Der Mädchenfänger. Peter Schmidt

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Der Mädchenfänger - Peter Schmidt

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Gesicht.

      Was hätte man schon an ihm kritisieren können! Er hatte weder abstehende Ohren noch schiefe Zähne. Er war die verkörperte Unauffälligkeit. Er bewegte sich ohne Hast, er dachte nach, bevor er etwas in Angriff nahm. Er wusste sich Respekt zu verschaffen, indem er seinen Gegenüber einfach auf freundliche, ruhige Weise anblickte – ihn wissen ließ, dass er beobachtet wurde. Dass man sich Gedanken über ihn machte und sich ein Urteil bildete.

      Andere kamen mit vielen Worten und barschem Auftreten nicht halb so weit wie er.

      Er war mit sich zufrieden. Quant nickte, als müsse er sich das selbst noch einmal bestätigen, und zog den Körper des Mädchens – warum dachte er eigentlich nur an ihren Körper? Es war ein Mädchen, ein lebendes Mädchen! – bis an den Rand der Ladefläche.

      Dann warf er einen prüfenden Blick zur Straße …

      Drüben fuhr ein Transporter vorüber. Man sah seinen Aufbau über die Mauer ragen. Quant berührte die Schulter des Mädchens. Es war nicht unangenehm, sie zu berühren. Ihr Gesicht sah friedlich und entspannt aus. Sie war schön. Es hätte ihn auch geärgert, im nachhinein entdecken zu müssen, dass sie weniger schön war, als er auf dem Platz vor der Bibliothek geglaubt hatte.

      Sein Instinkt für schöne Mädchen war meist untrüglich.

      Ihre Gesichter, die Struktur ihrer Haut, ihr Haar veränderten sich mit den Hormonen. Manche wirkten an einigen Tagen geradezu hässlich, obwohl sie vorher hübsch oder attraktiv gewesen waren. Er bevorzugte Mädchen, deren Schönheit nicht davon abhing, ob sie die richtigen Augenbrauen- oder Lippenstifte fanden.

      Dieses hier war selbst noch im Schlaf so ansehnlich, dass er sich nur zu seiner Wahl beglückwünschen konnte.

      Sie hatte ein intelligentes Gesicht, fand er. Das ließ auf ein paar interessante Wochen schließen. Man würde sie nicht nur anstarren, sondern auch mit ihr reden können. Reden war wichtig, weil man nur so erfahren konnte, was in ihnen vorging.

      Als er sie auf das Sofa im Vorraum legte, spürte er, wie ein leichtes Zittern durch ihren Körper lief. Das waren die Nachwirkungen des Medikaments; erst zitterte man, und dann bekam man Schweißausbrüche. Am nächsten Morgen würde ihr Kopfkissen so feucht sein wie nach einem schweren Fieberanfall.

      Er hatte das Compremol einmal am eigenen Körper ausprobiert. Die Wirkung setzte innerhalb von Sekunden ein. Zuerst glaubte man, es sei nur ein leichter Schwindelanfall. Danach machten Decken und Wände einen Sprung, der so täuschend echt wirkte, dass man abwehrend seine Arme hob; gleichzeitig spürte man sein Herz und wie es von einer warmen, festen Faust umschlossen wurde.

      Dann war auch schon alles vorüber. Wenn man erwachte, fühlte man sich matt, aber im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte.

      Der Gang blieb noch ein paar Stunden unsicher, und man griff manchmal daneben, wenn man seine Hand nach etwas ausstreckte, weil die Augenmuskeln Schwierigkeiten mit der Anpassung hatten.

      Das Mittel war ein wahrer Glücksgriff. Er hatte einmal in einem amerikanischen Spielfilm gesehen, wie ein Gangster ein Mädchen mit seinem falschen Gipsarm niederschlug, um sich an ihm zu vergehen, während es ihm beim Beladen des Lieferwagens behilflich war, und die Vorstellung, jemanden so brachial in seine Gewalt zu bringen, hätte ihm vermutlich jeden Spaß an der Sache genommen.

      Es verhinderte von Anfang an, dass ein Vertrauensverhältnis zwischen Opfer und Täter entstand. Es machte Gefühle von Sympathie und Zuneigung für immer unmöglich, weil so ein armes Ding niemals vergessen konnte, was ihm bei seiner Überwältigung angetan worden war. Das Compremol dagegen hinterließ mehr Fragen als Antworten.

