GEN CRASH. Peter Schmidt

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unseres Mannes im Kreml, Adrian. Ich vertraue Ihnen ein großes Geheimnis an – dieser Umschlag", sagte er theatralisch, "ist eine Botschaft, auch wenn keine einzige Zeile darin zu finden ist. Er bedeutet nichts Geringeres, als dass wir erfolgreich sind."

      "Erfolgreich worin?"

      "Unser Mann im Kreml arbeitet bereits."

      "Er arbeitet, aha."

      "Seien Sie doch nicht so entsetzlich bockbeinig, Adrian. Ich überschreite meine Kompetenzen, indem ich Ihnen Einzelheiten der höchsten Geheimhaltungsstufe anvertraue, und Sie behandeln mich, als beginge ich den schlimmsten Vertrauensbruch."

      "Ehrlich gesagt, habe ich immer geglaubt, unser Verhältnis sei etwas persönlicherer Art?"

      "Ist es ja auch, Adrian, ist es."

      "Mit anderen Worten: Sie können oder wollen mir jetzt noch nicht mehr sagen?"

      "Von wollen kann gar keine Rede sein. Warten wir ab, bis Washington grünes Licht gegeben hat. Sehlen wird Sie rechtzeitig über alle Einzelheiten informieren. Sie sind für die höchsten Weihen vorgesehen – Sie sind absolut unentbehrlich bei dem Projekt. Ohne Sie wäre Sehlen blind, er würde mit seinem Stock die Black box zertrümmern, weil es drinnen keine Orientierungsmöglichkeiten gäbe." Forum lachte überdreht, offenbar versuchte er, die Angelegenheit ins Lächerliche zu ziehen. Aber mein Humor in solchen Fällen schrumpft mit jedem falschen Ton.

      "Nun machen Sie nicht so ein trauriges Gesicht."

      "Eigentlich habe ich Sie angerufen, weil ich Ihnen sagen wollte, dass ich unter diesen Umständen "

      "Ja?"

      "Dass ich nicht bereit bin, weiterzuarbeiten."

      "Sie wollen den Dienst quittieren?"

      "Ich werde mich nach einer Arbeit umsehen, bei der man mir mehr Vertrauen entgegenbringt."

      "In unserem Gewerbe? Das dürfte nicht ganz einfach sein. Jetzt, wo es uns allen an den Kragen geht, meine ich. Wir kämpfen um unser Überleben. Der eiserne Besen der Rationalisierung fegt durch die Abteilungen.

      Anscheinend glaubt man im Kabinett, unser Apparat habe sich während des kalten Krieges zu stark aufgebläht. Drüben hinter dem großen Teich ist es nicht viel anders. Wasserköpfe vor dem Platzen. Nun sei es an der Zeit, sie auf ein bekömmlicheres Maß zurückzuschrauben. Und bekömmlich heißt: auf die Hutgröße derer da oben. Kindergrößen, Mützengrößen unter uns gesagt. Wie denken Sie darüber?"

      "Ich finde den Gedanken gar nicht so abwegig."

      "Die politische Situation ist deutlich entspannt", bestätigte er.

      "Was sich überlebt hat, sollte niemals mit Gewalt festgehalten werden."

      Forum blinzelte amüsiert. "Damit wollen Sie doch wohl sagen: Sie machen sich keine Sorgen? Fähige Leute wie Sie finden immer einen Job?"

      Wir hielten vor einem weißen Villenbau. Die Innenstadt mit ihrem Getrampel und Einkaufsgedränge war nur ein oder zwei Steinwurfweiten entfernt, aber hier herrschte beinahe gespenstische Ruhe. Forum gab dem Fahrer ein Zeichen, unter der überhängenden Trauerweide zu parken.

      Als Privatbesitz war das Gelände bemerkenswert gut ausgestattet, fast wie eine öffentliche Anlage: Ententeich, Kinderschaukeln, zwei von steinernen Löwen bewachte Springbrunnen.

      Fehlte nur noch der Sandkasten, in dem ein kratzbürstiger kleiner Villenerbe mit Sand um sich warf. Zwischen den Pappeln verlief ein öffentlicher Weg, und jenseits des zerrissenen Drahtzauns, von gelbbelaubten Baumkronen eingerahmt, sah man die schäbige braungraue Backsteinfront eines einstöckigen Wohnhauses aus der Vorkriegszeit. Seine Fenster waren hell erleuchtet.

