verurteile."

      "Sie sind unnütz und teuer."

      "Man kann ihn nicht einsperren."

      "Aber er ist eingesperrt."

      "Weil er selbst darum gebeten hat. Das ändert sich alle drei Tage."

      "Du stehst nur auf seiner Seite, weil es dein Zwillingsbruder ist. Du bist zu nachsichtig mit ihm, Adrian. Er starrt den ganzen Tag lang die Decke an. Nicht mal sein Psychiater behauptet, dass Depressionen unheilbar sind."

      "Er ist seit seinem zwanzigsten Lebensjahr depressiv. Wenn es zu ändern wäre, hätte man ihn längst geheilt."

      "Ich glaube, er ist nur autistisch."

      Sie wollte sagen: willentlich autistisch, falls es das gab. Aus Bequemlichkeit und weil es billig und unproblematisch war für jemanden, der wie er die Menschen verachtete, weil sie ihre Schönfärbereien sich und anderen gegenüber als Wahrheit ausgaben.

      "Darüber möchte ich mir kein Urteil anmaßen", sagte ich bedächtig. Ich wusste, dass sie Bedächtigkeit verabscheute.

      "Meiner Überzeugung nach lässt er sich einfach bloß hängen, Adrian. Er lebt hier auf unsere Kosten, wird von hinten bis vorn bedient und macht Ausflüge, wenn ihm wieder mal die Sicherungen durchbrennen."

      "Anhalterei kostet nicht viel."

      "Aber sein Rücktransport. Vor drei Wochen hat Slava vierundachtzig Piepen fürs Taxi bezahlt. Es ist das Zigeunerblut in euren Adern", meinte sie nachdenklich und warf mir einen abschätzigen Blick zu. "Deine Familie muss sich irgendwann einen genetischen Defekt eingefangen haben."

      "Lass uns noch ein Gläschen Wein trinken, Margrit, das wird unsere Laune heben."

      "Nehmen wir nur deine Arbeit."

      Wir waren beim Thema angelangt. Sie schaffte es immer wieder mit schlafwandlerischer Sicherheit, das Gespräch auf den Sinn von Geheimdienstarbeit zu bringen. Ich bewegte mich unauffällig die Wendeltreppe hinunter (soweit eine derartige Treppe das überhaupt zulässt).

      "Ach, übrigens, hatte ich schon erwähnt, dass Sehlen uns besuchen wird?", fragte ich, als ich unten im Salon stand.

      Sie kam an die oberste Stufe und sah neugierig zu mir hinunter.

      "Was denn, das Ungeheuer?"

      "Er ist gar nicht so schlimm, wie man behauptet. Er wird mir immer sympathischer."

      "Du hast dich noch mit jedem arrangieren können, Adrian."

      "Ich versuche nur, objektiv zu sein."

      "Und wann?"

      Damit wollte sie in ihrem unaustreibbaren Hang zur Kurzform sagen, wann ich das jemals ernsthaft versucht hätte. Es war eindeutig als Provokation gemeint. Sie versuchte eine Verbindung herzustellen zwischen meinem Faible für das, was man "Fakten" oder "Tatsachen" nannte, und dem, was sie selbst so gern als meinen "mangelnden Ehrgeiz" bezeichnete, mein angebliches Verlangen, mich mit einer untergeordneten Stellung zu begnügen.

      Aber um des lieben Friedens willen beschloss ich, es auf etwas andere Weise zu verstehen:

      "Am Wochenende, Schatz. Sehlen bleibt bis Sonntagabend, und wir sehen gemeinsam das Material aus meiner Sammlung durch."

      "Ihr und eure Kriegsspiele "

      Als ich Herberts Tür passierte, hob ich meine Hand, um die Klinke zu drücken – aber vermutlich saß er wieder in zwei oder drei Metern Entfernung davor und starrte die Türfüllung an. Nicht, weil er ein Geräusch gehört hatte und Besuch erwartete, sondern weil es seine "Passion" war. Wenn ich öffnete, würde er mir zwangsläufig in die Pupillen sehen.

      Der Anblick seiner melancholischen Augen versetzte mir immer einen Stich. Bis auf seinen Trübsinn glichen wir uns wie ein Ei dem anderen. Wahrscheinlich war es genau diese Ähnlichkeit – das Gefühl, in den Spiegel zu blicken –, das mir dabei zu schaffen machte.

      4

      Ich empfand es als Erleichterung, nicht mit Herbert reden zu müssen. Der Gedanke, ihm gegenüber Verpflichtungen zu haben, ihn als "Gestrandeten der Familie" zu betrachten, war immer auf etwas zu nachdrückliche Weise mit der Vorstellung verbunden, dass es an seiner Stelle auch mich hätte treffen können. Wie schmal ist der Grad, der uns vom Wahnsinn trennt? Er kämpfte mit einem unsichtbaren Gott – oder einem ganzen Universum verborgener Dämonen und Götter –, und offensichtlich war es ihm nicht mehr möglich, seine Niederlage einzusehen.

      Ich telefonierte den Vormittag über in der Stadt herum, um mit Forum zu sprechen. Seine Sekretärinnen versicherten mir, er sei eben aus dem Haus gegangen; seine Frau behauptete, er befinde sich auf dem Weg ins Büro; der Pförtner im Glaskasten schwor, er habe ihn weder herein- noch herausgehen sehen, obwohl er als so unbestechlich galt wie die Kameraaugen im Foyer. Sie alle mussten es schließlich wissen.

      Ich probierte eine der Zigaretten, die Margrit gehörten und nach Stroh schmeckten, das Patentrezept gegen ihre Nervosität. Sie verstreute sie überall im Haus, um immer welche griffbereit zu haben. Man fand sie in Blumenschüsseln, Briefablagen, Bonbonnieren, unter dem Klavierdeckel, den Papieren auf meinem Schreibtisch und zwischen der Wäsche. Einmal hatte eine in der Regenrinne gelegen. Vielleicht war sie dort beim Fensterputzen vergessen worden. Aber da ich Nichtraucher bin, wäre sie für meinen Solarplexus Gift gewesen, sie hätte das Gegenteil von dem bewirkt, was sie bezwecken sollte.

      Vor dem Mittagessen entschloss ich mich, Forums Geheimnummer anzurufen, seine Durchwahl für Notfälle. Ich war sicher, dass er mein Anliegen nicht als Notfall betrachten würde, aber was einen in Not bringt, ist schließlich Ermessenssache.

      Es gibt Vietnamveteranen, die sich im Regenwald zwischen Schlangen und Fallgruben wie zu Hause gefühlt haben und bei der ungewollten Schwangerschaft ihrer jüngsten Tochter den Verstand verlieren.

      Eine Frauenstimme erkundigte sich: "Dringlichkeitsstufe?"

      "Keine Ahnung, es ist dringend – aber wenn Sie mich fragen, welche Maßstab ich daran anlege "

      "Identifikationsnummer?"

      Ich nannte ihr meine Nummer. Da sie überflüssiger als der Blinddarm war und ich mich nur noch vage daran erinnern konnte, hatte sie genügend Zeit, sich die nächste Schikane auszudenken:

       "Bedauere, Ihr Adressat ist nicht im Büro."

      "Mein Adressat, aha. Sie meinen, Forum wäre mal eben kurz für kleine Jungen?"

      "Bitte keine Namen."

      "Ja, natürlich."

      "Er wird mit Ihnen Kontakt aufnehmen, sobald es möglich ist."

      "Danke, Gnädigste, herzlichen Dank. Ich habe nichts anderes

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