      Was genau war eigentlich passiert? Warum war man ohnmächtig geworden?

      Das Compremol war wie ein sanfter Tod, ein friedliches Entschlafen, bei dem man mit der Welt im Einklang blieb.

      Als er zum ersten Mal im Labor die einzelnen chemischen Komponenten nach der Formel aus dem Tresor zusammengestellt und an sich selbst ausprobiert hatte, war das für ihn eine mindestens genauso bahnbrechende Angelegenheit gewesen wie für andere die Entdeckung Amerikas oder die Landung auf dem Mond.

      Quant nahm die Papiere aus ihrer Handtasche, um sie im Keller zu verbrennen. Der Pass war abgelaufen, und im Führerschein fand er eine zusammengefaltete Quittung über eine Geldspende an Amnesty International.

      Als er die Eisentür des alten Koksbrenners öffnete, der erst kürzlich von der Heizung abgekoppelt und durch eine moderne Ölheizung mit eigenem Kamin ersetzt worden war, hörte er es an der Haustür läuten.

      Verdammt, dachte er. Franziska lag oben auf dem Sofa. Wahrscheinlich konnte man sie sogar durch das Fenster des Vorraums sehen.

      Allerdings musste man sich dazu weit übers Treppengeländer beugen …

      Er ging eilig hinauf, warf einen Blick in den Vorraum – mit seinen angezogenen Beinen sah das Mädchen aus, als wenn es friedlich schliefe – und öffnete die Tür.

      "Hallo, Robert – Sie haben sicher nichts dagegen, wenn ich kurz hereinkomme, um mit Ihnen über den Mietvertrag zu reden?"

      Quant sah wortlos in das Gesicht seines Vermieters. Witzigmann war eigentlich ein ganz sympathischer alter Bursche, der immer vergeblich versuchte, "eine Seele von Mensch" zu sein, obwohl sie ständig irgendwelche Reibereien miteinander hatten. Bei seinem letzten Anruf hatte er den Bogen wohl ein wenig überspannt. Quant verglich ihn unwillkürlich mit Martha Sommer, sobald er wieder mal vor seiner Tür stand, und der Vergleich fiel nicht zu Witzigmanns Gunsten aus.

      Die alte Ulknudel war Besitzerin des Gartenhauses auf der Insel und immer zu Späßen aufgelegt. Sie hatte ihn manchmal mitten in der Nacht angerufen, um ihm mitzuteilen, auf ihrem Grundstück seien Außerirdische gelandet – in einem Ding, das aussehe wie eine überdimensionale Orange.

      Oskar Witzigmanns harte blaue Augen dagegen, seine weißen Haare die in vorstehenden Büscheln aus den Ohren sprossen, das faltige Gesicht mit der stark gebogenen Nase!

      So ungefähr stellte man sich einen Mietwucherer vor, obwohl die Miete eigentlich erstaunlich niedrig war für ein Haus dieser Größe. So niedrig, dass man sich unwillkürlich fragte, welchen Haken die Sache wohl haben mochte.

      "Hat's Ihnen die Sprache verschlagen, Robert?"

      "Wie? Nein … bitte kommen Sie herein."

      Er ging ein Stück in den Flur voraus und wandte sich nach Witzigmann um.

      "Ich bin momentan ziemlich beschäftigt – wenn Sie vielleicht doch ein andermal wiederkommen könnten?"

      "Sie und beschäftigt? Sie sind doch Privatier. Sie können von Ihrer Erbschaft leben, während wir gewöhnliche Sterbliche uns mit schadhaften Wasserleitungen und unpünktlich zahlenden Mietern herumschlagen müssen." Witzigmann warf einen Blick in den Vorraum, schien Franziska auf dem Sofa aber gar nicht wahrzunehmen.

      "Hier entlang …" Quant zeigte in das Kaminzimmer. "Haben Sie den Vertrag mitgebracht?"

      "Bitte? Ja, natürlich." Er strich mit dem Finger über den Kaminsims. "Junggesellenstaub, was? Eine Frau im Haus erspart die Raumpflegerin", meinte er und hob sibyllinisch seine Augenbrauen. "Heiraten ist heutzutage wohl ein wenig aus der Mode gekommen, aber wenn Sie mich fragen, immer noch der beste Weg, um ein geordnetes Leben zu führen. Wie denken Sie darüber?"

      "Ich

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