      "Kommen Sie, Adrian." Forum stieg aus, den etwas zu langen Mantel gerafft. "Sie wollen doch nicht die Abschiedsfeier unseres verdienstvollsten Mitarbeiters versäumen?"

      "Abschiedsfeier?"

      "Der gute alte Quand, er wird vorzeitig pensioniert."

      "Und warum, wenn ich fragen darf?"

      "Vorzeitiger Ruhestand", sagte er missbilligend, als sei das eine angemessene Antwort auf meine Frage. Er lief ein paar Schritte voraus, offenbar steuerte er nicht auf die Villa, sondern auf das Backsteinhaus zu.

      "Ich habe zu diesem Verrückten nie ein sonderlich gutes Verhältnis gehabt", sagte ich und blieb stehen. "Wenn Sie mich fragen, hat er genauso wenig alle Tassen im Schrank wie Sehlen."

      "Verrückt oder nicht, was bedeutet das in unseren Kreisen, Adrian? Verrücktheit ist wie ein Werkzeug, eine Begabung, ein Uhrmacher muss gute Augen und ruhige Hände haben. Ein Pianist Gespür für Akkorde. Etwas überdreht zu sein wie Quand ist in unseren Reihen schon der halbe Sieg, das liegt in der Natur der Sache."

      "Sonderlich erfolgreich scheint Quand ja nicht zu sein?"

      "Nun kommen Sie schon, wir sind eingeladen."

      "So? Hab nie besonders gut mit ihm gekonnt."

      "Adrian … verdammt noch mal."

      Es mochte übertrieben klingen, Sehlen als Monstrum zu bezeichnen, er hatte sicher seine Bewunderer, aber die Meinung, Quand sei übergeschnappt, konnte man nur als grandiose Untertreibung ansehen.

      Für mich verkörperte er den dunklen Bereich, die Schatten des Gewerbes. Spionage, das Geheimdienstgeschäft überhaupt, so, wie es von Staaten überall in der Welt betrieben wird, ist nun einmal institutionalisierte Unmoral – und kann auch gar nichts anderes sein.

      Es hat wenig Sinn, sich darüber zu beklagen, wenn man nicht gewillt ist, das Übel mit der Wurzel auszureißen. Ich finde, man sollte ruhig zur Diskussion stellen können, dass sich Regierungen gegenseitig ihre Geheimnisse entreißen. Dass sie Desinformationen ausstreuen, Politiker zu Fall bringen und den Parlamentarismus hintergehen.

      Aber dann muss man auch bereit sein, die Konsequenzen zu tragen und die Begehrlichkeiten hintanzustellen. Gegenwärtig sind Recht und Moral nur für die eigene Seite definiert, mit der anderen kann man umspringen, wie es einem beliebt. Was wir das Ende des kalten Krieges nennen, ist lediglich eine etwas verstecktere Form des Totschlags. Und diese Politik braucht nun einmal ihre Protagonisten.

      Quand gehörte zu jenen, die das Ansinnen, legale Mittel anzuwenden, so lange ablehnten, wie Geheimdienste selber existierten – so lange, wie die Lüge, die sie ermöglichte, nicht aus der Welt geschafft war. Er nahm sie als bequeme Rechtfertigung seiner eigenen überdrehten Manöver, und ich hatte immer danach getrachtet, ihm dabei nicht in die Quere zu kommen.

      Er würde ohne weiteres zugeben wollen, dass unser Verwaltungsapparat oder die Bürokratie genauso korrekt arbeitete wie alle übrigen Beamten. Aber an der Front galten andere Regeln. Die Front war eine Grauzone, die es offiziell gar nicht gab. Wenn sie ins Rampenlicht der Öffentlichkeit geriet, dann nur durch einen Betriebsunfall. Es gab Aktionen draußen, nicht mehr.

      Ich folgte Forum ins Haus.

      Drinnen schob ich mich grüßend durch Gruppen blass aussehender Jüngelchen mit Sektgläsern in der Hand, die eben vor dem Toilettenspiegel ihre Mitesser ausgedrückt haben mussten, so fleckig waren ihre Gesichter.

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