Der Mädchenfänger. Peter Schmidt

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Der Mädchenfänger - Peter Schmidt

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neugierig machte.

      "Tom Sighcore", sagte er halblaut, obwohl sie es wohl kaum durch die Scheibe hören konnte. Es war eine zwei Jahre alte Ausgabe und unter Sammlern bereits eine Rarität, weil sie Sighcore unbekleidet vor dem Kamin seines Hauses in Los Angeles zeigte. Er lag auf einem hellen Flokatiläufer und starrte etwas debil in die Linse. Sighcore war gut gebaut und hatte Muskeln wie ein Athlet, das musste man zugeben. Aber wieso sein Gesicht und seine affigen Beckenbewegungen auf der Bühne bei Frauen so gut ankamen, war ihm ein Rätsel.

      Das Mädchen lächelte ihn an und klopfte gegen das Glas. "Kommen Sie zum Ausgang?", hörte er ihre Stimme durch die Scheibe. "Bitte, es ist wichtig."

      "Ja, natürlich …"

      Als er zur Treppe ging, sah er Trevian an einem Tisch auf der Zwischenetage sitzen. Der junge Trevian war außer dem Restaurantbesitzer Bally seine erste wirkliche Bekanntschaft in der Stadt. Von früher kannte er hier niemanden mehr.

      Er versuchte an jedem Ort möglichst viele Kontakte zu knüpfen, weil er es verabscheute, als Einzelgänger angesehen zu werden. Man musste tausend Freunde haben und ausschweifende Feste feiern, um seinem Ruf gerecht zu werden, ein Mensch wie jeder andere zu sein. Außerdem fühlte er sich wohl, wenn er von Freunden umgeben war, mit denen man nächtelange Gespräche über weltanschauliche Fragen führen konnte.

      Trevian stand auf und streckte enthusiastisch seine Hand aus. Er saß mit seiner Neuerwerbung Elsa Marten am Tisch, ein Mädchen, das Quant etwa genauso interessant und anziehend fand wie die Ehefrau des amerikanischen Präsidenten, aber Elsa hatte nette Freundinnen.

      "Setz dich zu uns, Robert. Darf ich dir meinen neuen ‚Schatten’ vorstellen …"

      Er liebte es, sich wie Johnny Obercool auszudrücken, und Quant imitierte Trevian gern, obwohl er seinen Stil ziemlich antiquiert und scheußlich fand …

      "Moment", sagte er und zeigte mit dem zusammengerollten Magazin zur Eisfläche. "Hab' da gerade einen entsetzlich hübschen jungen Zahn aufgetan, der mich dringend sehen will. Und jetzt muss ich mal eben herausfinden, ob sie auch wirklich minderjährig ist."

      "Verstehe." Trevian lächelte nachsichtig – das war genau die Art von Sprache, die er verstand – und steckte seine goldberingte Hand schwungvoll in die Hosentasche zurück. Sein Vater stattete ihn zu Weihnachten und an Geburts- und Namenstagen immer mit mindestens einem Viertelpfund Gold aus, um allen zu beweisen, was für ein erfolgreicher Spediteur er war.

      "Dann bis gleich."

      "Ach hör mal, Robert, falls du immer noch an einem guten Sprachlehrer interessiert bist …?"

      "Lass uns nachher darüber reden, ja?" Quant ging ohne ein weiteres Wort zur Treppe.

      Das Mädchen erwartete ihn im Kassenraum, die Schlittschuhe unter dem Arm. Es stand vor einem Schaukasten, in dem Silberpokale ausgestellt waren.

      Wann hatte er Trevian eigentlich gesagt, dass er sein Englisch verbessern wollte? Englisch war die ideale "Fluchtsprache", damit kam man genauso gut in Kanada wie in Südafrika oder Australien zurecht, falls man unverhofft das Land verlassen musste, vorausgesetzt, man sprach es so akzentfrei, dass niemand einem nachweisen konnte, woher man wirklich stammte.

      Er dachte an den gültigen neuseeländischer Pass mit seinem Foto auf den Namen Jeremias Gordon, der hinter einem losen Backstein im Keller versteckt war. Dort lag auch ein in Zeitungspapier verschnürtes Notizbuch mit der Durchschrift eines Briefes, das er entwendet hatte, als er in Franziskas Wohnung eingestiegen war.

      Nein, Trevian konnte gar nichts von seinem Englisch wissen, es sei denn, er hatte es von der geschwätzigen kleinen Kassiererin in der Volkshochschule erfahren.

      "Da bin ich – also, was kann ich für dich tun?“, fragte er und tippte dem Mädchen von hinten mit dem Magazin auf die Schulter.

      "Oh, ich dachte schon, Sie würden gar nicht kommen?"

      "Lassen wir doch das förmliche Sie, ja? Ich bin gerade mal zweiundzwanzig und noch kein alter Mann."

      Das war gelogen, in Wirklichkeit war er schon achtundzwanzig. Aber er fand, man sah es ihm nicht an. Bei diesem jungen Gemüse zählte jedes Jahr. Ein jugendlich aussehender Mensch von Dreißig war garantiert ein uralter Knacker für sie, den sie sofort verdächtigen würden, Schwierigkeiten mit den Gelenken oder beim Wasserlassen zu haben.

      "Angela." Sie zog ihren Fäustling aus und gab ihm die Hand. Als er ihr in die Augen sah, spürte er, dass sich mit ihr etwas anbahnen würde.

      Man sah es einfach. Es stand da in einer Sprache, die jeder verstehen konnte - in unmerklichen, aber verräterischen Zeichen. Genau jenes Lächeln zuviel, das Interesse signalisierte. Genau jene für Sekundenbruchteile geweiteten Pupillen, die anzeigten, was sie fühlte.

      Großer Gott, es war verdammt noch mal immer dasselbe. Er las darin wie in einem offenen Buch. Es gab keine Geheimnisse für ihn. Er war der Herr des Universums. Natürlich hielt sie ihn für viel zu alt.

      "Tom Sighcore." Sie deutete auf die Rolle in seiner Hand. "Es ist nur wegen des Heftes."

      "Ja, natürlich, wegen des Heftes. Darf ich dich zu einem Kaffee einladen?"

      "Ich würde Ihnen das Magazin gern abkaufen."

      "Abkaufen? Kommt gar nicht in Frage. Du trinkst jetzt mit mir und meinen Freunden oben auf der Zwischenetage einen Kaffee, und das ist dann die Gegenleistung dafür, dass ich dir das Heft schenke."

      "Wirklich?" Sie fiel ihm vor Glück fast um den Hals, nestelte dann aber sofort verlegen an ihrem linken Handschuh (der rechte war zu Boden gefallen), vielleicht, weil ihr bewusst geworden war, wie einladend und voreilig das auf Quant wirken musste. Er hob den Handschuh auf und drückte ihn ihr mit dem Magazin in die Hand.

      Als er auf Trevians Tisch zusteuerte, wusste er, dass Angela bis in alle Zukunft für seine Kellergeschichten gestorben war, verbrannt wie ein Agent, den die Gegenseite enttarnt hatte, denn das Risiko, mit einem seiner Mädchen gesehen zu werden, würde er niemals eingehen. Angela war sicher wie in Abrahams Schoß vor ihm. Aber eine Freundin, eine junge, über die man sich das Maul zerreißen und die man in der Öffentlichkeit vorzeigen konnte, war genau das Richtige für ihn.

      Trevian nickte anerkennend, als er mit Angela an ihrem Tisch auftauchte. Man sah seinem Gesicht an, dass ihm Quants Neuerwerbung imponierte. Er gebrauchte immer diesen Ausdruck, wenn er ein neues Mädchen aufgetan hatte.

      Angela ist auch wirklich ausgesprochen hübsch, dachte Quant, ein Glücksfall wie das Compremol.

      Es gab nicht vieles auf der Welt, das so perfekt war. Er stellte sich vor, wie er mit ihr durch die Szenekneipen tingelte und wie sich die Köpfe der pickeligen Fünfzehn- bis Achtzehnjährigen von ihren abgestandenen Colagläsern wegdrehten, um ihnen verstohlen nachzublicken. Von den überschminkten Diskoschönheiten ganz zu schweigen, die bei Angelas jugendlicher Anmut vor Neid erblassen mussten.

      "Das ist Elsa", stellte Trevian vor. "Ein Pferd aus bestem Stall. Ihr Vater hat sich kürzlich in der Stadt als Anwalt niedergelassen."

      Elsa sah etwas dicklich, fast mütterlich aus, schien aber doch viel weniger Ähnlichkeit mit der Frau des amerikanischen Präsidenten zu haben, als er geglaubt hatte. Sie lächelte bei Trevians Worten so debil und schicksalsergeben, dass er sich unwillkürlich an Tom Sighcore auf seinem Flokatiläufer erinnert fühlte.

      Trevian

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